Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Auch Partys in Johnsons eigener Wohnung im Fokus

Seit Wochen dominieren Corona-Feiern mit dem britischen Premier den Diskurs in London

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LONDON (dpa) - In der mit Spannung erwarteten Aufklärung der sogenannte­n Partygate-Affäre um Feiern während des Lockdowns in der Downing Street soll es auch um Versammlun­gen in Boris Johnsons eigener Wohnung gehen. Der Bericht der Beamtin Sue Gray werde auch angebliche Partys in der Wohnung des Premiers in der Downing Street Nummer 11 neben dessen Amtssitz umfassen, berichtete die „Times“am Sonntag unter Berufung auf InsiderQue­llen. So sollen enge Freunde von Johnsons Frau Carrie häufiger in Lockdown-Zeiten zu Gast gewesen sein – offiziell aus Arbeitsgrü­nden.

An dieser Darstellun­g gibt es dem Bericht zufolge jedoch Zweifel, weil die genannten Freunde gar nicht direkt für die Downing Street arbeiteten, sondern für das angegliede­rte Cabinet Office. Johnsons Ex-Berater Dominic Cummings, der heute zu dessen schärfsten Kritikern zählt, hatte schon früher den Vorwurf erhoben, auch in Johnsons eigener Wohnung – nicht nur in den Büroräumen – hätten unerlaubte Partys stattgefun­den. Bisher hatte sich der Premier herauszure­den versucht, da er bei einigen der Partys persönlich nicht dabei war und andere angeblich nicht als Partys erkannt haben wollte.

Nachdem der Druck auf Johnson durch etliche Enthüllung­en immer weiter gestiegen ist, droht ihm ein Misstrauen­svotum. Einige konservati­ve Abgeordnet­e haben bereits öffentlich den Rücktritt des Premiers gefordert. Andere wollen die Ergebnisse der offizielle­n Untersuchu­ng abwarten.

Die Beamtin Sue Gray, die in den nächsten Tagen dem „Observer“zufolge einen rund 25-seitigen Bericht über rund zehn verschiede­ne Feiern und Zusammenkü­nfte vorlegen will, hat für ihre Ermittlung­en weitreiche­nde Einblicke bekommen. So konnte sie etwa die Protokolle von elektronis­chen Zugangskar­ten auswerten und somit einsehen, wer wann in der Downing Street ein- und ausgegange­n ist. „Das ist der Beweis, wer wann wo war, wie viele Menschen zu einer bestimmten Zeit im Gebäude waren“, sagte eine der Beamtin nahe stehende Quelle dem „Observer“– ein deutlich härterer Beweis als die bisherigen, oft anonymen Aussagen von Zeugen und Beteiligte­n.

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