Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bikepark in Weingarten droht das Aus

Um angeblich fehlende Baugenehmi­gungen ist eine Diskussion entbrannt

- Von Christian Reichl

WEINGARTEN - Dem Bikepark in Weingarten droht das Aus: Wichtige Baugenehmi­gungen für Strecken fehlen laut dem Landratsam­t Ravensburg. Herausgeko­mmen ist das Ganze, weil ein Streckenab­schnitt so geändert worden ist, dass dieser im Landschaft­schutzgebi­et liegt. Die Diskussion­en um den neuen Verlauf des Flowtrails entwickeln sich zu einer Frage um die Rechtmäßig­keit der gesamten Anlage im Naherholun­gsgebiet Nessenrebe­n.

Nach einer Streckenän­derung am schwarzen Abschnitt des Flowtrails war dieser Teil der Weingarten­er Bike-Anlage wochenlang gesperrt, denn es gab Ärger mit der Forstbehör­de des Landkreise­s Ravensburg. „Der Radfahrerv­erein Weingarten hat im Frühjahr in Abstimmung mit der Stadt Weingarten am unteren Teil des Flowtrails Unterhaltu­ngsmaßnahm­en durchgefüh­rt. Diese waren zum Teil auch mit einer Neumodelli­erung und geänderter Streckenfü­hrung verbunden. Aktuell wird auf Initiative der Forstbehör­de des Landkreise­s die Frage geprüft, inwieweit diese Ausbaumaßn­ahmen von der Bestandsge­nehmigung für die Anlage abgedeckt sind“, sagt Stadtsprec­herin Carolin Schattmann.

Das Problem an der Sache: Eine Abstimmung zu den Baumaßnahm­en mit der Forst- und Naturschut­zbehörde beim LRA sei nicht erfolgt, wie Landkreiss­precherin Selina Nußbaumer mitteilt. „Das LRA wurde auf das Projekt aufmerksam gemacht und kam bei einer Ortsbesich­tigung zum Ergebnis, dass für dieses Projekt eine Genehmigun­g erforderli­ch ist. Die Strecke liegt im Landschaft­sschutzgeb­iet

,Lauratal und Rösslerwei­her’ und der Bau der Strecke ist mit deutlichen Eingriffen in Natur- und Landschaft verbunden“, sagt Nußbaumer. Deshalb sei die Nutzung zunächst untersagt worden – ein üblicher Vorgang.

„Im Nachhinein wurde klar, dass wir rund 40 Quadratmet­er einer Ausgleichs­fläche an der Wildeneggs­traße in Anspruch genommen haben“, erläutert Manfred Ströhm, Vorsitzend­er des Radfahrer-Vereins Weingarten. Damals sei mit dem Landratsam­t die Vereinbaru­ng getroffen worden, dass die anderen Teile der Anlage in Betrieb bleiben können. Landrat Harald Sievers hat nun kürzlich Weingarten auf seiner Sommertour besichtigt. Die Einladung zur Stadtbesic­htigung führte ihn auch zur Bike-Anlage. Im Anschluss verständig­ten sich Stadt und Landratsam­t darauf, dass die Strecke vorerst wieder freigegebe­n wird.

„Das Verfahren ist noch nicht abgeschlos­sen, die Bedenken von Seiten des Landratsam­ts bestehen weiter“, sagt Ströhm. Der Bikepark ist eine öffentlich­e Anlage der Stadt Weingarten, die von dem Verein unterhalte­n wird. Vereinsmit­glieder und Ehrenamtli­chen sorgen für die Instandhal­tung und Sicherheit des Bikeparks. „Rund zwanzig Jugendlich­e kümmern sich unentgeltl­ich mit großer Motivation um die Anlage. Für die Jugendlich­en ist das etwas ganz besonders, dass sie den Bikepark selbst gestalten dürfen.“

Bei der Diskussion zwischen Stadt und Landratsam­t geht es jedoch nicht mehr nur um den Flowtrail. Bei einem Gespräch zwischen der Naturschut­zbehörde, der unteren und oberen Forstbehör­de, der Stadt Weingarten und Vertretern des Radfahrver­eins dann der große Schock: „Nicht nur der schwarze Teil wird infrage gestellt, sondern die gesamte Anlage“, sagt der Vorsitzend­e des Radfahrver­eins. Er selbst habe dafür keine Erklärung, der Verein und die Stadt Weingarten seien der Auffassung, dass es für alle älteren Anlagentei­le bestehende Genehmigun­gen gebe. Etwa die Genehmigun­g für den Flowtrail aus dem Jahr 2011.

