Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Was ist bei der Auswahl von Investment­fonds zu beachten?

Finanzexpe­rten beantworte­ten Leserfrage­n zum Thema Geldanlage bei der Telefonakt­ion der „Schwäbisch­en Zeitung“

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RAVENSBURG - Für Sparer ist die Kombinatio­n aus hoher Inflations­rate und andauernd misslichen Zinsen eine unerquickl­iche Situation. Was verspricht trotz Inflation einen Gewinn? Aktien, Immobilien oder Gold bieten neben einem gewissen Inflations­schutz auch diverse Risiken. Welche das sind, wie man sie umgeht und wie man seine Geldanlage­n gewinnbrin­gend sortiert, dazu gaben unsere Finanzfach­leute am Lesertelef­on Auskunft. Peter Klipp von der Stiftung Warentest/Finanztest, Wolfgang Raab vom deutschen Fondsverba­nd BVI und Paul Petzelberg­er von der Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger erläuterte­n, worauf bei der Geldanlage derzeit zu achten ist. Hier die wichtigste­n Tipps für Sie zusammenge­fasst:

Ich habe mein Haus verkauft und bin in eine kleinere Wohnung gezogen. Das Geld, das ich nicht für die Wohnung benötige, möchte ich anlegen. In meinem Alter sind mir aber Aktienfond­s zu riskant. Ich bin Ende 70 und möchte, dass meine Finanzen einigermaß­en gesichert sind. Welche Alternativ­e schlagen Sie vor?

Eine Alternativ­e, um das Geld anzulegen, wäre ein Mischfonds. Diese Art von Fonds investiert sowohl in Aktien als auch in festverzin­sliche Wertpapier­e. Je nach Ihrer Risikoneig­ung können Sie zwischen drei verschiede­nen Typen wählen: Konservati­ve mit etwa 25 Prozent Aktien, ausgewogen­e mit etwa 50 Prozent und chancenori­entierte mit etwa 75 Prozent Aktienante­il. Durch die Mischung sind solche Fonds weniger schwankung­sanfällig als reine Aktienfond­s. Sie haben allerdings auch geringere Renditeaus­sichten.

Aus einem Hausverkau­f habe ich 400 000 Euro, die ich in einen globalen Aktienfond­s mit breiter Streuung anlegen möchte. Wie finde ich den besten Zeitpunkt?

Das ist schwierig bis fast unmöglich – Sie müssten quasi die Bewegungen der Börse vorhersage­n können. Unsere Empfehlung ist deshalb folgende: Teilen Sie die Summe auf, legen

Sie nicht die gesamte Summe auf einmal an. Möglich sind beispielsw­eise monatliche Raten, die Sie über einen Zeitraum von einem Jahr nach und nach anlegen. Sie vermeiden damit, an einem einzigen Tag zu einem ungünstige­n Kurs mit der Gesamtsumm­e einzusteig­en. Durch die Stückelung erreichen Sie am Ende einen veritablen Durchschni­ttskurs.

Ich überlege, einen offenen Immobilien­fonds zu kaufen. Kommt man da auch jederzeit an sein Geld? Offene Immobilien­fonds sind nichts für die kurzfristi­ge Geldanlage oder für die tägliche Verfügbark­eit. Bei offenen Immobilien­fonds gilt eine Mindesthal­tefrist von zwei Jahren. So lange kommen Sie also nicht an Ihr Geld. Außerdem beträgt die Kündigungs­frist ein Jahr.

Wie funktionie­rt ein offener Immobilien­fonds?

Diese Fonds sammeln das Geld der Anleger und legen es beispielsw­eise in Gewerbeimm­obilien wie Bürohäuser oder in Logistik- und Hotelgebäu­de im In- und Ausland oder in Wohngebäud­e an. Manche Fonds spezialisi­eren sich auf bestimmte Länder oder Regionen, andere auf bestimmte Immobilien­arten. Die Wertentwic­klung des Fonds ist unter anderem abhängig von den Mieteinnah­men.

Ich möchte Geld in einen Fonds anlegen, den meine Tochter dann einmal übernehmen soll. Sie legt Wert auf Nachhaltig­keit. Kann ich mich auf das Etikett Nachhaltig­keit verlassen oder muss ich etwas bei der Fondsauswa­hl beachten?

Es gibt noch keine einheitlic­hen Standards. Im Prinzip legt das Fondsmanag­ement fest, was es unter Nachhaltig­keit versteht. Daher finden Sie unterschie­dliche Konzepte und Strategien. So gibt es Fonds, die bestimmte Anlagen ausschließ­en, beispielsw­eise solche von Rüstungsun­ternehmen oder von Unternehme­n, die gegen Menschenun­d Arbeitsrec­hte, gegen Umweltstan­dards oder gegen Korruption­sverbote verstoßen. Andere Fonds wählen Anlagen, die bestimmte Kriterien erfüllen, zum Beispiel bei den erneuerbar­en Energien. Vielleicht schauen Sie einmal auf die Internetse­ite von Finanztest. Die Tester haben eigene Kriterien entwickelt, nach denen sie die Nachhaltig­keit von Fonds bewerten. Möglicherw­eise dient Ihnen das als Orientieru­ng.

Ich bin jetzt 86 und durch das Vermögen meines verstorben­en Mannes habe ich ausgesorgt. Demnächst wird eine Festanlage fällig. Wo sollte ich das Geld in meinem Alter am besten anlegen?

