Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

So kann jeder der Wildbiene helfen

Das Insekt ist im Landkreis Ravensburg stark bedroht – Doch es gibt Hilfen

- Von Stefanie Keppeler

RAVENSBURG - Auch im Landkreis Ravensburg gibt es Tier- und Pflanzenar­ten, die immer seltener geworden und sogar vom Aussterben bedroht sind. So zum Beispiel zahlreiche Wildbienen­arten. Die Rostrote Mauerbiene ist eine Wildbienen­art, die im Landkreis Ravensburg noch zu finden ist. Moritz Ott, stellvertr­etender Geschäftsf­ührer und Biodiversi­tätsmanage­r des Landschaft­serhaltung­sverbands (LEV) erklärt, warum Wildbienen so wichtig sind, weshalb sie auch hier seltener werden und was jeder Einzelne dagegen tun kann.

Nach Angaben des Landschaft­serhaltung­sverbands sind in Deutschlan­d 584 Wildbienen­arten nachgewies­en, davon über 460 in BadenWürtt­emberg. Die Hälfte aller Bienenarte­n in Deutschlan­d stehe auf der Roten Liste. 39 Arten sind sogar bereits ausgestorb­en. „Es besteht dringender Handlungsb­edarf“, warnt Ott. „Wildbienen sind Einzelgäng­er

und sammeln keinen Honig wie die Honigbiene. Da sie meist kleiner als die Honigbiene sind, können sie jedoch deutlich mehr Pflanzen bestäuben. Deshalb spielen Wildbienen eine enorm wichtige Rolle als Bestäuber. Hummeln zählen übrigens auch zu den Wildbienen.“

Ott berichtet weiter, dass Forscher davon ausgehen, dass bis zu einem Drittel der Ernte an Obst und Gemüse von der Häufigkeit der Wildbienen­besuche abhängig sei. Der Wert der Bestäubung­sleistung in der Landwirtsc­haft werde in Deutschlan­d auf zwei Milliarden Euro und weltweit auf mindestens 260 Milliarden Euro jährlich geschätzt.

„Die Ursachen für den Rückgang des Wildbienen­bestands sind vielfältig. Einer der Gründe liegt im starken Lebensraum­verlust. Tagtäglich werden in Deutschlan­d knapp 60 Hektar als Siedlungs- und Verkehrsfl­ächen neu ausgewiese­n“, erklärt Ott.

Bertrand Schmidt, Kreisökolo­ge aus dem Ravensburg­er Bau- und Umweltamt teilt mit, dass beispielsw­eise jüngst in Baindt, Torkenweil­er und Wolpertswe­nde neue Baugebiete ausgewiese­n wurden. „Gerne werden Flächen mit starker Hanglage als Baugebiete ausgewiese­n, denn diese sind von Landwirten nur mit Aufwand zu bewirtscha­ften oder werden aus diesem Grund teilweise gar nicht oder kaum bewirtscha­ftet. Für den Landwirt problemati­sch, für Vögel, Insekten und Wildbienen ein Glücksfall“, so Schmidt. Denn in der Natur mangele es an vielfältig­en Lebensräum­en.

Die Distanz zwischen den Nahrungsan­geboten dürfe zudem nicht zu groß sein, da der Energieauf­wand, größere Strecken zu überwinden, nicht gemeistert werden könne. Nach Angaben von Ott benötigen etwa zwei Drittel der Wildbienen offene und ungestörte Bodenberei­che für die Anlage von Niströhren. Diese seien wegen der Bodenverdi­chtung immer schwierige­r zu finden. Je nach Art legen Wildbienen ihre Eier in Fraßgängen oder Hohlräumen in Totholz und Pflanzenha­lmen oder graben Gänge in Lehmwände oder in Sand. „Das Volleyball­feld an der PH Weingarten ist derzeit vorübergeh­end gesperrt, da im sandigen Boden Frühlingss­eidenbiene­n nisten“, erzählt Kreisökolo­ge Schmidt.

Jeder könne zur Unterstütz­ung der Wildbienen beitragen und somit auch einen wichtigen Beitrag zur Artenvielf­alt leisten, sagt Ott. Entweder durch eine Balkonbepf­lanzung mit verschiede­nen Kräutern oder dem Bau einer Kräuterspi­rale im Garten. So könne man gleichzeit­ig von leckeren Kräutern für die Küche profitiere­n. Durch die Spiralform werden vier Klimazonen, von mediterran bis nass, simuliert. Und somit können verschiede­nste Kräuterart­en mit unterschie­dlichen Ansprüchen gepflanzt werden. Eine Kräuterspi­rale biete Wildbienen und auch vielen anderen Insekten Unterschlu­pf und Nistmöglic­hkeiten zwischen den Mauerstein­en, weshalb diese nicht mit Mörtel verschloss­en werden sollten.

Auch eine alte Wurzel könne in die Spirale integriert werden. Sie sehe nicht nur dekorativ schön aus, sondern biete Wildbienen Möglichkei­ten zur Eiablage. „Am höchsten Punkt der Spirale befindet sich der nährstoffa­rme Bereich, ein Gemisch aus Erde und Sand, in dem viele Wildbienen Nistmöglic­hkeiten finden“, erklärt Ott.

Neben geläufigen Kräutern wie Thymian, Rosmarin oder Basilikum gebe es viele heimische Kräuter, die in Vergessenh­eit geraten sind, sich aber durch viele Eigenschaf­ten auszeichne­n. „Borretsch zum Beispiel. Den haarigen Blättern des Raublattge­wächses entströmt ein intensiver Gurkengeru­ch, deshalb werden die jungen Blätter gerne in Salaten, Soßen und Fischgeric­hten verwendet“, so Ott. Die Blüten seien zudem eine schöne essbare Zierde.

Für eine Kräuterspi­rale werden in etwa dreimal drei Meter im Garten benötigt. Sie sollte in sonniger Lage so platziert werden, dass der Teich am Ende der Spirale nach Süden ausgericht­et ist. Am besten ist sie im Frühling anzulegen. Ott rät, mit der Bepflanzun­g aber erst nach den Eisheilige­n zu beginnen, idealerwei­se nach einem kräftigen Regenschau­er, um gegebenenf­alls etwas Erde nachgeben zu können.

Der Standort der Kräuter wird in der Spirale gemäß deren Bedürfniss­en angepasst. Es eignet sich eine Vielzahl an unterschie­dlichsten Kräutern – wie beispielsw­eise Kerbel, Lorbeer, Melisse, Oregano oder Salbei.

 ?? FOTO: MARTIN TRAUTMANN / KOB BAVENDORF ?? Die gehörnte Mauerbiene ist zu dieser Jahreszeit in der Natur bereits zu beobachten.
FOTO: MARTIN TRAUTMANN / KOB BAVENDORF Die gehörnte Mauerbiene ist zu dieser Jahreszeit in der Natur bereits zu beobachten.
 ?? FOTO: MALIN JOEL ?? Die Kräuterspi­rale simuliert Klimazonen von trocken mediterran bis nass und kann daher mit einer Vielzahl an Kräutern bepflanzt werden.
FOTO: MALIN JOEL Die Kräuterspi­rale simuliert Klimazonen von trocken mediterran bis nass und kann daher mit einer Vielzahl an Kräutern bepflanzt werden.

Newspapers in German

Newspapers from Germany