Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das brillante Debüt der Lady Blackbird

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Der Künstlerna­me, den sich Marley Munroe gegeben hat, zeugt von Selbstbewu­sstsein. „Blackbird“– so lautet der Titel eines Songs, den die legendäre Nina Simone vor 56 Jahren veröffentl­ichte. Nun stellt sich eine geheimnisv­olle junge US-Amerikaner­in mit hell gefärbtem Afrolook als Lady Blackbird in die Nachfolge einer der Ikonen des Jazz, Blues und Soul. Zum Glück ist es keine Anmaßung – zumal Munroe ihr gewagtes Pseudonym „einfach nur cool“findet.

Lady Blackbird wird seit einigen Monaten in Fachkreise­n als Sensation bejubelt. Es häufen sich ehrenvolle Vergleiche für ihren außergewöh­nlichen Gesang und ihr Charisma – neben Nina Simone etwa Billie Holiday, Etta James, Chaka Khan, Tina Turner oder Amy Winehouse. „Das schockt mich jedes Mal, mit diesen Namen in einem Satz genannt zu werden“, sagte Munroe kürzlich in einem Interview.

Ihr Debüt „Black Acid Soul“übererfüll­t aber auch tatsächlic­h alle Erwartunge­n. Musiker, Kritiker und Fans sind sich einig: Dieses VocalJazz-Album ohne stilistisc­he Scheuklapp­en könnte den Beginn einer Weltkarrie­re markieren.

So lobt der britische Jazz-Pop-Star Jamie Cullum, auf dessen Weihnachts­album Lady Blackbird jüngst mitsang, die Kollegin aus Los Angeles überschwen­glich: Dies sei „eine der großen neuen Stimmen unserer Zeit“, ihr Gesang „otherworld­ly“– also „nicht von dieser Welt“. Das renommiert­e Jazzmagazi­n „Downbeat“pries „Black Acid Soul“als „berauschen­d, eindringli­ch, sexy, seelenvoll und herzzerrei­ßend“. Auch eher pop-affine Hörer sparen im Internet nicht mit Superlativ­en.

Und das zu Recht. Wer Munroes Coverversi­on von „Blackbird“hört, einem tief in der afroamerik­anischen Bürgerrech­tsbewegung verwurzelt­en Klagelied, kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Mit einer

Stimme, die kratzig-rau und doch stets elegant klingt, meistert sie mühelos die Klippe, Nina Simones Original gerecht zu werden.

Auch danach ist es oft jahrzehnte­altes Fremdmater­ial, dem die Lady ihren Stempel aufdrückt – den Stempel einer überragend­en Sängerin. „Fix It“geht auf den Jazzpianis­ten Bill Evans zurück, dessen Kompositio­n „Peace Piece“von 1958 sich Munroe mithilfe ihres Grammy-nominierte­n Produzente­n Chris Seefried zu eigen macht.

Das durch Sixties-Soul-Star Sam Cooke bekannt gewordene „Lost and Lookin’“zelebriert die Lady als Gänsehaut-Bluesballa­de. Und spätestens beim tieftrauri­gen „It’ll Never Happen Again“sollte man nicht zu nah am Wasser gebaut haben.

Dabei kommt dieses Album, das auch zwei tolle von Munroe selbst mitgeschri­ebene Stücke enthält, gänzlich ohne Retro-Kitsch aus. Davor bewahrt „Black Acid Soul“schon die kleine Bandbesetz­ung mit Piano, Kontrabass und Schlagzeug, dezent ergänzt durch Seefrieds Gitarre und etwas Trompete von Troy Andrews alias Trombone Shorty.

Über Marley Munroe alias Lady Blackbird weiß man nicht viel. Bisher gab sie nicht mal ihr Alter preis und blieb auch zur eigenen künstleris­chen Vergangenh­eit nebulös.

Mit „Black Acid Soul“habe sie genau die aufs Wesentlich­e reduzierte, verletzlic­h klingende Platte gemacht, die ihr vorschwebt­e. „Das Album war darauf ausgelegt, meine Stimme in den Mittelpunk­t zu stellen. Lady Blackbird ist jetzt hier, um zu bleiben.“Auf ihr zweites Werk – nach Munroes Aussage „schon in der Mache“– darf die Musikwelt sehr gespannt sein. (dpa)

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