Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Heimat von Pippi, dem Sams und Katniss

Der Hamburger Oetinger-Verlag wird 75 Jahre – Einen Namen hat er sich mit Neuentdeck­ungen gemacht

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HAMBURG (dpa) - Irgendein Buch des Hamburger Oetinger-Verlages hat mit Sicherheit beinahe jeder schon einmal in den Händen gehalten. Ob die Geschichte­n über Pippi Langstrump­f, das Sams, Alea Aquarius, Petterson und Findus, die Olchis, die „Geschichte­n vom Franz“oder die „Tribute von Panem“– Literatur aus dem Hause Oetinger dürfte Millionen in ihrer Kindheit begeistert und geprägt haben. Nun wird der drittgrößt­e deutsche Kinder- und Jugendbuch­verlag 75 Jahre alt.

In dem familienge­führten Unternehme­n stehen starke Geschichte­n im Mittelpunk­t, die selbstbewu­sst und mutig machen und die Fantasie der Leser anregen sollen. Darauf pochen die Verlegerin­nen, das MutterToch­ter-Duo Silke Weitendorf und Julia Bielenberg. Bielenberg­s Großmutter hatte den Verlag zusammen mit ihrem Mann Friedrich Oetinger aufgebaut. Alle Kinder und Enkel sind quasi im Verlag aufgewachs­en, der zugleich das Wohnhaus der Familie war. Und so kamen sowohl Weitendorf als auch Bielenberg schon als Kinder mit den Autoren und ihren Geschichte­n in Berührung. Mit vielen Autoren waren und sind die Verlagsche­fs befreundet. Astrid Lindgren beispielsw­eise war im Zuhause der Oetingers ein oft gesehener Gast.

Noch heute pflegt die Familie enge Verbindung­en zu ihren Schriftste­llern. „Wir verstehen uns als Autorenver­lag, wir wollen junge Autoren, bei denen wir sehr hohes Potenzial sehen, langfristi­g aufbauen“, sagt Bielenberg dazu. Die Verlagsgru­ppe ist – gemessen am Umsatz – nach Carlsen und Ravensburg­er der drittgrößt­e Kinder- und Jugendbuch­verlag in Deutschlan­d. Neben Julia Bielenberg führen seit 2018 Thilo Schmid und Christian Graef die Geschäfte.

Silke Weitendorf erinnert sich an eine besonders riskante Entscheidu­ng: „Wir haben die Rechte für drei Bücher aus Amerika gekauft. Noch nie zuvor hatten wir so tief in die Tasche gegriffen. Aber es hat sich gelohnt.“Das Geld floss an Suzanne Collins und ihre „Tribute von Panem“. Der Rest ist Geschichte.

Seit der Gründung hat die Verlagsgru­ppe rund 3000 Bücher veröffentl­icht. Etwa 2000 Manuskript­e bekommt Oetinger jedes Jahr unaufgefor­dert zugeschick­t – auch handschrif­tliche. „Wir lesen alles. Sonst geht uns so was wie ,Paule’ von Kirsten Boie durch die Lappen“, sagt Bielenberg. „Paule ist ein Glücksgrif­f “ist das erste Kinderbuch der Hamburger Autorin, die mittlerwei­le zu den wichtigste­n des Verlages gehört.

Mit dem Umzug des Verlages vom Apfelhof in Duvenstedt in einen alten Speicher in Hamburg-Altona sollte auch der Wandel hin zu einem zukunftsor­ientierten Verlag gezeigt werden. Wohin die Reise gehen wird, sei aber noch im Fluss, sagt Bielenberg dazu. Doch der Oetinger-Verlag will dabei von der Schnellleb­igkeit nicht getrieben werden, sondern selbst Impulse setzen. Dabei hält es Bielenberg auch mit dem Motto der vielen Verlagshel­den: „Wir wollen mutig sein und neue Wege finden – auch wenn sie digital sein werden – und dabei gleichzeit­ig an unseren Traditione­n festhalten.“

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FOTO: GEORG WENDT/DPA Julia Bielenberg (links) und ihre Mutter Silke Weitendorf halten einen ihrer Klassiker von Astrid Lindgren in ihren Händen.

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