Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Weingarten stellt sich gegen Homophobie und Ausgrenzung
Nach der Zerstörung der Regenbogenstreifen sendet der Gemeinderat ein starkes Signal – Und ein weiteres soll folgen
WEINGARTEN - Mit einer fraktionsübergreifenden Aktion hat sich der Weingartener Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung am Montagnachmittag klar gegen Homophobie, Intoleranz und Diskriminierung gestellt. Damit reagierte das Gremium auf die Zerstörung der Regenbogenstreifen im Stadtgarten und die darauf folgende schwulen- und lesbenfeindlichen Kommentare in den sozialen Medien. Jeder einzelne Stadtrat habe kandidiert, um Weingarten ein Stück besser zu machen und für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte einzustehen, trug Susanne Münz von den Grünen in einer gemeinsamen Erklärung vor: „Daher wollen und können wir diese Form von Respektlosigkeit und auch Verachtung nicht einfach ignorieren.“
Toleranz und Respekt seien Grundvoraussetzungen für eine funktionierende Gesellschaft, fuhr Münz fort. Homophobes Verhalten sei genau das Gegenteil von einem respektvollen Umgang untereinander. „Homophobie geht uns alle an. Sie ist ein Angriff auf die Grundwerte unserer Gesellschaft. Und sie hat viele Facetten und Ausdrucksformen“, sagte sie.
Auch heute würden Menschen, die sich als lesbisch, schwul, bi, trans, oder queer definieren, Opfer von verbaler und körperlicher Gewalt, würden benachteiligt und ihre Rechte verletzt. Dabei sei jeder Mensch verschieden: „Aber unsere Gesellschaft wird gerade durch diese Vielfalt bunt und interessant. Erst die Vielfalt schafft verschiedene Perspektiven, Lebensentwürfe und Lebensweisen.“
Umso schärfer verurteilte sie die Zerstörung der Regenbogenstreifen am vorangegangenen Montag. Erst am Nachmittag waren die meterlangen Streifen im Stadtgarten auf dem Boden durch eine Aktionsgruppe rund um das Kapuziner Kreativzentrum angebracht worden. Keine sechs Stunden später waren sie bereits komplett zerstört. Wie Augenzeugen berichteten, sollen einige Jugendliche die Tat begangen haben. Allerdings konnte die Polizei die Verursacher bislang noch nicht ermitteln, wie Revierleiter Nicolas Riether auf SZ-Anfrage sagte. In der Folge wurde die Aktion in den sozialen Medien intensiv diskutiert. Zahlreiche User reagierten hämisch und schadenfroh, wurden beleidigend.
„Wir haben uns im Gemeinderat darüber intensiv Gedanken gemacht. Das eine war das Entfernen, das andere, was danach im Netz los war“, sagte Oberbürgermeister Markus Ewald, der die Regenbogenstreifen selbst noch offiziell eingeweiht hatte. „Das hat uns sehr negativ überrascht.“Umso mehr freute er sich über das klare Bekenntnis des Gemeinderates. Münz unterstrich, dass es alle Menschen und nicht nur einzelne seien, die darüber entscheiden, wie man zusammenleben wolle, ob man respektvoll miteinander umgehen und sich für Demokratie, Offenheit und Akzeptanz einsetzen wolle. „Als Stadträtinnen und Stadträte sehen wir es allerdings als unsere Pflicht, uns gemeinsam für Toleranz und Weltoffenheit als wesentliche Merkmale einer freiheitlichen Gesellschaft zu bekennen“, sagte Münz. „Deshalb dürfen Homophobie, Extremismus, Rassismus und Antisemitismus in Weingarten – auch zukünftig – keine Chance haben.“Dafür gab es lauten Applaus der Verwaltung, der Stadträte und der anwesenden Bürger. Viele von ihnen hatten Regenbogenfahnen mit ins Kulturund Kongresszentrum Oberschwaben
(Kuko), wo das Gremium tagte, gebracht. Um der Botschaft noch mehr Nachdruck zu verleihen, wird der Gemeinderat am 17. Mai, dem Tag gegen Homophobie, eine Regenbogenflagge vor dem Kuko hissen.