Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Eschacher Baugebiet kommt voran
Bauplätze am Hüttenberger Weg von Kommunalpolitik gewollt
RAVENSBURG - Das Baugebiet am Hüttenberger Weg in der Ravensburger Ortschaft Eschach ist einen Schritt weitergekommen. Sowohl der Ortschaftsrat Eschach als auch der Technische Ausschuss des Gemeinderates haben in ihren jüngsten Sitzungen den bisherigen Plänen der Stadtverwaltung zugestimmt. Einige Anlieger sind alles andere als begeistert und äußern in vielen Punkten Bedenken und Kritik.
Was geplant ist: Am Hüttenberger Weg soll zwischen bisheriger Bebauung und Wald eine große Wiese in ein Wohngebiet umgewandelt werden. Dort können nach Entwürfen der Stadt sechs Einfamilienhäuser, zehn Doppelhaushälften und zehn Mehrfamilienhäuser entstehen. Insgesamt sind dort theoretisch maximal 108 Wohnungen möglich. Die Stadt lässt in jedem Einfamilienhaus zwei bis drei Wohneinheiten zu, damit mehrere Generationen einer Familie unter einem Dach wohnen können, wie es heißt. In den Mehrfamilienhäusern sind bis zu acht Wohnungen erlaubt. Die Stadt geht jedoch nicht davon aus, dass das in jedem Fall ausgereizt wird und prognostiziert 60 bis 70 neue Wohnungen im Gebiet.
Eines der Mehrfamilienhäuser darf von der Größe her herausragen: Es darf viergeschossig bis zu 15,5 Meter hoch gebaut werden. Der stellvertretende Leiter des Stadtplanungsamtes, Michael Griebe, spricht von einer „Aussichtslage“. Die Einfamilienhäuser, die direkt an die bisherige Bebauung angrenzen, sollen ähnlich groß sein wie die bestehenden Häuser.
Zeitplan: Der Technische Ausschuss des Gemeinderats hat am Mittwoch den sogenannten Auslegungsbeschluss gefasst. Das ist der vorletzte Schritt im Bebauungsplanverfahren. Die Pläne werden jetzt noch einmal für die Öffentlichkeit einsehbar sein, Stellungnahmen können abgegeben werden. Mit dem Satzungsbeschluss, der für Herbst 2021 geplant ist, ist das Baugebiet endgültig beschlossene Sache. Ende Juni ist außerdem noch eine digitale Informationsveranstaltung für Bürger geplant.
Verkauf: Die Plätze sollen nicht direkt nach dem Satzungsbeschluss, sondern während der Erschließung des Gebietes verkauft werden, damit für Bauherren nicht so viel Zeit zwischen Bezahlung ihres Grundstücks und Baubeginn vergeht, so Stadtkämmerer Gerhard Engele. Wie genau die einzelnen Bauplätze verkauft werden, müssen die Ravensburger Kommunalpolitiker noch festlegen. Engele würde eine Mischung aus Versteigerung von besonders attraktiven Plätzen, aber auch Vergabe einiger Bauplätze nach gewissen Kriterien vorschlagen – „damit keine Preistreiberei stattfindet“, so Engele. Bei den größeren Bauplätzen sei auch eine Konzeptvergabe etwa an Baugemeinschaften möglich.
Kritik: Anwohner des Hüttenberger Wegs und der Haldeneschstraße haben das Gefühl, die Stadt spiele nicht mit offenen Karten. „Es wird getrickst, und Dialog ist nicht“, sagt eine Anwohnerin. Sie halten die Wiese für ungeeignet für ein neues Wohngebiet – und wenn, dann hätten sie sich Einfamilienhäuser gewünscht. Nun graut ihnen vor dem zu erwartenden Verkehr auf der steilen Stichstraße zum Gebiet. Nicht zuletzt wird immer wieder angeführt, dass die Wiese, die auch für viele Tiere wichtig sei, sehr feucht ist.
Was die Anlieger außerdem ärgert: Das Gebiet wird nach dem Paragraphen 13b des Baugesetzbuches herbeigeführt – dieser sei aber vom Bund dafür gedacht gewesen, aufgrund des Zuzugs von Geflüchteten schnell bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Nun werde ein exklusives Wohngebiet erschlossen, in dem ihrer Einschätzung nach kein günstiger Wohnraum entsteht. Für Mehrfamilienhäuser gebe es unweit viel besser geeignete Flächen, meinen sie. Die zulässigen Höhen ärgern sie auch, weil sie sich daran erinnern, dass bei ihren Bauvorhaben strikte Höhenbegrenzungen gegolten hätten.
Was die Stadt dazu sagt: Zum Paragraphen 13b im Baugesetzbuch erklärt Stadtplaner Griebe die Sichtweise der Stadt so: Der Gesetzgeber habe den Paragraphen geschaffen, um der Dynamik am Wohnungsmarkt in Städten gerecht zu werden.
Das heiße nicht, dass nur bezahlbarer Wohnraum damit gemeint sei. Es sei richtig, dass am Hüttenberger Weg ein „eher hochpreisiges Wohngebiet“entstehe. Aber es sei auch geplant, dass dort Wohnungen gemäß dem Bündnis für bezahlbaren Wohnraum entstehen, die über eine gewisse Zeit mit einem Preisabschlag vermietet werden müssen.
Zur Größe der Gebäude sagt Griebe: „Die Nachbarn haben die neuen Höhen und die größere Dichte sehr umgetrieben. Das hat aber mit dem sparsamen Umgang mit Grund und Boden zu tun.“Dass der Hang wasserführende Schichten hat, wisse die Stadt. Es werde vorgeschlagen, die Häuser in Wannen zu setzen, um das Eindringen von Feuchtigkeit zu verhindern. Auch während des Baus müssten die Baugruben entsprechend gesichert werden. „Wir werden den Bauherren angeben, was zu tun ist, damit ihnen und ihren Nachbarn möglichst nichts passiert“, so Griebe. Durch einen Graben am Waldrand – eine sogenannte Flutmulde – werde hangabwärtsfließendes Regenwasser noch vor dem Wohngebiet abgefangen und in den Abwasserkanal geleitet. Somit verbessere sich sogar für die Bestandsbebauung weiter unten am Hang der Schutz vor Wasserfluten.
Politisches Meinungsbild: Die Grünen stimmten dem Baugebiet „zähneknirschend“zu, weil sie einerseits den Wunsch aus der Ortschaft Eschach nach neuen Bauplätzen kennen, das Gebiet allerdings aus verschiedenen Gründen für nicht optimal halten. Auch die Grünen finden, dass mit Hilfe des Paragraphen 13b hier ein Gebiet geschaffen wird, das nicht der Zielrichtung des Gesetzgebers entspricht. „Das sind Lagen, die dem, was eigentlich gebraucht wird, nicht entsprechen“, sagte Fraktionsvorsitzende Maria Weithmann. Die CDU freut sich, dass das Wohngebiet kommt. Auch die weiteren Fraktionen im Technischen Ausschuss erteilten ihre Zustimmung.