Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
G7-Staaten wollen Millionen Impfdosen spenden
Merkel weiter gegen Aufhebung von Patenten – Biden sucht Schulterschluss demokratischer Staaten
CARBIS BAY (dpa) - Vor dem Gipfel der großen Industrienationen (G7) im englischen Cornwall haben die USA eine Spende von 500 Millionen Impfdosen an arme Länder zugesagt. Der Kampf gegen die Pandemie, der Klimaschutz sowie der Umgang mit Russland und China stehen im Mittelpunkt des Treffens der Staats- und Regierungschefs von Freitag bis Sonntag in dem Badeort Carbis Bay. Vorher entbrannte die Debatte neu, ob der Patentschutz für Impfstoffe aufgehoben werden soll, wie von USPräsident Joe Biden, vielen anderen Staaten und Entwicklungsorganisationen gefordert.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die EU-Kommission sprachen sich erneut dagegen aus, während Frankreichs Präsident Emmanuel Macron Entgegenkommen zeigte. In Regierungskreisen in Berlin hieß es, die Kanzlerin glaube nicht, dass der Patentschutz das Problem sei. EURatspräsident Charles Michel sagte: „Eine Aussetzung von Patenten mag gut klingen, aber sie ist keine Wunderwaffe.“
Kritiker argumentieren, nicht die Patente seien das Hindernis, sondern Produktionskapazitäten, Kenntnisse und Rohstoffnachschub. Michel verwies darauf, dass aus der EU bereits mehr als 270 Millionen Impfstoffdosen in Drittstaaten exportiert worden seien. Zudem sei die EU der größte Unterstützer der Covax-Initiative für eine faire Impfstoff-Verteilung.
Erstmals seit zwei Jahren kommen die Staats- und Regierungschefs der G7-Gruppe wieder persönlich zusammen – wenn auch wegen Covid-19 unter strengen Vorsichtsmaßnahmen. Zur Gruppe der Sieben (G7) gehören die USA, Deutschland, Kanada, Frankreich, Italien und Japan.
Nach dem Streit über die Alleingänge seines Vorgängers Donald Trump schmiedet der amtierende US-Präsident Biden wieder Allianzen mit Verbündeten und verfolgt einen Neuanfang in der demokratischen Wertegemeinschaft – auch um einen Gegenpol zu Russland und China zu bilden. Als Gäste sind gleichgesinnte demokratische Staaten wie Südkorea, Südafrika, Australien und Indien zu dem Gipfel eingeladen.
Die G7-Staaten wollen sich laut der Agentur Bloomberg darauf einigen, mindestens eine Milliarde an zusätzlichen Impfdosen über das nächste Jahr zu liefern, um zu helfen, dass 80 Prozent der Erwachsenen der Welt geimpft werden. Das gehe aus einem Entwurf für das Kommuniqué hervor, den Bloomberg gesehen habe.
Zum Auftakt seiner Auslandsreise rief Biden zum Schulterschluss demokratischer Länder weltweit gegen Autokraten auf. „Wir befinden uns an einem Wendepunkt der Weltgeschichte“, sagte er vor US-Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt Mildenhall in Ostengland. „Sie wissen besser als jeder andere, dass Demokratie nicht durch Zufall entsteht. Wir müssen sie verteidigen. Wir müssen sie stärken.“Aus deutschen Regierungskreisen hieß es, die Beratungen vor dem Gipfel zeigten, dass der Multilateralismus wieder sehr gut funktioniere und „die G7 wieder da ist“.