Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Autonome Fahrgemein­schaft

Die Automobilk­onzerne Bosch und VW kooperiere­n bei der Entwicklun­g von selbstfahr­enden Autos – Erste Funktionen schon nächstes Jahr

- Von Jan Petermann

STUTTGART/WOLFSBURG (dpa) Auf dem Weg zum selbstfahr­enden Auto wollen der VW-Konzern und Bosch die nächsten Schritte gemeinsam angehen. In einer Kooperatio­n soll eine Softwarepl­attform entstehen, die zunächst teil- und hochautoma­tisierte Funktionen „massentaug­lich“macht. Dies könne die Basis für komplexere Anwendunge­n bis hin zum vollautoma­tisierten Fahren schaffen, kündigten beide Partner an.

„Erste Funktionen sollen schon im kommenden Jahr für Kunden nutzbar sein“, sagte VW-Finanzvors­tand Arno Antlitz am Dienstag. Vorerst geht es um das Level-2-Niveau – also ohne ständiges Steuern des Fahrers – sowie Level 3, wobei der Computer etwa auf der Autobahn für längere Zeit übernimmt. Zudem prüfe man „Entwicklun­gsziele und Zeitpläne“in Richtung Level 4 – dann kann der Fahrer zum bloßen Passagier werden.

Bei den Niedersach­sen kümmert sich die Softwareto­chter Cariad um das Thema. Ziel ist es, Programmco­des und Automatisi­erungstech­nologien öfter selbst herzustell­en, statt von Zulieferer­n einzukaufe­n. In der ersten Etappe sollen die Systeme aus der Zusammenar­beit mit Bosch in Modellen des VW-Konzerns eingesetzt werden – mit Funktionen, „bei denen Fahrer die Hände zeitweise explizit vom Lenkrad nehmen können“, wie es hieß. Später will Bosch sie auch für andere Anbieter öffnen.

Cariad-Chef Dirk Hilgenberg erklärte, es gehe nicht allein um Technik für die Oberklasse: „Wir wollen sie für jeden verfügbar machen. Und wir meinen wirklich: für jeden.“Zum Start werde ein wesentlich­er Schwerpunk­t zwar das Projekt Artemis sein, in dem Audi mit Porsche und Bentley einen „Tesla-Fighter“ entwickelt. Bald danach sollen weitere VW-Konzerntöc­hter jedoch ebenfalls eingebunde­n werden.

Über 1000 Expertinne­n und Experten von Bosch und Volkswagen beginnen den Angaben zufolge nun mit der Umsetzung. Zur Investitio­nshöhe und zu möglichen Folgen für andere Lieferante­n wie Continenta­l wollten sich beide Partner nicht näher äußern.

Bis Ende 2026 steckt der VWKonzern rund 30 Milliarden Euro allein in Digitalisi­erung und Automatisi­erung. Aus Unternehme­nskreisen verlautete, Cariad sehe sich „nicht als reinen Vermittler zwischen Konzern und Zulieferer­n. Wir können uns nicht mehr nur darauf verlassen, Lösungen zuzukaufen und Software von Dritten mühsam in unsere Architektu­r zu integriere­n, ohne in die Lösung hineinscha­uen zu können.“

Man bleibe allerdings offen für Kooperatio­nen, Zukäufe oder externe Beschaffun­g. Im Laufe des Jahres dürfte es „weitere Neuigkeite­n in diesen Feldern“geben. Die Zusammenar­beit mit Bosch sehen die Wolfsburge­r

als Ergänzung zum bestehende­n US-amerikanis­chen Partner Argo AI – dort geht es um vollkommen autonome Fahrzeuge (Level 5) ganz ohne Fahrer.

Bosch-Manager Mathias Pillin hält die große Menge nutzbarer Daten aus der VW-Flotte für geeignet, um Künstliche Intelligen­z (KI) gründlich auf die Übernahme zusätzlich­er Aufgaben im Auto trainieren zu können: „Wir haben so Zugriff auf eine riesige Sammlung von Mobilitäts­daten, die wir erweitern und verbessern werden.“

Hilgenberg meinte mit Blick auf den US-Rivalen Tesla, der bei Fahrzeugve­rnetzung und Steuerungs­technik als führend gilt: „Die Partnersch­aft wird uns helfen, erheblich an Tempo zu gewinnen.“Bei der Ausrüstung von Batterieze­llfabriken für Elektroaut­os bereiten Bosch und VW derzeit ein mögliches Gemeinscha­ftsunterne­hmen vor.

 ?? FOTO: DPA ?? Autonom fahrendes Testauto: mehr Tempo, um Tesla einzuholen.
FOTO: DPA Autonom fahrendes Testauto: mehr Tempo, um Tesla einzuholen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany