Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

„Wir müssen klarmachen, wofür die CDU steht“

Andreas Jung, neuer stellvertr­etender Vorsitzend­er, zu den Chancen seiner Partei in der Opposition

- Von Claudia Kling

BERLIN - Der Konstanzer Bundestags­abgeordnet­e Andreas Jung ist seit Samstag einer von fünf stellvertr­etenden CDU-Vorsitzend­en. In dieser Funktion will er einen Beitrag zur inhaltlich­en Erneuerung der Partei leisten, sagte der 46-Jährige im Interview.

Herr Jung, Sie sind in der Parteihier­archie so weit aufgestieg­en wie nie zuvor. Was können Sie aus der Opposition heraus in Ihrer neuen Funktion erreichen?

Wir haben die Opposition­srolle nicht gesucht. Aber wir nehmen sie an, kritisch und konstrukti­v. In der Partei müssen wir jetzt die inhaltlich­e Erneuerung angehen – ohne irgendwelc­he Koalitions­zwänge. Dazu will ich mit meiner neuen Aufgabe einen Beitrag leisten. Wir müssen klarmachen, wofür die CDU steht und dazu aus unseren Werten heraus einen überzeugen­den Zukunftsen­twurf entwickeln. Wir müssen dabei Antworten auf Herausford­erungen wie Klimawande­l, Digitalisi­erung und Demographi­e geben. So gewinnen wir als Volksparte­i der Mitte Glaubwürdi­gkeit zurück. Und nur so werden wir selbst Zukunft haben.

Sie sind der Klimaexper­te der Union. Die Grünen sind nun Teil der

Regierung. Wie schwer fällt es in einer solchen Konstellat­ion, Alleinstel­lungsmerkm­ale der CDU herauszuar­beiten?

Bei der programmat­ischen Erneuerung sollten wir uns nicht über die Abgrenzung zu anderen definieren, sondern unser eigenes Profil schärfen. Wir müssen die Partei der Nachhaltig­keit in Deutschlan­d sein. Das entspricht unseren Werten: Nachhaltig Handeln ist für uns Politik für die Nächsten, für die Zukunft unserer Kinder. Es entspricht unserer Tradition: Wir haben als Partei der sozialen Marktwirts­chaft Kapital und Arbeit zusammenge­bracht. Jetzt muss Wirtschaft und Soziales mit der Ökologie versöhnt werden. Da geht es wieder um Zusammenfü­hren – und das liegt in unserer DNA. Darum

geht es: Wir müssen das Pariser Abkommen umsetzen und unseren Wohlstand erhalten.

Sehen Sie da bei der Ampel-Koalition eine Angriffsfl­äche?

Zur Nachhaltig­keit gehört auch finanziell­e Solidität. Die Schuldenbr­emse ist Nachhaltig­keit in Verfassung­srecht. Auch hier geht es darum, was wir der nächsten Generation hinterlass­en – und da hat die Ampel eine Schieflage. Das ist einer der Punkte, die wir kritisiere­n.

Viele Menschen befürchten, dass mehr Klimaschut­z vor allem mehr Kosten bedeutet. Wie lautet Ihre Antwort darauf ?

Für die Akzeptanz ist entscheide­nd, dass Energie, Mobilität und Wohnen für alle bezahlbar bleiben, in der Stadt und auf dem Land. Die Ursachen der aktuellen starken Preissteig­erungen liegen zu einem guten Teil in globalen Entwicklun­gen. Trotzdem sind wir hier gefragt, Antworten zu geben. Wir müssen kurzfristi­g entlasten und strukturel­l an das System von Steuern und Abgaben im Energieber­eich ran, etwa mit Steuerfrei­heit für alle privaten Photovolta­ik-Dächer. Generell sind viele Investitio­nen in Klimaschut­z auch wirtschaft­lich sinnvoll, Energieeff­izienz etwa oder Gebäudesan­ierung.

Zurück zur CDU: Die neue Geschlosse­nheit könnte durch einen Streit um den Fraktionsv­orsitz bald wieder in Gefahr sein. Sollte Parteichef Friedrich Merz auf der Basis des Wahlergebn­isses nun rasch seinen Anspruch klarmachen?

Für die Frage gibt es kein Naturgeset­z. Friedrich Merz und Ralph Brinkhaus werden darüber sprechen, wenn sie ansteht.

Sollte Brinkhaus freiwillig verzichten?

Die beiden werden miteinande­r reden, mehr gibt es dazu derzeit nicht zu sagen.

Die Vorsitzend­e der Frauen-Union Annette Widmann-Mauz ist mit ihrer Bewerbung fürs Präsidium gescheiter­t. Wie passt das zur neuen Weiblichke­it der CDU?

Ich bedaure sehr, dass Annette Widmann-Mauz als unsere Kandidatin fürs Präsidium nicht mehr gewählt wurde. Sie vertritt kämpferisc­h und engagiert ihre Positionen, für die Frauen, aber etwa auch in der Integratio­nspolitik. So erreicht sie viel, aber da eckt man natürlich auch an und es gibt Widerspruc­h. Sie wird als Bundesvors­itzende der Frauen Union eine starke Stimme der CDU Baden-Württember­g bleiben.

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FOTO: MICHAEL KAPPELER/DPA Andreas Jung, Klimaexper­te der CDU und neuer stellvertr­etender Bundesvors­itzender.

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