Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wenn der KfW-Bauzuschuss ausbleibt
Warum die Regierung die Förderung energieeffizienter Häuser stoppt und was das für Verbraucher bedeutet
BERLIN - Die neue Bundesregierung hat die Förderung energieeffizienter Häuser am Montag mit sofortiger Wirkung eingestellt. Von sofort an könnten keine neuen Anträge für KfW-Förderprogramme für den Neubaustandard EH55 mehr gestellt werden, teilte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima (BMWK) mit. Dies gelte vorläufig auch für den EH40-Standard sowie energetische Sanierungen. Die Einstufungen EH55 und 40 bedeuten grob gesagt, dass Gebäude nur 55 beziehungsweise 40 Prozent der Energie verbrauchen, die ein Standardhaus benötigt. Auch die Bewilligung von bereits gestellten Anträgen wurde ausgesetzt. Nicht betroffen seien Einzelmaßnahmen in der Sanierung wie etwa ein Heizungstausch. Die Hintergründe der so umstrittenen Entscheidung.
Warum wurden die Programme eingestellt?
Weil die Energieeffizienz-Fördertöpfe der staatlichen KfW-Bank aufgebraucht sind. So führte der im vergangenen November noch von der Großen Koalition zum 31. Januar 2022 angekündigte Förderstopp für EH55-Häuser zu einer Flut von Förderanträgen. Laut BMWK gingen seit November bis heute Anträge in Höhe von mehr als 20 Milliarden Euro ein. Das Ministerium von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) macht Union und SPD für die nun entstandenen Unsicherheiten bei vielen Bauherren verantwortlich. Es handele sich um „eine massive klimapolitische und fiskalische Fehlsteuerung der vergangenen Jahre“, die nun behoben werde. So habe sich der EH55-Standard im Neubau längst als Standard durchgesetzt. Dennoch seien sechs Milliarden Euro Steuergelder unnötig ausgegeben worden.
Wie geht es nun weiter?
Die neue Bundesregierung nehme die „missliche Situation“zum Anlass, „die Förderung und die gesetzlichen Standards für Neubauten zügig neu zu ordnen“, sagte Wirtschaftsstaatssekretär Patrick Graichen (Grüne). „Aktuell fördern wir das Falsche, und dieses Geld fehlt dann bei tatsächlich wirksamen Klimaschutzmaßnahmen, beispielsweise bei der so wichtigen Gebäudesanierung.“Fördermittel sollten künftig dort gezielt eingesetzt werden, wo die CO2-Einsparung am höchsten sei, wie es eben vor allem bei Sanierungen von Bestandsbauten der Fall ist.
Das Wirtschaftsministerium strebe zudem eine rasche Neuordnung der Förderung und der gesetzlichen Energiemindeststandards für Neubauten an, teilte das BMWK mit. So solle der EH55-Standard künftig nicht mehr gefördert, sondern zum gesetzlichen Mindeststandard werchende den. Schon im Koalitionsvertrag hatte die Ampel angekündigt, Neubaustandards zu verschärfen.
Die Förderung energetischer Sanierungen soll hingegen wieder aufgenommen werden, „sobald entspreHaushaltsmittel bereitgestellt sind“, heißt es. Auch für EH40Neubauten soll es eine Neuaufstellung geben. Gemeinsam mit dem Bauministerium von Klara Geywitz (SPD) und dem Finanzministerium von Christian Lindner (FDP) werde „mit Hochdruck“daran gearbeitet.
Was bedeutet das für Bauherren? es unisono harsche Kritik für den Förderstopp. Von einem „Schlag ins Kontor“der Verbraucher sprach Matthias Bauer, Experte in Sachen Bauen und Energie bei der Verbraucherzentrale. „Für diejenigen, die von der KfW bereits einen positiven Bescheid haben, gilt Bestandsschutz“, erklärte er. Was hingegen mit noch nicht beschiedenen Anträgen passiert, sei momentan nicht abzusehen. Laut BMWK ist noch nicht entschieden, wie diese gehandhabt werden. Auch für sie reichten die bereitgestellten KfW-Mittel allerdings nicht aus, heißt es – nicht unwahrscheinlich also, dass sie ebenfalls leer ausgehen.
Bauer befürchtet, dass durch den Förderungsstopp bei zahlreichen Bauprojekten Finanzlücken entstehen. Betroffenen rät er, nicht überstürzt zu handeln, sondern die Baufinanzierung nun gut durchzurechnen. Der Staat dürfe die Betroffenen zudem nicht in teurere Kredite der Hausbanken treiben. „Es muss klar sein, dass Verbraucher mit KfWKrediten bedient werden und diese von den Banken auch vermittelt werden.“Das BMWK prüft momentan, ob die KfW zinsverbilligte Kredite zur Verfügung stellen kann. Damit solle „auf etwaige Härtefälle bei privaten Bauherren reagiert werden“.