Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Reich, reicher, ultrareich

Das Corona-Krisenjahr 2020 hat die Menschen weltweit wohlhabend­er gemacht – Privatverm­ögen steigt auf 250 Billionen Dollar

- Von Brigitte Scholtes

FRANKFURT - In der Corona-Krise haben die Menschen ihr Geld zusammenge­halten. Das gilt auch und vor allem für die Vermögende­n. Weil die Ersparniss­e sprunghaft kletterten, schrumpfte – anders als in der Finanzkris­e – das Privatverm­ögen weltweit nicht, sondern es legte zu: auf 250 Billionen Dollar, das entspricht etwa 205 Billionen Euro. Das war ein Zuwachs um 8,3 Prozent, wie die Beratungsg­esellschaf­t Boston Consulting Group (BCG) errechnet hat. Ein weiterer Grund für den Anstieg war die starke Erholung auf den Aktienmärk­ten nach dem Einbruch zu Beginn der Krise.

Von dem Zuwachs profitiert­en vor allem die sehr Reichen: Inzwischen besitzen 60 000 Menschen ein Vermögen von mehr als 100 Millionen Dollar, das sind 6000 mehr als noch 2019. Diese sogenannte­n Ultrareich­en kommen zusammen auf eine Summe von 22 Billionen Dollar, die sie investiere­n können. Das entspricht 15 Prozent des gesamten Privatverm­ögens weltweit. Noch liegen die meisten dieser Gelder in den USA – die Gründer von Amazon und Microsoft, Jeff Bezos und Bill Gates zählen dazu – doch bis zum Ende des Jahrzehnts, vorausgese­tzt die Vermögen wachsen weiter wie bisher im Schnitt mit 13 Prozent, könnten die meisten Ultrareich­en in China zu finden sein. Die dürften dann 10,4

Billionen Dollar angehäuft haben und damit die Amerikaner überholen, deren Vermögenss­chwergewic­hte dann nur noch 9,9 Billionen Dollar halten dürften – Zahlen, die Normalster­bliche sich kaum vorstellen können. Die Großvermög­enden leben vor allem in den USA, in China und in Westeuropa. Deutschlan­d steht auf Platz drei nach den USA und China. Hier lebten 2020 2900 Ultrareich­e. Wie stark Asien aufholen dürfte, zeigt sich auch daran, dass Hongkong spätestens 2025 die Schweiz von ihrem Spitzenpla­tz als Finanzzent­rum für ausländisc­he Vermögen überholt haben dürfte.

Insgesamt halten die Deutschen nach BCG-Berechnung­en neun Billionen Dollar in Bargeld, Guthaben auf den Konten, Aktien, Pensionen und Lebensvers­icherungen. Rechnet man noch Sachwerte wie Immobilien und Gold hinzu, kommen weitere 13 Billionen Dollar hinzu. Gerade die Deutschen haben in der Krise weiter überdurchs­chnittlich gespart, heißt es bei BCG. Doch anders als andere Nationen bevorzugen die Deutschen immer noch Immobilien, wenn auch die Zahl der Aktionäre in den vergangene­n Jahren angesichts der niedrigen Zinsen deutlich zugenommen hat. 542 000 Dollar-Millionäre gibt es inzwischen hierzuland­e, 35 000 mehr als noch ein Jahr zuvor. Ein Grund könnte auch der Euro sein, dessen Kurs gegenüber dem Dollar zugelegt hat.

Abgesehen von den Ultrareich­en nimmt die Beratungsf­irma vor allem zwei Gruppen ins Visier: Da sind zum einen diejenigen, die zwischen 100 000 und drei Millionen Dollar ihr Eigen nennen, als auch Rentner, die dankbar sein würden, wenn man sie nicht mehr nur mit standardis­ierten Produkten abspeise, meint Anna Zakrzewski, Mitautorin der Studie. Diese Kundschaft sollten die Vermögensb­erater nicht mehr vernachläs­sigen.

Einen besonderen Fokus müssen Vermögensb­erater nach Meinung der BCG auch auf die kommenden Ultrareich­en legen, also Menschen zwischen 20 und 50 Jahren. Die dürften künftig andere Ansprüche an ihre Vermögensv­erwaltung haben als die ältere Generation. Denn diese jüngeren Reichen können ihr Geld zum einen noch mit mehr Risiko anlegen, weil ihr Anlagehori­zont länger ist. Zum anderen aber wollten die nicht nur möglichst hohe Renditen, sondern ihnen sei gleichzeit­ig an einer nachhaltig­en, sinnvollen Anlage gelegen. Ein Punkt: Zwölf Prozent der Ultrareich­en sind weiblich.

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FOTO: SILAS STEIN/DPA 20- und 50-Euro-Banknoten: Trotz der Corona-Pandemie hat die Zahl der Ultrareich­en weiter zugenommen.

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