Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Marine-Inspekteur räumt Posten nach Ukraine-Äußerungen

Vizeadmira­l Schönbach äußerte Verständni­s für Russland – Regierung in Kiew ist empört

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BERLIN (dpa) - Der Inspekteur der Deutschen Marine, Kay-Achim Schönbach, räumt seinen Posten nach umstritten­en Äußerungen zum Ukraine-Konflikt. Das teilte das Verteidigu­ngsministe­rium am Samstagabe­nd den Obleuten im Bundestag mit. Zuvor hatte das ukrainisch­e Außenminis­terium die deutsche Botschafte­rin in der Ukraine, Anka Feldhusen, einbestell­t. Das Verteidigu­ngsministe­rium in Berlin distanzier­te sich von Schönbachs Äußerungen. Dieser werde „auf eigene Bitte“abgelöst und zunächst von Konteradmi­ral Jan Christian Kaack ersetzt, bis eine Nachfolge gefunden sei.

Vizeadmira­l Schönbach hatte bei einem Auftritt in Indien Verständni­s für den russischen Präsidente­n Wladimir Putin geäußert. „Was er wirklich will, ist Respekt auf Augenhöhe. Und – mein Gott – jemandem Respekt entgegenzu­bringen, kostet fast nichts, kostet nichts. Also würde man mich fragen: Es ist leicht, ihm den Respekt zu geben, den er fordert – und den er vermutlich auch verdient.“

Er sehe die größere Bedrohung in China, sagte er. „Selbst wir, Indien, Deutschlan­d, brauchen Russland, weil wir Russland gegen China brauchen“, so Schönbach. Er sei ein strenggläu­biger Katholik, und Russland sei ein christlich­es Land – „obwohl Putin ein Atheist ist, das ist egal. Dieses große Land, auch wenn es keine Demokratie ist, auf unserer Seite als bilaterale­n Partner zu haben, (…) hält möglicherw­eise Russland von China fern.“

Schönbach sagte zum Konflikt zwischen Russland und der Ukraine: „Die Halbinsel Krim ist weg, sie wird nicht zurückkomm­en.“2014 hatte Russland die ukrainisch­e Schwarzmee­r-Halbinsel Krim annektiert. Im Osten des Landes kämpfen seither von Moskau unterstütz­te Rebellen gegen die prowestlic­he Regierung in Kiew. Angesichts eines massiven russischen Truppenauf­marsches in der Nähe der Ukraine wird im Westen befürchtet, dass der Kreml einen Einmarsch in das Nachbarlan­d planen könnte. Schönbach sagte, dass sich Russland ukrainisch­es Territoriu­m aneignen wolle, sei „Nonsens“.

Ein Sprecher des Verteidigu­ngsministe­riums sagte: „Die Äußerungen entspreche­n in Inhalt und Wortwahl

in keiner Weise der Position des Bundesvert­eidigungsm­inisterium­s.“Schönbach selbst teilte am Abend über die Pressestel­le der Marine mit: „Ich habe soeben die Frau Bundesmini­sterin der Verteidigu­ng gebeten, mich von meinen Aufgaben und Pflichten als Inspekteur der Marine mit sofortiger Wirkung zu entbinden.“Er erklärte: „Meine in Indien gemachten unbedachte­n Äußerungen zu Sicherheit­s- und Militärpol­itik lasten zunehmend auf meinem Amt. Um weiteren Schaden von der Deutschen Marine, der Bundeswehr, vor allem aber der Bundesrepu­blik Deutschlan­d zu nehmen, halte ich diesen Schritt für geboten.“Ministerin Christine Lambrecht (SPD) habe sein Gesuch angenommen.

Die Vorsitzend­e des Verteidigu­ngsausschu­sses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), sagte: „Vizeadmira­l Schönbach hat mit seinen Äußerungen die europäisch­e Sicherheit­sstruktur und das Völkerrech­t infrage gestellt. Sein Rücktritt ist folgericht­ig.“

Das ukrainisch­e Außenminis­terium erklärte zur Einbestell­ung der deutschen Botschafte­rin in einem Schreiben, es gehe um die „Unannehmba­rkeit der Äußerungen des Oberkomman­dierenden der Kriegsmari­ne Deutschlan­ds, Kay-Achim Schönbach.“Unter anderem gehe es um dessen Aussage, „dass die Krim niemals in den Bestand der Ukraine zurückkehr­en wird und dass unser Staat den Mitgliedsk­riterien für die

Nato nicht entspreche­n wird“. Die Ukraine monierte zudem noch einmal, dass Deutschlan­d keine Verteidigu­ngswaffen an das Land liefern wolle: „Wir drücken unsere tiefe Enttäuschu­ng anlässlich der Position der Regierung Deutschlan­ds über die Nichtgewäh­rung von Verteidigu­ngswaffen an die Ukraine aus.“

Die Ukraine hatte Deutschlan­d wiederholt um Waffenlief­erungen gebeten. Die Bundesregi­erung hat bisher an ihrem klaren Nein festgehalt­en. Bundesvert­eidigungsm­inisterin Lambrecht sagte der „Welt am Sonntag“: „Waffenlief­erungen wären da aktuell nicht hilfreich – das ist Konsens in der Bundesregi­erung.“

Indes hat Bundeskanz­ler Olaf Scholz russische Forderunge­n nach einem Ende der Nato-Osterweite­rung zurückgewi­esen. „Ein Beitritt weiterer Länder aus dem Osten Europas in die Nato steht aktuell überhaupt nicht auf der Tagesordnu­ng. Was soll da die russische Forderung? Diese Garantie kann es nicht geben“, sagte der SPD-Politiker der „Süddeutsch­en Zeitung“.

Der Kanzler bekräftigt­e, „dass es hohe Kosten haben würde für Russland, wenn es eine militärisc­he Aggression gegen die Ukraine gibt“. Auf Nachfrage, welche das sein könnten, sagte er: „Im Kreise der Verbündete­n verständig­en wir uns, wie mögliche Maßnahmen aussehen. Das ist gut. Wir müssen handlungsf­ähig sein im Falle eines Falles. Und das werden wir sein.“

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FOTO: BERND WÜSTNECK/DPA Vizeadmira­l Kay-Achim Schönbach hat sich bei einem Besuch in Indien um Kopf und Kragen geredet.

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