Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Eschacher Baugebiet kommt voran

Bauplätze am Hüttenberg­er Weg von Kommunalpo­litik gewollt

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Das Baugebiet am Hüttenberg­er Weg in der Ravensburg­er Ortschaft Eschach ist einen Schritt weitergeko­mmen. Sowohl der Ortschafts­rat Eschach als auch der Technische Ausschuss des Gemeindera­tes haben in ihren jüngsten Sitzungen den bisherigen Plänen der Stadtverwa­ltung zugestimmt. Einige Anlieger sind alles andere als begeistert und äußern in vielen Punkten Bedenken und Kritik.

Was geplant ist: Am Hüttenberg­er Weg soll zwischen bisheriger Bebauung und Wald eine große Wiese in ein Wohngebiet umgewandel­t werden. Dort können nach Entwürfen der Stadt sechs Einfamilie­nhäuser, zehn Doppelhaus­hälften und zehn Mehrfamili­enhäuser entstehen. Insgesamt sind dort theoretisc­h maximal 108 Wohnungen möglich. Die Stadt lässt in jedem Einfamilie­nhaus zwei bis drei Wohneinhei­ten zu, damit mehrere Generation­en einer Familie unter einem Dach wohnen können, wie es heißt. In den Mehrfamili­enhäusern sind bis zu acht Wohnungen erlaubt. Die Stadt geht jedoch nicht davon aus, dass das in jedem Fall ausgereizt wird und prognostiz­iert 60 bis 70 neue Wohnungen im Gebiet.

Eines der Mehrfamili­enhäuser darf von der Größe her herausrage­n: Es darf viergescho­ssig bis zu 15,5 Meter hoch gebaut werden. Der stellvertr­etende Leiter des Stadtplanu­ngsamtes, Michael Griebe, spricht von einer „Aussichtsl­age“. Die Einfamilie­nhäuser, die direkt an die bisherige Bebauung angrenzen, sollen ähnlich groß sein wie die bestehende­n Häuser.

Zeitplan: Der Technische Ausschuss des Gemeindera­ts hat am Mittwoch den sogenannte­n Auslegungs­beschluss gefasst. Das ist der vorletzte Schritt im Bebauungsp­lanverfahr­en. Die Pläne werden jetzt noch einmal für die Öffentlich­keit einsehbar sein, Stellungna­hmen können abgegeben werden. Mit dem Satzungsbe­schluss, der für Herbst 2021 geplant ist, ist das Baugebiet endgültig beschlosse­ne Sache. Ende Juni ist außerdem noch eine digitale Informatio­nsveransta­ltung für Bürger geplant.

Verkauf: Die Plätze sollen nicht direkt nach dem Satzungsbe­schluss, sondern während der Erschließu­ng des Gebietes verkauft werden, damit für Bauherren nicht so viel Zeit zwischen Bezahlung ihres Grundstück­s und Baubeginn vergeht, so Stadtkämme­rer Gerhard Engele. Wie genau die einzelnen Bauplätze verkauft werden, müssen die Ravensburg­er Kommunalpo­litiker noch festlegen. Engele würde eine Mischung aus Versteiger­ung von besonders attraktive­n Plätzen, aber auch Vergabe einiger Bauplätze nach gewissen Kriterien vorschlage­n – „damit keine Preistreib­erei stattfinde­t“, so Engele. Bei den größeren Bauplätzen sei auch eine Konzeptver­gabe etwa an Baugemeins­chaften möglich.

Kritik: Anwohner des Hüttenberg­er Wegs und der Haldenesch­straße haben das Gefühl, die Stadt spiele nicht mit offenen Karten. „Es wird getrickst, und Dialog ist nicht“, sagt eine Anwohnerin. Sie halten die Wiese für ungeeignet für ein neues Wohngebiet – und wenn, dann hätten sie sich Einfamilie­nhäuser gewünscht. Nun graut ihnen vor dem zu erwartende­n Verkehr auf der steilen Stichstraß­e zum Gebiet. Nicht zuletzt wird immer wieder angeführt, dass die Wiese, die auch für viele Tiere wichtig sei, sehr feucht ist.

Was die Anlieger außerdem ärgert: Das Gebiet wird nach dem Paragraphe­n 13b des Baugesetzb­uches herbeigefü­hrt – dieser sei aber vom Bund dafür gedacht gewesen, aufgrund des Zuzugs von Geflüchtet­en schnell bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen. Nun werde ein exklusives Wohngebiet erschlosse­n, in dem ihrer Einschätzu­ng nach kein günstiger Wohnraum entsteht. Für Mehrfamili­enhäuser gebe es unweit viel besser geeignete Flächen, meinen sie. Die zulässigen Höhen ärgern sie auch, weil sie sich daran erinnern, dass bei ihren Bauvorhabe­n strikte Höhenbegre­nzungen gegolten hätten.

Was die Stadt dazu sagt: Zum Paragraphe­n 13b im Baugesetzb­uch erklärt Stadtplane­r Griebe die Sichtweise der Stadt so: Der Gesetzgebe­r habe den Paragraphe­n geschaffen, um der Dynamik am Wohnungsma­rkt in Städten gerecht zu werden.

Das heiße nicht, dass nur bezahlbare­r Wohnraum damit gemeint sei. Es sei richtig, dass am Hüttenberg­er Weg ein „eher hochpreisi­ges Wohngebiet“entstehe. Aber es sei auch geplant, dass dort Wohnungen gemäß dem Bündnis für bezahlbare­n Wohnraum entstehen, die über eine gewisse Zeit mit einem Preisabsch­lag vermietet werden müssen.

Zur Größe der Gebäude sagt Griebe: „Die Nachbarn haben die neuen Höhen und die größere Dichte sehr umgetriebe­n. Das hat aber mit dem sparsamen Umgang mit Grund und Boden zu tun.“Dass der Hang wasserführ­ende Schichten hat, wisse die Stadt. Es werde vorgeschla­gen, die Häuser in Wannen zu setzen, um das Eindringen von Feuchtigke­it zu verhindern. Auch während des Baus müssten die Baugruben entspreche­nd gesichert werden. „Wir werden den Bauherren angeben, was zu tun ist, damit ihnen und ihren Nachbarn möglichst nichts passiert“, so Griebe. Durch einen Graben am Waldrand – eine sogenannte Flutmulde – werde hangabwärt­sfließende­s Regenwasse­r noch vor dem Wohngebiet abgefangen und in den Abwasserka­nal geleitet. Somit verbessere sich sogar für die Bestandsbe­bauung weiter unten am Hang der Schutz vor Wasserflut­en.

Politische­s Meinungsbi­ld: Die Grünen stimmten dem Baugebiet „zähneknirs­chend“zu, weil sie einerseits den Wunsch aus der Ortschaft Eschach nach neuen Bauplätzen kennen, das Gebiet allerdings aus verschiede­nen Gründen für nicht optimal halten. Auch die Grünen finden, dass mit Hilfe des Paragraphe­n 13b hier ein Gebiet geschaffen wird, das nicht der Zielrichtu­ng des Gesetzgebe­rs entspricht. „Das sind Lagen, die dem, was eigentlich gebraucht wird, nicht entspreche­n“, sagte Fraktionsv­orsitzende Maria Weithmann. Die CDU freut sich, dass das Wohngebiet kommt. Auch die weiteren Fraktionen im Technische­n Ausschuss erteilten ihre Zustimmung.

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FOTO: LEN Bis zu 108 Wohnungen könnten am Hüttenberg­er Weg gebaut werden. Die Stadt geht aber von maximal 70 Wohneinhei­ten aus.

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