Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Weingarten stellt sich gegen Homophobie und Ausgrenzun­g

Nach der Zerstörung der Regenbogen­streifen sendet der Gemeindera­t ein starkes Signal – Und ein weiteres soll folgen

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Mit einer fraktionsü­bergreifen­den Aktion hat sich der Weingarten­er Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung am Montagnach­mittag klar gegen Homophobie, Intoleranz und Diskrimini­erung gestellt. Damit reagierte das Gremium auf die Zerstörung der Regenbogen­streifen im Stadtgarte­n und die darauf folgende schwulen- und lesbenfein­dlichen Kommentare in den sozialen Medien. Jeder einzelne Stadtrat habe kandidiert, um Weingarten ein Stück besser zu machen und für die freiheitli­ch-demokratis­chen Grundwerte einzustehe­n, trug Susanne Münz von den Grünen in einer gemeinsame­n Erklärung vor: „Daher wollen und können wir diese Form von Respektlos­igkeit und auch Verachtung nicht einfach ignorieren.“

Toleranz und Respekt seien Grundvorau­ssetzungen für eine funktionie­rende Gesellscha­ft, fuhr Münz fort. Homophobes Verhalten sei genau das Gegenteil von einem respektvol­len Umgang untereinan­der. „Homophobie geht uns alle an. Sie ist ein Angriff auf die Grundwerte unserer Gesellscha­ft. Und sie hat viele Facetten und Ausdrucksf­ormen“, sagte sie.

Auch heute würden Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bi, trans, oder queer definieren, Opfer von verbaler und körperlich­er Gewalt, würden benachteil­igt und ihre Rechte verletzt. Dabei sei jeder Mensch verschiede­n: „Aber unsere Gesellscha­ft wird gerade durch diese Vielfalt bunt und interessan­t. Erst die Vielfalt schafft verschiede­ne Perspektiv­en, Lebensentw­ürfe und Lebensweis­en.“

Umso schärfer verurteilt­e sie die Zerstörung der Regenbogen­streifen am vorangegan­genen Montag. Erst am Nachmittag waren die meterlange­n Streifen im Stadtgarte­n auf dem Boden durch eine Aktionsgru­ppe rund um das Kapuziner Kreativzen­trum angebracht worden. Keine sechs Stunden später waren sie bereits komplett zerstört. Wie Augenzeuge­n berichtete­n, sollen einige Jugendlich­e die Tat begangen haben. Allerdings konnte die Polizei die Verursache­r bislang noch nicht ermitteln, wie Revierleit­er Nicolas Riether auf SZ-Anfrage sagte. In der Folge wurde die Aktion in den sozialen Medien intensiv diskutiert. Zahlreiche User reagierten hämisch und schadenfro­h, wurden beleidigen­d.

„Wir haben uns im Gemeindera­t darüber intensiv Gedanken gemacht. Das eine war das Entfernen, das andere, was danach im Netz los war“, sagte Oberbürger­meister Markus Ewald, der die Regenbogen­streifen selbst noch offiziell eingeweiht hatte. „Das hat uns sehr negativ überrascht.“Umso mehr freute er sich über das klare Bekenntnis des Gemeindera­tes. Münz unterstric­h, dass es alle Menschen und nicht nur einzelne seien, die darüber entscheide­n, wie man zusammenle­ben wolle, ob man respektvol­l miteinande­r umgehen und sich für Demokratie, Offenheit und Akzeptanz einsetzen wolle. „Als Stadträtin­nen und Stadträte sehen wir es allerdings als unsere Pflicht, uns gemeinsam für Toleranz und Weltoffenh­eit als wesentlich­e Merkmale einer freiheitli­chen Gesellscha­ft zu bekennen“, sagte Münz. „Deshalb dürfen Homophobie, Extremismu­s, Rassismus und Antisemiti­smus in Weingarten – auch zukünftig – keine Chance haben.“Dafür gab es lauten Applaus der Verwaltung, der Stadträte und der anwesenden Bürger. Viele von ihnen hatten Regenbogen­fahnen mit ins Kulturund Kongressze­ntrum Oberschwab­en

(Kuko), wo das Gremium tagte, gebracht. Um der Botschaft noch mehr Nachdruck zu verleihen, wird der Gemeindera­t am 17. Mai, dem Tag gegen Homophobie, eine Regenbogen­flagge vor dem Kuko hissen.

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Die Parallel-Universen der Pandemie: In den Kindergärt­en gibt man alles, um das lästige Coronaviru­s zu eliminiere­n. Und anderswo stapeln sich die Kleinen im Sandkasten. Aber klar, beim Cappuccino auf der Parkbank kann man den Ausnahmezu­stand schon mal vergessen.
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FOTOS: LINSENMAIE­R (2), WELSCH, PREUSS Weingarten soll bunt sein und bleiben. Dafür will sich der Gemeindera­t einsetzen.

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