Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
So kann jeder der Wildbiene helfen
Das Insekt ist im Landkreis Ravensburg stark bedroht – Doch es gibt Hilfen
RAVENSBURG - Auch im Landkreis Ravensburg gibt es Tier- und Pflanzenarten, die immer seltener geworden und sogar vom Aussterben bedroht sind. So zum Beispiel zahlreiche Wildbienenarten. Die Rostrote Mauerbiene ist eine Wildbienenart, die im Landkreis Ravensburg noch zu finden ist. Moritz Ott, stellvertretender Geschäftsführer und Biodiversitätsmanager des Landschaftserhaltungsverbands (LEV) erklärt, warum Wildbienen so wichtig sind, weshalb sie auch hier seltener werden und was jeder Einzelne dagegen tun kann.
Nach Angaben des Landschaftserhaltungsverbands sind in Deutschland 584 Wildbienenarten nachgewiesen, davon über 460 in BadenWürttemberg. Die Hälfte aller Bienenarten in Deutschland stehe auf der Roten Liste. 39 Arten sind sogar bereits ausgestorben. „Es besteht dringender Handlungsbedarf“, warnt Ott. „Wildbienen sind Einzelgänger
und sammeln keinen Honig wie die Honigbiene. Da sie meist kleiner als die Honigbiene sind, können sie jedoch deutlich mehr Pflanzen bestäuben. Deshalb spielen Wildbienen eine enorm wichtige Rolle als Bestäuber. Hummeln zählen übrigens auch zu den Wildbienen.“
Ott berichtet weiter, dass Forscher davon ausgehen, dass bis zu einem Drittel der Ernte an Obst und Gemüse von der Häufigkeit der Wildbienenbesuche abhängig sei. Der Wert der Bestäubungsleistung in der Landwirtschaft werde in Deutschland auf zwei Milliarden Euro und weltweit auf mindestens 260 Milliarden Euro jährlich geschätzt.
„Die Ursachen für den Rückgang des Wildbienenbestands sind vielfältig. Einer der Gründe liegt im starken Lebensraumverlust. Tagtäglich werden in Deutschland knapp 60 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsflächen neu ausgewiesen“, erklärt Ott.
Bertrand Schmidt, Kreisökologe aus dem Ravensburger Bau- und Umweltamt teilt mit, dass beispielsweise jüngst in Baindt, Torkenweiler und Wolpertswende neue Baugebiete ausgewiesen wurden. „Gerne werden Flächen mit starker Hanglage als Baugebiete ausgewiesen, denn diese sind von Landwirten nur mit Aufwand zu bewirtschaften oder werden aus diesem Grund teilweise gar nicht oder kaum bewirtschaftet. Für den Landwirt problematisch, für Vögel, Insekten und Wildbienen ein Glücksfall“, so Schmidt. Denn in der Natur mangele es an vielfältigen Lebensräumen.
Die Distanz zwischen den Nahrungsangeboten dürfe zudem nicht zu groß sein, da der Energieaufwand, größere Strecken zu überwinden, nicht gemeistert werden könne. Nach Angaben von Ott benötigen etwa zwei Drittel der Wildbienen offene und ungestörte Bodenbereiche für die Anlage von Niströhren. Diese seien wegen der Bodenverdichtung immer schwieriger zu finden. Je nach Art legen Wildbienen ihre Eier in Fraßgängen oder Hohlräumen in Totholz und Pflanzenhalmen oder graben Gänge in Lehmwände oder in Sand. „Das Volleyballfeld an der PH Weingarten ist derzeit vorübergehend gesperrt, da im sandigen Boden Frühlingsseidenbienen nisten“, erzählt Kreisökologe Schmidt.
Jeder könne zur Unterstützung der Wildbienen beitragen und somit auch einen wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt leisten, sagt Ott. Entweder durch eine Balkonbepflanzung mit verschiedenen Kräutern oder dem Bau einer Kräuterspirale im Garten. So könne man gleichzeitig von leckeren Kräutern für die Küche profitieren. Durch die Spiralform werden vier Klimazonen, von mediterran bis nass, simuliert. Und somit können verschiedenste Kräuterarten mit unterschiedlichen Ansprüchen gepflanzt werden. Eine Kräuterspirale biete Wildbienen und auch vielen anderen Insekten Unterschlupf und Nistmöglichkeiten zwischen den Mauersteinen, weshalb diese nicht mit Mörtel verschlossen werden sollten.
Auch eine alte Wurzel könne in die Spirale integriert werden. Sie sehe nicht nur dekorativ schön aus, sondern biete Wildbienen Möglichkeiten zur Eiablage. „Am höchsten Punkt der Spirale befindet sich der nährstoffarme Bereich, ein Gemisch aus Erde und Sand, in dem viele Wildbienen Nistmöglichkeiten finden“, erklärt Ott.
Neben geläufigen Kräutern wie Thymian, Rosmarin oder Basilikum gebe es viele heimische Kräuter, die in Vergessenheit geraten sind, sich aber durch viele Eigenschaften auszeichnen. „Borretsch zum Beispiel. Den haarigen Blättern des Raublattgewächses entströmt ein intensiver Gurkengeruch, deshalb werden die jungen Blätter gerne in Salaten, Soßen und Fischgerichten verwendet“, so Ott. Die Blüten seien zudem eine schöne essbare Zierde.
Für eine Kräuterspirale werden in etwa dreimal drei Meter im Garten benötigt. Sie sollte in sonniger Lage so platziert werden, dass der Teich am Ende der Spirale nach Süden ausgerichtet ist. Am besten ist sie im Frühling anzulegen. Ott rät, mit der Bepflanzung aber erst nach den Eisheiligen zu beginnen, idealerweise nach einem kräftigen Regenschauer, um gegebenenfalls etwas Erde nachgeben zu können.
Der Standort der Kräuter wird in der Spirale gemäß deren Bedürfnissen angepasst. Es eignet sich eine Vielzahl an unterschiedlichsten Kräutern – wie beispielsweise Kerbel, Lorbeer, Melisse, Oregano oder Salbei.