Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Plötzlich Medaillenkandidat
Biathlet Doll setzt mit Massenstart-Sieg dickes Ausrufezeichen – DSV-Frauen laufen hinterher
ANTHOLZ (SID) - Nach seiner Machtdemonstration im Massenstart hatte Benedikt Doll am Sonntag zwar „muskuläre Anspannungen“, aber immer noch ein „sehr breites Grinsen“im Gesicht. „Es ist schön, dieses Gefühl genießen zu dürfen“, sagte der 31-Jährige. Dass er „unfassbar glücklich und stolz“sei, musste er nicht extra betonen. Knapp zwei Wochen vor dem Start der Olympischen Spiele in Peking (4. bis 20. Februar) unterstrich Doll am Samstag mit seinem dritten Weltcupsieg eindrucksvoll seine Medaillenambitionen, wollte aber den Druck nicht zu groß werden lassen. „Bei Olympia fängt alles wieder bei null an, aber ich kann locker und entspannt hingehen“, sagte er in der ARD.
Immerhin sorgte Doll im deutschen Biathlon-Lager rechtzeitig für Aufbruchstimmung. „Mit Johannes Thingnes Bö im Laufen mitzuhalten, gibt ihm und dem ganzen Team noch einen richtigen Schub in Richtung Olympia“, sagte der Sportliche Leiter Bernd Eisenbichler nach einem „fantastischen Rennen von Benni“.
Dafür verursachen die deutschen Frauen erhebliche Sorgen. Denise Herrmann belegte bei der Generalprobe im Massenstart über 12,5 km nur den enttäuschenden 23. Platz. Zudem steht nach wie vor ein dickes Fragezeichen hinter Franziska Preuß, die sich nach Fußverletzung und Corona-Infektion in einem Wettlauf gegen die Zeit befindet. Nur der siebte Rang von Vanessa Voigt am Sonntag – ihr bestes Weltcup-Ergebnis – war halbwegs versöhnlich.
Dagegen setzte Doll über die 15 km mit dem Sieg vor den favorisierten Norwegern Bö und Sturla Holm Lägreid ein „absolutes Highlight“. Zuletzt hatte der Sprint-Weltmeister von 2017 schon mit Platz zwei im Sprint von Ruhpolding gezeigt, dass mit ihm in Peking zu rechnen sein wird. Zudem überzeugte die deutsche Ersatzstaffel um Roman Rees, die ohne Doll, Hochfilzen-Sieger Johannes Kühn sowie die in Antholz pausierenden Erik Lesser und Philipp Nawrath auskommen musste, am Sonntag über 4x7,5 km beim Sieg der Norweger überraschend mit Rang drei.
Also alles gut bei den Männern? Mitnichten! In der Mannschaft des Deutschen Skiverbandes (DSV) geht nach den Corona-Fällen von Preuß und Kühn die Angst vor weiteren Infektionen um. Doll bezeichnete die Lage zuletzt schon als „gefährlich. Es ist ziemlich ermüdend.“Auch der norwegische Weltklasseathlet Tarjei Bö äußerte in Antholz seine Sorgen. „Du hast vier Jahre trainiert. Und jetzt musst du hoffen, dass du gesund bleibst“, sagte er. Der Traum von Olympia, betonte ARD-Experte Arnd Peiffer, „könnte ganz schnell platzen“.
Dabei haben gerade die Männer um Doll in den vergangenen Wochen Medaillen-Hoffnungen geweckt. Lesser
hatte mit zwei sechsten Plätzen in Oberhof einen deutlichen Aufwärtstrend gezeigt. Kühn, der sich nach überstandener Corona-Infektion im Massenstart am Samstag wieder herantastete, hatte in Hochfilzen im Sprint triumphiert. Und auch Rees und Nawrath waren in diesem Winter schon zweimal in die Top 10 gelaufen. Bei den Männern, sagte Eisenbichler, „geht es in die richtige Richtung“.
Ab Montag bereitet sich das elfköpfige Team in einem Höhentrainingslager in Antholz auf Olympia vor. Am 31. Januar ist der Abflug von Frankfurt nach Peking geplant. Am 5. Februar findet die Mixed-Staffel statt, danach folgen die Einzelrennen der Frauen (7.2.) und Männer (8.2.). Bis dahin heißt es schlicht: „Gesund bleiben“, wie Eisenbichler sagte. „Wir müssen vermeiden, am Flughafen in Peking einen positiven PCR-Test eines Sportlers zu haben, der mit einem negativen PCR-Test kurz vorher ins Flugzeug gestiegen ist.“Dann helfen auch alle Vorleistung nichts.