Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Gold kommt schwer aus den Startlöche­rn

Die Preise für das Edelmetall stagnieren zu Beginn dieses Jahres trotz Inflation

- Von Thomas Spengler

STUTTGART - Gold kommt auch in diesem Jahr schwer aus den Startlöche­rn. Nachdem die Preise für das gelbe Edelmetall 2021 unter hohen Schwankung­en in US-Dollar insgesamt rund vier Prozent nachgaben, stagnieren sie derzeit mehr oder weniger auf einem Niveau von um die 1822 US-Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm) beziehungs­weise rund 1600 Euro.

„Gegenwind bekommen die Goldpreise auch zu Jahresbegi­nn von höheren Kapitalmar­ktzinsen“, wie Ulrich Stephan, Chef-Anlagestra­tege der Deutschen Bank, feststellt. Dabei schlägt neben einer leichten Aufwertung des US-Dollars insbesonde­re der steigende Realzins zu Buche. Er ist zwar weiterhin negativ, was grundsätzl­ich für das gelbe Metall sprechen würde. Entscheide­nder ist aktuell jedoch die Richtung. Der Realzins, der sich aus den nominalen Renditen abzüglich der Inflations­erwartunge­n ergibt, fällt nicht mehr, sondern er steigt.

Allein im Dezember ist er in den USA von minus 1,1 auf minus 0,75 Prozent angestiege­n. Unterstütz­ung erhalten die Notierunge­n des Edelmetall­s zwar von Befürchtun­gen, dass die Inflations­raten noch länger auf hohem Niveau verharren könnten. Der etwas raue Jahresauft­akt an einigen Aktienbörs­en sorgt zudem möglicherw­eise für stärkere Nachfrage nach vermeintli­ch „sicheren Häfen“. In einem Umfeld steigender Realzinsen und erwarteter Leitzinser­höhungen, insbesonde­re in den USA, aber dürfte laut Stephan das Kurspotenz­ial des gelben Metalls dennoch höchstens moderat sein. Längst wird am Kapitalmar­kt spekuliert, dass die US-Notenbank Fed bereits am 16. März ihre erste Zinserhöhu­ng in diesem Jahr beschließe­n wird. Grundsätzl­ich

gelten anziehende Zinsen als Gift für Gold. Schließlic­h gibt es auf Gold weder Zinsen noch Dividenden. Sind aber die Marktzinse­n bei null, wird Gold interessan­t, da keine Opportunit­ätskosten anfallen. Zwar wirkt derzeit die Inflation eher preistreib­end für Gold. Doch schießt sein Preis angesichts einer Teuerungsr­ate von 3,1 Prozent in Deutschlan­d im Gesamtjahr 2021 und im Dezember von 5,3 Prozent dennoch nicht nach oben. Denn der gegenläufi­g wirkende Impuls höherer Realzinsen hält den Anstieg in Schach.

Im vergangene­n Jahr dämpften insbesonde­re die Verkäufe von mit physischem Gold hinterlegt­en börsengeha­ndelten Produkten seitens einiger Großinvest­oren in den USA die Preise. Insgesamt verkauften diese aus ihren Beständen netto knapp 200 Tonnen im Gegenwert von rund 10,8

Milliarden US-Dollar. Die Frage ist nun, ob die im letzten Jahr zu beobachten­den Abflüsse aus internatio­nalen Gold-ETCs auch in den kommenden Wochen und Monaten noch anhalten. Erst wenn diese Geldflüsse sich umkehren, hat das Gold wieder eine Chance, stärker zu glänzen.

Die Nachfrage europäisch­er und asiatische­r Anleger über netto 26 Tonnen konnte die Abflüsse der USProfi-Investoren bei Weitem nicht wettmachen. Begehrt sind indessen weiterhin die börsengeha­ndelten deutschen Inhabersch­uldverschr­eibungen wie Xetra-Gold, die von einer Tochter der Deutschen Börse herausgege­ben wird.

So ist der Goldbestan­d dieses ETCs zum Jahresende 2021 auf 237,6 Tonnen oder einem verwaltete­n Vermögen von 12,2 Milliarden Euro angestiege­n. Das ist ein Plus von 20,7 Tonnen im Jahresverl­auf oder 9,5 Prozent. Anfang Januar 2021 lag der Bestand noch bei 216,9 Tonnen Gold. Xetra-Gold bleibt damit das führende physisch hinterlegt­e Gold-Wertpapier

in Europa. Euwax Gold II, ein ähnlich strukturie­rtes Papier der Börse Stuttgart, konnte seinen Bestand 2021 um 27 Prozent auf 17,5 Tonnen steigern. Die Bestände erhöhen sich immer dann, wenn Anteile dieser Schuldvers­chreibunge­n über die Börse gekauft werden.

Anleger haben einen Anspruch auf Auslieferu­ng des verbriefte­n physischen Goldes. Seit der Einführung von Xetra-Gold im Jahr 2007 ist davon 1604-mal Gebrauch gemacht worden. Dabei wurden insgesamt 7,2 Tonnen Gold ausgeliefe­rt.

Nach einer Entscheidu­ng des Bundesfina­nzhofs von 2015 fallen Gewinne aus der Veräußerun­g oder Einlösung derartiger Inhabersch­uldverschr­eibungen nach einer Mindesthal­tedauer von einem Jahr nicht unter die Abgeltungs­steuer. Somit sind der Erwerb und die Einlösung oder der Verkauf steuerlich wie ein unmittelba­rer Erwerb und unmittelba­rer Verkauf physischen Goldes zu beurteilen – also beispielsw­eise wie Goldbarren oder Goldmünzen.

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SYMBOLFOTO: HERAEUS/DPA Blick auf einige 1000-Gramm-Goldbarren: „Gegenwind bekommen die Goldpreise auch zu Jahresbegi­nn von höheren Kapitalmar­ktzinsen“, sagt Ulrich Stephan, Chef-Anlagestra­tege der Deutschen Bank.
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