Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
„Wir sind alle schlichtweg durch“
beurteilt auch Michael Müller, stellvertretender Betriebsratsund Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Oberschwabenklinik Ravensburg, die aktuelle Situation der Pflegenden. Das Arbeiten in kompletter Schutzausrüstung und fehlendes Personal stellten eine große Belastung dar. „Ich habe das Gefühl, mir selbst nicht mehr gerecht werden zu können – geschweige denn den Patienten, die ich zu versorgen habe“, zitiert er die Aussage einer Kollegin. Auch in der Oberschwabenklinik fehle Pflegepersonal an allen Ecken und Enden. „Wir sind alle schlichtweg durch, physisch und psychisch kostet das enorm viel Kraft, die einfach nicht mehr vorhanden ist“, sagt Müller, der selbst seit mehr als 20 Jahren als Intensivkrankenpfleger am Elisabethenklinikum in Ravensburg tätig ist. Es sei dringend an der Zeit, ein sinnhaftes Personalbemessungsinstrument zu schaffen, appelliert er an die Politik. Deutschland liege im internationalen Vergleich ganz vorne, wenn es um die Zahl der Krankenhausbetten pro Einwohner oder die Gerätemedizin gehe. Mit einem durchschnittlichen Personalschlüssel von 10 bis 13 zu 1 stehe Deutschland aber im EU-Vergleich auf dem letzten Platz. „Unsere Pflege und der Pflegeberuf an sich waren und sind die Stärke unseres Gesundheitswesens schlechthin“, so Müller. Er bezweifle allerdings, dass Politik und Gesellschaft diesen Beruf tatsächlich wertschätzen: „Das passiert erst dann, wenn man als Mensch selbst eine Pflegefachkraft benötigt.“