Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bitteres Ende der „schwierigsten Saison“
Der scheidende Towerstars-Geschäftsführer Rainer Schan zieht Bilanz – Sportlich zufriedenstellend
RAVENSBURG - Hinter Rainer Schan hängt in der Geschäftsstelle der Ravensburg Towerstars ein aktuelles Trikot des Clubs. Es zeigt dem Geschäftsführer, dass es in dieser Saison in der Deutschen Eishockey-Liga 2 nicht immer rund lief bei den Towerstars. Das Trikot steht aber auch symbolisch dafür, was die Ravensburger trotz aller Widrigkeiten geschafft haben. Denn Schan, der nur noch bis zum 30. Juni im Amt ist, ist mit der am Sonntag durch einen Corona-Fall in der Mannschaft abrupt beendeten Spielzeit letztlich doch „sehr zufrieden“.
Als es kurz vor Ende der Hauptrunde Mitte März überhaupt nicht lief und die Towerstars bei den Kassel Huskies (1:4), gegen die Löwen Frankfurt (2:3 n. V.) und dann nach einem schwachen Auftritt beim EC Bad Nauheim (0:4) verloren, platzte Schan der Kragen. „Ich war wirklich sauer und bin die Mannschaft in der Kabine hart angegangen“, sagt der Geschäftsführer. Schan hängte ein Trikot auf und sagte: „Jeder, der in die Play-offs möchte, darf darauf unterschreiben. Alle anderen können ihre Koffer packen.“Alle Towerstars-Profis unterschrieben, das Trikot hängt jetzt in der Geschäftsstelle.
Der Rest ist bekannt: Mit einem Schlussspurt zog Ravensburg in die Play-offs ein, schaltete den Hauptrundenzweiten Bad Tölz aus und lieferte auch dem Aufstiegsfavoriten Kassel einen großen Kampf. Bis Corona die Saison jäh beendete. „Ich hätte mich jetzt gerne bei der ganzen Mannschaft bedankt“, sagt Schan. „Ich habe mich offensichtlich ein bisschen in ihnen getäuscht, sie haben mir das Gegenteil bewiesen und noch das Bestmögliche erreicht.“
Ein gemeinsamer Abschied ist bis auf Weiteres aber nicht möglich. Denn nach dem positiven Testergebnis mussten alle, die am Freitag im Bus von Kassel nach Ravensburg saßen, in Quarantäne. Ausnahmen sind die verletzten Spieler, der schulisch verhinderte Eric Bergen sowie Schan, der im Privatauto nach Kassel gefahren war.
Das Ende passte zur gesamten Saison. „Es war in meinen 17 Jahren die schwierigste“, gesteht Schan. Das fing bei der Planung an, mit all den Unsicherheiten hinsichtlich Sponsorengeldern, Staatshilfen und fehlenden Zuschauern, und endete eben mit der Teamquarantäne. „Mal schauen, ob und wie wir als Team noch mal zusammenkommen können“, sagt Schan.
Denn es wird einen Umbruch geben. „Viele Spieler gehen und werden nach dem Sommer nicht wiederkommen“, meint Schan. In die Transferpolitik
ist er aber nicht mehr komplett eingebunden, das lässt er seinen Nachfolger Daniel Heinrizi sowie den neuen Trainer Peter Russell und dessen künftigen Co-Trainer Marc Vorderbrüggen machen. Bis Mitte Juni müssen die Lizenzunterlagen für die kommende Saison fertiggestellt werden. Das ist sozusagen Schans letzte Amtshandlung für die Towerstars. „Ich bin nicht traurig, sondern sehr stolz, was ich mit meinen Kollegen und Mitstreitern in den vergangenen 17 Jahren erreicht habe“, sagt Schan und lobt vor allem den langjährigen Mäzen Peter Horne, ohne den „die Towerstars nicht da stehen würden, wo sie stehen“. Aber auch viele Weitere hätten mitgeholfen, dass Ravensburg im deutschen Eishockey „einen hohen Stellenwert hat“.
Künftig wird Schan als Zuschauer, als Fan mitverfolgen, wie sich die Towerstars schlagen. Seine drei Sitzplätze direkt hinter der Spielerbank will er behalten und regelmäßig zu den Heimspielen kommen. „Und sollte Raphael Kapzan Fragen haben, kann er mich immer anrufen“, sagt Schan. Teammanager Kapzan wird zum 1. Juli neuer kaufmännischer Geschäftsführer der Towerstars.
„Ich habe einfach nicht mehr den Biss und die Leidenschaft, die es hier braucht“, erklärt Schan noch einmal, warum er aufhört und eine Pause machen will, bevor er sich einer neuen Aufgabe stellt. Dass er trotzdem bis zum Schluss mit vollem Einsatz dabei war, verdeutlichte das zweite Heimspiel der Towerstars im Playoff-Viertelfinale gegen die Tölzer Löwen. Mit einem Sieg wäre an diesem
Abend der Einzug ins Halbfinale perfekt gewesen. Doch Ravensburg präsentierte sich schwach, ließ jeglichen Biss vermissen und lag zu Recht hinten. Beim Stand von 2:4 hielt es Schan nicht mehr aus, verließ die Halle, stieg in sein Auto, hielt kurz inne, erkannte, dass dies womöglich das letzte Heimspiel für ihn sein könnte, lief zurück – und verharrte vor dem Eingang. Als er drinnen die eingespielte Musik nach einem Tor für die Towerstars hörte, war er sich sicher, doch wieder reinzugehen. Er wartete schließlich noch die zweite Drittelpause ab, bis er die Arena wieder betrat. Im Schlussabschnitt wurde Rainer Schan für seine Rückkehr belohnt. Erst durfte er den Ausgleich bejubeln, dann sogar noch den Siegtreffer und damit den Einzug ins Halbfinale gegen Kassel.