Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die tapferen 14
Die Ravensburg Towerstars zeigen im Play-off-Halbfinale ihr stärkstes Gesicht – Druck liegt bei Kassel
RAVENSBURG - Nein, durchgezählt haben Marc Vorderbrüggen und Daniel Heinrizi am Donnerstag nicht. Sie wissen auch so, dass sie weiter mit einem kleinen Kader arbeiten müssen. Rückkehrer sind bei den Ravensburg Towerstars vor dem dritten Duell im Play-off-Halbfinale der DEL2 bei den Kassel Huskies (Fr., 19.30 Uhr/SpradeTV) nicht zu erwarten. Und so sind Ravensburgs Trainer Marc Vorderbrüggen und der künftige Geschäftsführer Sport Daniel Heinrizi einfach froh, wie sich die Eishockeyprofis am Mittwochabend präsentiert haben.
Lob gab es nach dem 4:1-Heimsieg gegen den Hauptrundenprimus und Aufstiegsfavoriten Kassel von vielen Seiten. „Wir haben uns gegen eine starke Defensive oft festgerannt“, sagte Huskies-Trainer Tim Kehler. „Ravensburg hat hart gearbeitet und hatte einen starken Goalie.“Heinrizi lobte „die richtige Einheit“und konstatierte zufrieden: „Wir wollten es mehr als Kassel.“Man habe in der Kabine ein „Wir-Gefühl geschaffen“, das Team spiele „miteinander und füreinander“. Einzelne Spieler will auch Vorderbrüggen eigentlich nicht hervorheben. „Jeder war diszipliniert und hatte seinen Anteil am Sieg“, sagt der Trainer. „Die Aufopferungsbereitschaft war hoch, die Kommunikation auf dem Eis und auf der Bank war gut.“Vorderbrüggen weiß aber, dass ein paar Profis etwas mehr im Fokus stehen als andere.
Etwa John Henrion: Der 30-jährige US-Amerikaner ist seit Wochen der beste Importspieler der Towerstars. Mehr noch: Henrion ist mit fünf Toren und sieben Assists aus sechs Spielen der beste Play-off-Scorer der DEL2. „Es war ein steiniger Weg am Anfang für ihn“, sagt Vorderbrüggen. „Er hat sich das Glück auch erarbeitet.“Und Henrion habe in Kai Hospelt und Joshua Samanski zwei Reihenkollegen, die „ihn sehr gut einsetzen“.
Oder eben jener Hospelt: Der 35Jährige durfte am Mittwoch als Kapitän der Towerstars aufs Eis. „Das ist schon eine Ehre“, meint Hospelt. „Aber meine Spielart ändert sich deswegen ja nicht.“Und diese Spielart heißt: voller Einsatz, wie in Unterzahl
zu sehen war, oder beim ersten Tor von Henrion, als Hospelt dem Huskies-Goalie Gerald Kuhn die Sicht genommen hatte. „Er ist einer der besten deutschen Unterzahlspieler“, lobt Vorderbrüggen den langjährigen Nationalspieler und früheren DEL-Meister. „Er geht mit breiter Brust voran und ist in Sachen Einstellung und Bereitschaft ein Vorbild.“Vorderbrüggen schiebt angesichts des starken Spiels gegen Kassel hinterher: „Ich könnte aber auch alle anderen loben.“
Die tapferen 14 haben den Huskies übrigens die erste Niederlage seit dem 12. März beigebracht. Neun Siege hatte Kassel zum Abschluss der DEL2-Hauptrunde geholt, vier Siege folgten in den Play-offs. „Viele hatten uns schon abgeschrieben“, sagt Hospelt. „Wir haben uns gesagt, dass wir nichts zu verlieren haben und unser bestes Spiel zeigen wollen. Das hat geklappt!“Auch den ganz unerfahrenen Spielern wie Tim Sezemsky und Eric Bergen bescheinigt der extrem erfahrene Hospelt einen „Topjob“. Total überrascht von der Leistung war der 35-Jährige aber nicht: „Wenn sie nicht gut wären, hätten sie hier keinen Vertrag und würden auch nicht spielen.“
Vielleicht hat auch die Trikotaktion ihren Anteil am Erfolg gehabt. An der Bande der Towerstars hingen die Trikots der neun verletzten Spieler. „Auch die Verletzten sind wichtig, sie sind da, sie unterstützen die Mannschaft“, meint Heinrizi, der lachend anfügt: „Unsere Betreuer müssen die Trikots jetzt auch mit nach Kassel nehmen und dort aufhängen.“Dann käme sogar ein zehntes Trikot dazu, denn Eric Bergen schreibt am Freitag sein Abitur und wird den Ravensburgern fehlen. Die Towerstars geben sich aber auch mit nur noch vier Verteidigern entspannt vor der zweiten Reise nach Hessen. „Den größeren Druck“, sagt Heinrizi, „hat ganz klar Kassel.“
Gerne hätten die Towerstars-Profis am Mittwochabend mit den Fans gemeinsam in der CHG-Arena gejubelt. Das geht bekanntlich nicht, weshalb die Fans am Bildschirm mitfiebern und mitjubeln mussten. Und das taten am Mittwoch ganz viele. 2200 Buchungen bei SpradeTV gaben die Towerstars bekannt. Auch diese Zahl sorgte für Freude bei Vorderbrüggen und Heinrizi.