Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Vesperkirche heißt jeden willkommen
Eröffnungsgottesdienst macht Evangelische Stadtkirche wieder für Wochen zum Gasthaus
RAVENSBURG - Drei Wochen lang wird die Evangelische Stadtkirche jetzt wieder zum Gasthaus – für Leib und Seele. Die Vesperkirche soll wieder offen sein für alle, zum Essen, zur Begegnung, zum täglichen Miteinander. Auch und gerade in Zeiten der grassierenden Coronavirus-Pandemie wollten die drei Träger (Diakonie, Zieglersche und Evangelische Stadtkirche) die Vesperkirche in Präsenz bieten. Essen für alle gibt es täglich zum Mitnehmen – ohne Kontrolle – vor der Kirchentür. In der Kirche müssen alle aktuellen Corona-Auflagen beachtet werden.
Rund 200 Helfende stehen bereit, um dieser ungewöhnlichen Vesperkirche zum Erfolg zu verhelfen. Bange Erwartung liegt über dem Vorhaben, für das die Organisatoren immer wieder das Konzept der aktuellen Corona-Lage angepasst haben. Das wurde beim Eröffnungsgottesdienst deutlich, den am Montagabend die Pfarrer Gottfried Heinzmann (Zieglersche), Ralf Brennecke (Diakonie) und Martin Henzler-Hermann (Stadtkirche)mit Gerd Gunßer und Vanessa Lang gestaltet haben. Im großen Kirchenraum verteilten sich die Gottesdienstbesucher – mit Maske – im weiten Abstand, aber mit gewaltigem Orgelklang füllte Michael Bender das Kirchenschiff und die die Schola des Stadtkirchenchors übernahm den Gemeindegesang.
Pfarrer Heinzmann stellte seine Predigt unter das Wort der Jahreslosung „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen“und deutete aus, wie diese Einladung von Jesus in Corona-Zeiten verantwortungsvoll eingehalten werden könnte. Es bleibe der Anspruch, mitten im Kirchenraum
Wegzehrung, Wärme und Gemeinschaft zu bieten. Aber man könne die Pandemie nicht ignorieren. Aus Fürsorge für die eingeladenen Menschen sei die Beachtung der notwendigen Regeln und Verordnungen geboten. Gleichwohl gelte es zu vermitteln: „Du bist willkommen, egal, ob deine Mutter syrisch, schwäbisch oder rumänisch spricht.“
Und während draußen auf dem Marienplatz eine Kundgebung gegen Corona-Leugner und „Querdenker“stattfand und sich eben jene zwischen Ravensburg und Weingarten mal wieder zu einem sogenannten
„Spaziergang“versammelten, wurden in der Stadtkirche Fürbitten vorgetragen: für Liebe statt Hass, für die Einhaltung der gebotenen CoronaAuflagen und gleichzeitig für Zuwendung, Hilfe und Gesprächsbereitschaft. Diakon Gunßer hofft derweil zusammen mit den rund 200 in Bereitschaft stehenden Ehrenamtlichen, dass das in langer Vorbereitung ausgetüftelte Konzept der Ravensburger Vesperkirche 2022 auch drei Wochen lang in die Realität umgesetzt werden kann. Und dass nicht weiter steigende Inzidenzen einen Strich durch die Rechnung machen.