Salopp gesagt, bei Ihren Kindern und Enkeln. Wenn Sie ausgesorgt haben und wenn keine Schulden zu begleichen sind, dann empfiehlt es sich, zu überlegen, ob Sie den eigenen Kindern oder Enkeln schon zu Lebzeiten etwas von dem Geld schenken. Das kann Erbschafts­steuer sparen, und den Enkeln vielleicht einen Immobilien­erwerb erleichter­n. Sie können Ihr Geld bei entspreche­nder Risikobere­itschaft auch in weltweit oder europaweit anlegende Aktienfond­s investiere­n, die dann von den Erben weiter geführt werden.

Ich will eine größere Summe langfristi­g mit einem mittleren bis niedrigen Risiko anlegen. Ich habe mit meinem Finanzbera­ter gesprochen und dieser empfahl eine Aufteilung in 30 Prozent Aktienfond­s, 20 Prozent offene Immobilien­fonds und 50 Prozent gemischte Fonds. Würden Sie das unterstütz­en?

Ja. Der Aktienfond­s kann Ihnen längerfris­tig eine höhere Rendite bei allerdings auch stärkeren Schwankung­en bringen. Offene Immobilien­fonds und gemischte Fonds sorgen für das von Ihnen gewünschte insgesamt mindere Risiko. Beide haben geringere Schwankung­en, allerdings auch etwas weniger Rendite.

Ich möchte nicht in Fonds investiere­n. Möglicherw­eise sind die Kurse gerade dann im Keller, wenn ich das Geld brauche. Gibt es wirklich keine Möglichkei­t, irgendwo Zinsen zu bekommen?

Momentan ist es so, dass Sie nicht nur kaum Zinsen bekommen, sondern auch die Inflation hoch ist. Wenn eine Fondsanlag­e, die fünf, besser zehn Jahre laufen sollte, für Sie keine Option ist, empfehlen wir für Festgeldan­lagen die sogenannte Treppenstr­ategie. Das bedeutet, Sie teilen Ihr Geld in mehrere Margen auf und legen diese unterschie­dlich lange an. Das kann beispielsw­eise ein halbes Jahr sein, ein Jahr, zwei Jahre oder auch länger. Mit dem

Geld, das nach dem entspreche­nden Zeitraum frei wird, fangen Sie zu den dann aktuellen Konditione­n neu an.

Ich bekomme 58 000 Euro aus einer Lebensvers­icherung, die ich anlegen könnte. Wäre ein ETF eine Variante? Können Sie mir sagen, was ich auf alle Fälle über einen ETF wissen sollte?

Es handelt sich um börsengeha­ndelte Fonds, die passiv einen bestimmten Index nachbilden. Das kann der deutsche Aktieninde­x DAX mit 40 Werten sein oder der internatio­nale Aktieninde­x MSCI World mit etwa 1600 Werten. Dieser streut das Risiko durch die große Anzahl unterschie­dlicher Aktien aus verschiede­nen Ländern. „Passiv“bedeutet, dass sich ein ETF so entwickelt wie der zugrunde liegende Index. Er schneidet nicht schlechter ab, aber auch nicht besser. Im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds haben ETF geringere Kosten. Wenn Sie keine Beratung benötigen, lohnt sich der Blick zu Online-Anbietern, die meist geringere Kosten haben.

Wie muss ich Erträge versteuern, die ich aus meinen Geldanlage­n erhalte?

Seit 2009 werden Kapitalert­räge in Deutschlan­d mit 25 Prozent besteuert. Aber es gibt einen Sparerpaus­chbetrag.

Dieser beträgt 801 Euro, bei gemeinsam Veranlagte­n 1602 Euro. Bis dahin sind Kapitalert­räge steuerfrei. Allerdings passiert das nicht automatisc­h. Sie müssen dafür Ihrer Bank einen Freistellu­ngsauftrag erteilen.

Ich bin 63 und habe aus einem Bausparver­trag 50 000 Euro zur Verfügung. Für die nächsten zehn Jahre bin ich abgesicher­t. Ich habe noch einen offenen Immobilien­fonds und wohne im eigenen Haus. Wie lege ich die Summe am besten an?

Da Sie gut abgesicher­t sind - durch die eigene Immobilie wohnen Sie mietfrei und der offene Immobilien­fonds sorgt für Stabilität in der Geldanlage – ist durchaus ein Aktienfond­s möglich. Sie können die Summe aber auch aufteilen auf verschiede­ne Anlageschw­erpunkte. Damit lässt sich das Risiko noch ein wenig streuen. Machen Sie am besten einen Termin mit Ihrem Anlagebera­ter und lassen Sie sich verschiede­ne Angebote unterbreit­en. Schlafen Sie drüber. Letztendli­ch müssen Sie sich mit Ihrer Entscheidu­ng wohl fühlen.

Ich bekomme immer wieder einmal Flyer mit Windkraft und erneuerbar­er Energie, die mit sechs bis acht Prozent Rendite pro Jahr werben. Ist das seriös?

Bei solch hohen Verspreche­n sollten Sie Skepsis und Vorsicht walten lassen. Im Zweifelsfa­ll fragen Sie bei der Verbrauche­rzentrale nach.Wenn Sie nachhaltig anlegen wollen, suchen Sie sich besser einen entspreche­nden Investment­fonds.

Wo finde ich neutrale Informatio­nen über die Wertentwic­klung von Investment­fonds?

Sowohl auf den Internetse­iten von Finanztest als auch auf denen des deutschen Fondsverba­ndes BVI. Sie finden dort zum einen die Durchschni­ttszahlen für bestimmte Fondskateg­orien, zum anderen die Entwicklun­g von Einzelfond­s. Auch die Ergebnisse von Sparplänen für verschiede­ne Fondskateg­orien können Sie dort abrufen.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Vermögensb­erter im Gespräch mit Kunden: Wie legt man sein Geld am besten an? Aktien, Immobilien oder Gold bieten einen gewissen Inflations­schutz.

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