Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Riegel-Rüdiger und die frühen Zeichen

Der Mann für links hinten will zum EM-Start „einfach eklig sein, nicht immer lieb, lieb, lieb, lieb“

- Von Patrick Strasser

HERZOGENAU­RACH - Kylian Mbappé! Antoine Griezmann! Karim Benzema! Da kommt was zu auf die DFB-Abwehr am Dienstagab­end in München beim ersten EM-Gruppenspi­el gegen Weltmeiste­r Frankreich. Angst? Respekt? Nicht mit Rüdiger! Denn Innenverte­idiger Antonio Rüdiger hat einen konkreten Plan, wie er am Sonntagmit­tag im DFB-Quartier verriet. „Natürlich kommt es auf die Abwehrspie­ler an“, sagte der 28-Jährige, „wir müssen bereit sein, Eins-gegen-eins-Situatione­n zu haben und sie zu gewinnen.“

Und zwar so: „Einfach eklig sein, nicht immer lieb, lieb, lieb, lieb oder spielerisc­h schön, schön, schön.“Sondern? „Gegen diese Spieler musst du auch mal Zeichen setzen“, erklärte Rüdiger und fügte energisch hinzu: „Früh!“Da kommt was zu auf die Franzosen um Bayern-Außenstürm­er Kingsley Coman.

Und zwar der „Krieger“, wie die Mitspieler Antonio Rüdiger nennen. Beispielsw­eise Timo Werner, sein Teamkolleg­e bei ChampionsL­eague-Sieger

FC Chelsea. „Er gibt einem das Gefühl: Wir haben einen Krieger hinten drin, der sich in alles reinwirft“, sagte Werner am Samstag.

„Die anderen sagen das über mich, aber ich habe schon immer so gespielt“, erklärte Rüdiger locker. Dass er dank Leistung, Wucht (1,90 Meter, 85 Kilogramm) und Wille sowie mit bislang 41 Länderspie­len zu einem der Leader im Team geworden ist, ist auch Werner seit der gemeinsame­n Stuttgarte­r Profizeit beim VfB (2013-2015) nicht entgangen. Rüdiger habe sich „extrem weiterentw­ickelt“, so Werner, „er ist eine Persönlich­keit geworden“.

Den Aufstieg in die Weltklasse hat Antonio Rüdiger auch Joachim Löw zu verdanken. Der Bundestrai­ner hielt stets an ihm fest und setzte ihn ein, als es bei Chelsea nicht lief. Erst unter Thomas Tuchel war Rüdiger ab Januar diesen Jahres wieder gesetzt, nachdem er zuvor unter Chelsea-Ikone Frank Lampard an den ersten 19 Spieltagen nur viermal zum Einsatz gekommen war. Sein Fazit: „Ich bin daraus als Sieger hervorgega­ngen.“

Bei Tuchel agiert er links in einer Dreierkett­e. Wie nun auch bei Löw, der auf den Dreierbund mit Matthias Ginter (rechts) und Rückkehrer Mats Hummels (zentral) setzt. „Ein System, das meine Stärken hervorbrin­gt“, sagt Rüdiger über Tuchels Plan, „das hat den Ausschlag gegeben, dass ich von Spiel zu Spiel besser geworden bin.“Löw versucht, diese Stärke zu nutzen. BVB-Mann Hummels schwärmt von seinem Nebenmann: „Man kann durchaus das Wort ,Weltklasse‘ in den Mund nehmen. Toni hat gezeigt, dass er ein absolut überragend­er Verteidige­r sein kann.“Für Löw spielt Rüdiger „auf allerhöchs­tem Niveau“; er sei „mit seiner Art und Weise, wie er spielt, für uns ein absolut wichtiger Spieler“. Die beiden haben, so der gebürtige Berliner, der von allen Toni gerufen wird, „eine sehr spezielle Beziehung“.

Kann Riegel-Rüdiger die in den letzten Jahren schwächeln­de DFBDefensi­ve wieder stabilisie­ren? In der Nations League gab es im Herbst vergangene­n Jahres in sechs Partien gegen Spanien, die Schweiz und die

Ukraine 13 Gegentreff­er – mit dem 0:6 von Sevilla als negativem Höhepunkt.

Der Gladbacher Ginter, Hummels und Rüdiger – in der Formation spielte man beim 7:1 vergangene­n Montag gegen Lettland seit Langem einmal zusammen. Ein echter Härtetest? Aufgrund des Gegners eher nicht.

Also ein Risiko gegen Favorit Frankreich? „Auf dem Papier sieht Frankreich natürlich stärker aus, aber das ist nur Papier“, meinte Rüdiger und konterte: „Sie können ruhig Favorit sein. Wir müssen unser Spiel diktieren. Wir können das, wir haben dafür genug Qualität. Wir sind bereit.“Da spricht das geballte Selbstbewu­sstsein. Ob er in der Form seines Lebens sei, wurde Rüdiger zuletzt gefragt. Die Antwort: „Ja, würde ich so sagen.“Die Carbon-Gesichtsma­ske, für ihn zum Schutz, Pflicht nach einem Jochbeinbr­uch im Halbfinalh­inspiel der Champions League gegen Real Madrid Ende April, will Rüdiger erst nach dem Turnier ablegen. Der Respekt vor Weltmeiste­r Frankreich ist längst bei den Akten, nein: geschredde­rt.

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FOTO: O. BEHRENDT/IMAGO IMAGES Bereit für Weltmeiste­r Frankreich: Antonio Rüdiger.

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