Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Mehr Wohnraum auf weniger Fläche
Regionalplan weist 320 Hektar für Baugebiete aus – Zuzug von 29 000 Menschen angenommen
KREIS RAVENSBURG - Mit der Verabschiedung des Regionalplans ist klar, wo in den kommenden 15 bis 20 Jahren in der Region Bodensee-Oberschwaben noch größere Baugebiete entstehen können. Insgesamt 320 Hektar an Vorrangflächen für den Wohnungsbau sind in dem Papier ausgewiesen. Gebaut werden kann vor allem noch in den größeren Städten. Erstmals wird im Regionalplan auch vorgeschrieben, wie viele Menschen auf einem Hektar Neubaugebiet künftig wohnen sollen.
Basis für die Berechnung des Bedarfs an Wohnraum ist die Entwicklung der Bevölkerungszahl. Dem Regionalverband wurde an dem Punkt von Kritikern wiederholt vorgeworfen, dass er mit zu hohen Zahlen arbeite. „Fakt ist, dass wir höhere Zahlen zugrunde legen als das Statistische Landesamt“, sagt der scheidende Verbandsdirektor Wilfried Franke. Die Daten vom „Stala“seien aber in der Vergangenheit immer zu niedrig angesetzt gewesen. Deshalb habe man eigene Berechnungen angestellt und mit Zuschlägen gemäß der Entwicklung aus der Vergangenheit gearbeitet. Für das gesamte Gebiet des Regionalverbandes (Landkreise Sigmaringen, Ravensburg und Bodensee) rechnet Franke mit einem Bevölkerungswachstum von 29 000 Menschen in den kommenden 15 bis 20 Jahren. Damit bleibe man noch unter der Berechnung
des Marktforschungsinstituts Prognos (im Auftrag der Wohnraumallianz des Landes), das von einem Wachstum von 32 000 Menschen in der Region ausgeht. Eine Untersuchung der Fachbehörde des Bundes (BBSR) komme zum Ergebnis 28 700. „Auch wir wissen nicht, wie viele Einwohner wir im Jahr 2035 haben werden“, meint Franke, „aber wir haben langjährige Erfahrung.“Die Zuschläge seien gut begründet. Die Region hoch attraktiv: „Zu uns kommen Menschen im erwerbsfähigen Alter und wir suchen ja auch nach Fachkräften.“Dazu kämen Rentner und Pensionäre, die im Alter auf See und Berge schauen wollten. „Diese Realität wollen wir abbilden und nicht irgendwelche Wunschvorstellungen.“Jeder Bürgermeister habe lange Listen mit Leuten, die eine
Wohnung oder ein Grundstück suchten. Dazu komme die Freizügigkeit in Europa, man könne niemandem verbieten in die Region zu kommen, wenn er einen Job finde. „Deshalb geht es um die Frage, schaffen wir denen ein Dach über’m Kopf oder nicht?“. Insgesamt hat der Regionalverband deshalb 320 Hektar Land als „regional bedeutsame Schwerpunkte des Wohnungsbaus“im Regionalplan hinterlegt. Sie müssen von den Kommunen für diese Nutzung freigehalten werden. Erstmals schreibt der Regionalverband für diese Gebiete auch bestimmte „Dichtewerte“vor. Es wird also festgelegt, wie viele Personen hier künftig auf einen Hektar bezogen wohnen sollen. Für Oberzentren wie Ravensburg oder Friedrichshafen gilt zum Beispiel künftig die „Mindest-Bruttowohndichte“
von 95, für Mittelzentren wie Sigmaringen, Überlingen oder Wangen 85. „Das war uns wichtig, um flächensparend zu handeln“, erklärt Franke. Was letztendlich bedeutet, dass künftig stärker in die Höhe gebaut werden müsse: „Mehr Wohnraum auf weniger Quadratmeter.“Mit den Kommunen gab es, was die Festlegung der Schwerpunkt-Gebiete betrifft, keine Verwerfungen, meint Franke. Ob auf den Flächen gebaut wird oder nicht, hätten die Städte und Gemeinden mit ihren Gremien ohnehin selbst in der Hand. Und: Neben den Schwerpunkten im Regionalplan „haben die Gemeinden noch weitere Entwicklungspotenziale“, so Franke. Sie brauchen dafür jedoch Flächen, „auf denen im Regionalplan keine Restriktion ist“. Das sind die sogenannten „Weißflächen“. Im Zuge der Flächennutzungsplanung muss die jeweilige Gemeinde außerdem den Bedarf an Wohnflächen nachweisen. Nachverdichtung im inneren der Gemeinde geht vor Außenentwicklung. So können auch kleine Gemeinden künftig noch Baugebiete ausweisen. Der Spielraum sei hier aber nicht groß. Denn 57 Prozent aller Flächen im Gebiet des Regionalverbandes seien mittlerweile unter „Freiraumschutz“. Das wiederum habe bei der Erstellung des Regionalplans teilweise zu heftigen Diskussionen mit den Bürgermeistern geführt. „Gerade weil wir die regionalen Grünzüge manchmal sehr nah an die Orte gelegt haben“.