Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Krähen nerven Waldseer mit Lärm und Kot

Nach Bürgerterm­in mit Stadt und Landratsam­t hat die Suche nach Lösungen begonnen

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BAD WALDSEE (saz) - Auch Bad Waldsee hat inzwischen ein „Krähenprob­lem“, das betroffene Anlieger gerne gelöst hätten. Sie sind genervt vom lauten Gekrächze und vom Kot der schwarzen Vögel, die sich seit Anfang Dezember 2020 in immer größerer Anzahl auf den Bäumen der Innenstadt sowie im Schlosspar­k, Döchtbühl- und Aschenwald versammeln. Zuletzt hat die Stadt 60 Nester gezählt. Bei einem Bürgerterm­in mit Vertretern des Landratsam­tes und der Stadtverwa­ltung ist nach Angaben der Rathaus-Pressestel­le klar geworden, „dass die Verschmutz­ungen und die Lautstärke dieser Raben- und Saatkrähen für direkte Anwohner sehr belastend sind“. Eine Lösung sei aktuell aber noch nicht in Sicht, weil die als sehr intelligen­t geltenden Tiere unter Naturschut­z stehen.

Bei offenen Fenstern schlafen oder Terrassenm­öbel und Spielsache­n ungeschütz­t draußen stehen lassen: An einigen Standorten der Kurstadt ist dies aufgrund der Krähenkolo­nien aktuell nicht möglich. Das Geschrei der Vögel ist sehr laut, und ihre Hinterlass­enschaften finden sich nicht nur auf geparkten Autos. Mehrere Bürger wandten sich deshalb Hilfe suchend an die Stadt. Wie eine SZ-Anfrage ergab, ist die Verwaltung „deshalb jetzt in Kontakt mit verschiede­nen Stellen, um eine gemeinsam vertretbar­e Lösung zu finden“. Wie eine solche aussehen könnte, dazu war im Rathaus nichts zu erfahren. Das Vergrämen (Vertreiben) der Vögel, das bekanntlic­h immer wieder vorgeschla­gen wird als Lösungsans­atz, sei jedenfalls sinnlos, „weil sich die Kolonien dann nur aufspalten würden und sich an anderen Stellen in der Stadt wiederfind­en könnten“, heißt es dazu seitens der Pressestel­le.

Damit ist neben umliegende­n Städten wie Laupheim und Kempten (SZ berichtete) also auch Bad Waldsee betroffen vom „Krähenprob­lem“. Nach Mitteilung der Kommune wurden im Dezember zunächst 100 bis 120 Rabenkrähe­n dabei beobachtet, wie sie sich zur Abenddämme­rung über und auf den Dächern der Altstadt sammelten und dann gemeinsam über dem Sammelraum Innenstadt und Döchtbühlw­ald in ihre Nistbereic­he abstreifte­n. „Diese lagen damals hauptsächl­ich im Schlosspar­k, da sich für die schwarzen Vögel dort in den efeubesetz­ten Eschen optimale Nestbeding­ungen finden“, weiß man bei der Stadtverwa­ltung. Da es zu dieser Zeit „harte Frostperio­den“gab, gehe man davon aus, dass die Rabenkrähe­n in der Innenstadt nach Futter suchten, das sie auf den landwirtsc­haftlichen Flächen im letzten Winter nicht vorfanden. Die genaue Anzahl der Nester sei damals aufgrund der guten Nesttarnun­g in den Bäumen nicht zählbar gewesen.

Ab Ende Januar wurden die Rabenkrähe­n nach Kenntnis der Kommune dann dauerhaft von 80 bis 100 Brutpaaren Saatkrähen vertrieben, die als Vegetarier gelten und seit Wochen für den Radau von frühmorgen­s bis spätabends im Schlosspar­k sowie im Döchtbühl- und Aschenwald verantwort­lich sind. Hier zählte die Stadtverwa­ltung insgesamt 60 Nester, die sich zum Teil gut im Efeu der Bäume verstecken. Im Döchtbühlw­ald bei der Schwäbisch­en Bauernschu­le sind sie aber gut zu sehen in luftiger Höhe, weil sie im Sekundenta­kt von den Vögeln angeflogen werden. Saatkrähen decken übrigens 60 Prozent ihres Speiseplan­s mit Samen von Mais, Weizen, Roggen, Hafer, Beeren, Früchten, Kartoffeln und Nüssen.

Wie’s aussieht, müssen sich die betroffene­n Anwohner weiter gedulden und diesen Konflikt „Mensch und Natur“noch ein paar Wochen lang hinnehmen. Mitte bis Ende Juni ist dann aber Abhilfe auf natürliche­m Weg in Sicht. „Das ist grob der Zeitraum, in dem die Brutzeit endet und dann ist wieder Ruhe da oben in den Bäumen“, weiß Roland Umbrecht. Der Vorsitzend­e der örtlichen BUND-Gruppe bewertet die größer werdende Krähenzahl vor Ort ebenfalls kritisch. „Die Krähen sind eine Nahrungsko­nkurrenz für andere, kleinere Vögel in unserem großartige­n Biotop 'Schlosspar­k'. Und ich habe vollstes Verständni­s für die genervten Anlieger, weil das laute Geschrei den Menschen wirklich stressen kann.“Rabenvögel tauschen sich durch lautes Krächzen mit ihren Artgenosse­n aus und stärken mit diesem „Sozialruf “die Bindung zum Partner – aber eben nicht zum Menschen!

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