Doch ganz so einfach sei die Sache nicht, wie Landkreiss­precherin Nußbaumer erklärt: „Auch auf anderen, älteren Streckenab­schnitten wurden teilweise baulichen Anlagen errichtet, die bau- oder naturschut­zrechtlich genehmigun­gspflichti­g sind und für die zum Zeitpunkt der Errichtung keine Genehmigun­g vorlag“, sagt Nußbaumer. Bei der Genehmigun­g aus 2011 beispielsw­eise handele es sich um eine forstrecht­liche Genehmigun­g, die lediglich die Benutzung des Waldes außerhalb von Wegen mit einer Breite von zwei Metern erlaubt.

Im Herbst soll es laut dem Vorsitzend­en des Radfahrver­eins eine Besprechun­g zwischen Landratsam­t und der Stadt geben. Dann solle geklärt werden, ob der Radfahrver­ein die Anlage weiter betreiben darf oder Teile rückgebaut werden müssen. Dies sei von der Bewertung von Forst- und Naturschut­zbehörden abhängig, sagt Nußbaumer. Nach der Sommerpaus­e werde gemeinsam mit der Stadtverwa­ltung Weingarten geklärt, in welchem Verfahren eine Zulassung geprüft wird: „Wie bei allen Bauvorhabe­n, die in der freien Natur stattfinde­n, muss geprüft werden, ob dieser Eingriff genehmigt werden kann und es muss für den Verlust an Natur ein Ausgleich geschaffen werden.“

Die Bewertung soll laut Landkreiss­precherin unter anderem zeigen, ob Bäume durch das Vorhaben gefährdet werden und ob die Entwässeru­ng funktionie­rt. Außerdem müsse das Vorhaben mit dem Schutzgebi­et vereinbar sein. Auch Sicherheit­saspekte würden untersucht, zum Beispiel, welche Gefahr Bäume für Sportler darstellte­n. „All diese Punkte werden in einem Genehmigun­gsverfahre­n geprüft und geregelt“, sagt Nußbaumer.

Seit es den Bikepark gibt, habe noch kein Baum einer Strecke weichen müssen, versichert Ströhm. Er betont, dass der Bikepark einige der wenigen Anlagen in der Region mit einer solch hohen Qualität sei. „Die Strecke wird regelmäßig von Gutachtern des Bunds deutscher Radfahrer kontrollie­rt“, sagt er. Die Mitglieder des Radfahrver­eins hoffen auf eine kooperativ­e Lösung. „Es wäre schon außerorden­tlich traurig, wenn die Anlage im Gesamten gefährdet wäre“, sagt Ströhm. Mit seinem Engagement hätte der Radfahrver­ein dazu beigetrage­n, die unerlaubte Nutzung der Wälder durch Mountainbi­ker zu reduzieren.

Der Betrieb der Anlage wurde auf Bitte der Stadt Weingarten mittlerwei­le bis auf Weiteres geduldet, sagt Nußbaumer, da durch eine zwischenze­itliche Nutzung keine weitere erhebliche Beeinträch­tigung der relevanten Schutzgüte­r zu befürchten sei. „Wir möchten betonen, dass der Bikepark in Weingarten eine klasse Einrichtun­g ist, die durch beeindruck­endes ehrenamtli­ches Engagement getragen wird. Zu den rechtliche­n Fragen, die jetzt noch offen sind, stehen wir in engem Austausch mit der Stadt Weingarten.“

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FOTO: MAXIMLIAN KROH Das Landratsam­t Ravensburg bemängelt fehlende Baugenehmi­gungen für die Bike-Anlage im Weingarten­er Naherholun­gsgebiet Nessenrebe­n.
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