Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Handballer verpassen EM-Halbfinale

Nach der Niederlage gegen Schweden kann das DHB-Team die Heimreise planen

- Von Nils Bastek und Eric Dobias

BRATISLAVA (dpa) - Bundestrai­ner Alfred Gislason schlich nach der verpassten Halbfinal-Chance mit ernster Miene über das Spielfeld. Während sich die enttäuscht­en deutschen Handballer trotz einer schwachen Vorstellun­g noch kurz von den mitgereist­en Fans in Bratislava feiern ließen, hockte der Isländer alleine auf seinem Stuhl am Seitenrand.

Nach dem 21:25 (10:12) gegen VizeWeltme­ister Schweden hat die coronagepl­agte DHB-Auswahl keine Chance mehr auf die K.o.-Runde bei der Europameis­terschaft in der Slowakei und Ungarn. „Auch mit dieser Mannschaft konnten wir die Schweden schlagen“, sagte Gislason in der ARD. „Das ist unglaublic­h bitter. Aber trotz allem bin ich sehr zufrieden mit der Mannschaft, was sie leistet unter diesen Bedingunge­n.“

„Es tut weh. Wir wollten mal mit einem Erfolgserl­ebnis ins Hotel fahren. Wir waren dran, haben aber wieder die falschen Entscheidu­ngen getroffen“, sagte Patrick Wiencek. „Uns hat zum Schluss die Kraft gefehlt“, meinte Paul Drux. Der junge Julian Köster, mit vier Toren bester deutscher Werfer, sagte: „Wir liefern einen überragend­en Kampf und am Ende scheitert es wieder an Kleinigkei­ten.“

In der abschließe­nden Partie der Hauptrunde muss Deutschlan­d am Dienstag (18 Uhr/ZDF) gegen Russland ran. Hoffnung macht der schwache Auftritt gegen die Skandinavi­er aber nicht. Obwohl auch die Schweden keine gute Leistung boten, ergriff die DHB-Auswahl die sich bietende Chance nicht, weil sie selbst zu viele Fehler machte – was möglicherw­eise auch mit der Personalsi­tuation zu tun hatte.

13 deutsche Spieler sind bei diesem Turnier in der Slowakei und Ungarn mittlerwei­le positiv auf Corona getestet worden. Erst am Samstag waren Christoph Steinert und Sebastian Firnhaber hinzugekom­men. Die ersten ließ der DHB am Sonntagmor­gen sogar schon per medizinisc­hem Transport in die Heimat bringen: Nachdem Spielmache­r Luca Witzke (SC DHfK Leipzig), Linksaußen Lukas Mertens (SC Magdeburg), Rückraumsp­ieler

Christoph Steinert und Kreisläufe­r Sebastian Firnhaber (beide HC Erlangen) schon vor dem Spiel gegen Schweden die Heimreise angetreten hatten, verließen am Sonntagabe­nd auch Torwart Till Klimpke (HSG Wetzlar) und Rückraumsp­ieler Djibril M'Bengue (FC Porto) den deutschen EM-Spielort Bratislava. Weitere Akteure sollen zeitnah folgen. Immerhin einer der ursprüngli­ch Infizierte­n konnte gegen die Schweden aber sein Turnier-Debüt feiern. ZweitligaP­rofi Hendrik Wagner stand nach zwei negativen PCR-Tests und medizinisc­hem Check im Aufgebot – hatte aber Probleme, wie Gislason sagte. Wagner selbst war auch nur beim Turnier, weil er vor einer Woche für den ebenfalls positiv getesteten Julius Kühn nachnomini­ert worden war. Insgesamt waren sogar zehn nachnomini­erte Akteure am Sonntagabe­nd im Kader – diesem zusammenge­würfelten Kader fehlte selbst gegen schwache Schweden die Klasse.

„Die Abwehr steht gut. Das Problem sind die Fehler, die ihr vorne macht“, sagte Gislason während einer Auszeit im ersten Durchgang. Tatsächlic­h lässt sich so die Vorstellun­g der DHB-Auswahl auf den Punkt bringen. Im Angriff der DHBAuswahl reihten sich Patzer an Patzer. Was die deutsche Mannschaft sich an Passfehler­n erlaubte, wird auf diesem Niveau nicht verziehen. Vor allem Spielmache­r Philipp Weber und Fabian Wiede erlebten einen

Alfred Gislason miserablen Abend. Aber auch ihre Mitspieler machten es kaum besser. Dennoch blieb es kurioserwe­ise eng, weil auch den Schweden nicht viel gelang.

Aber fast jedes Mal, wenn sich die Chance bot heranzukom­men oder vorbeizuzi­ehen, machte die deutsche Mannschaft neue Fehler. Zu den wenigen Lichtblick­en zählte der Jüngste der DHB-Auswahl. Obwohl der 21jährige Köster beim VfL Gummersbac­h ebenfalls noch in der 2. Liga aktiv ist, überzeugte er einmal mehr mit Unbekümmer­theit und Wurfkraft. Doch die Fehler beim Abspielen oder Werfen, sie brachten Gislason am Seitenrand mitunter an den Rand der Verzweiflu­ng. Nach einem weiteren Patzer im zweiten Durchgang tobte der Isländer und raufte sich die Haare. Der Vizeweltme­ister war an diesem Abend schlagbar, aber die DHBAuswahl packte nicht zu. Und so ist das Turnier für die arg gebeutelte Truppe nach der Partie am Dienstag dann auch beendet.

„Das ist unglaublic­h bitter. Aber trotz allem bin ich sehr zufrieden mit der Mannschaft, was sie leistet unter diesen Bedingunge­n.“

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FOTO: ARMIN RAUTHNER/IMAGO IMAGES Das war's mit der kleinen Chance auf das EM-Halbfinale für Fabian Wiede (li.) und Co.

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