Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wohl kaum Covid-Impfungen durch Tierärzte im Kreis
Landkreis braucht keine Tierärzte zum Impfen – Weingartener Arzt ohnehin skeptisch
KREIS RAVENSBURG - Auch Tierärzte dürfen neuerdings Menschen gegen Corona impfen – es braucht nur eine kurze Fortbildung. Einige Kolleginnen und Kollegen der Region seien gewillt mitzuhelfen, andere halten sich raus, sagt Verbandschef Christoph Ganal (kleines Foto: privat) aus Weingarten. Er selbst will nicht mitmachen, weil es im Landkreis die Hilfe gar nicht brauche – und wegen blindem Aktionismus der Politik.
Aufgrund einer Gesetzesänderung der Ampel-Regierung im Dezember ist es Tierärzten ab sofort möglich, Menschen gegen Covid zu impfen, das vermeldete die Bundestierärztekammer (BTK) Mitte Januar. Voraussetzung ist die Teilnahme an einer ärztlichen Schulung, deren Inhalt fünf Stunden Theorie sowie zwei Stunden „Praktikum“in einem Impfzentrum umfasst.
Nach Abschluss der Schulung können Tierärzte laut der Kammer zunächst im Impfzentrum oder im Mobilen Impfteam tätig werden. Eine Impfung gegen Covid in Tierarztpraxen sei vom Bundesministerium für Gesundheit ebenfalls ausdrücklich vorgesehen. Die rechtlichen Voraussetzungen wird es aber wohl erst in den kommenden Monaten geben.
Eine Umfrage des Landesverbandes praktizierender Tierärzte in Baden-Württemberg (LPB) veranschaulicht das Interesse vor Ort. Rund 1000 Mitglieder wurden zu möglichen Impfangeboten befragt – 189 antworteten. Fast 90 Prozent dieser 189 Tierärzte wollen sich am Impfen beteiligen, rund drei Viertel am liebsten in einem Impfzentrum oder mobilen Impfteam. Die Umfrage zeige jedoch bestenfalls einen Trend und sei nicht repräsentativ, sagt Dr. Christoph Ganal, LPB-Landesvorsitzender aus Weingarten. Auch weil wohl eher diejenigen Mitglieder geantwortet hätten, die auch bereit sind zu impfen. „Das Interesse an der Teilnahme ist hoch“, schreibt derweil Katharina Klube, Pressesprecherin der Bundestierärztekammer, auf Nachfrage. Bei der neu eingerichteten Impfschulung hätten in der ersten Woche bundesweit rund 1000
Tierärzte mitgemacht. „Wenn es an impfenden Ärzten fehlt, ist es sehr sinnvoll, auf die Expertise der Tierärzte zuzugreifen.“
Doch werden impfende Tierärzte in der Region überhaupt benötigt? Die Landestierärztekammer schrieb am vergangenen Donnerstag, dass in Baden-Württemberg derzeit wohl keine Tierärzte für das Impfen gebraucht werden. Auch für die Impfzentren des Landkreises und die Mobilen Impfteams der Oberschwabenklinik würden derzeit ausreichend Ärztinnen und Ärzte zur Verfügung stehen, schreibt Landratsamt-Pressesprecherin Selina Nußbaumer auf Nachfrage.
Die Einbindung der Tierärzteschaft ziele aus Sicht des Landkreises vor allem auf eine Ergänzung der
Regelversorgung ab, sagt Nußbaumer. Viele Praxen würden sich deswegen noch zurückhalten, resümiert Ganal. Viele würden jedoch auch abwinken, da sie wegen Personalproblemen gar keine Kapazitäten für die Fortbildung und den Impfeinsatz haben. Außerdem, wie in der gesamten Gesellschaft, gebe es auch einige wenige Tierärzte, die eine kritische Haltung gegenüber der Impfkampagne haben, so Ganal.
Er selbst werde sich vorerst ebenfalls nicht beteiligen, dabei spreche Ganal für sich persönlich, nicht für den Verband. Er ist skeptisch, ob das Einbeziehen der Tierärzte der richtige Schritt ist. Es sei doch klar geregelt, dass Tiermediziner Tiere impfen und Humanmediziner Menschen. So wie die Kampagne derzeit geregelt sei, würden Fragen offenbleiben: Wie lange sollen Tierärzte mit impfen? Gilt das nur für CovidImpfungen oder bekommen Tierärzte weitere Befugnisse? Wie ist das Impfen haftungsrechtlich abgesichert?
Ganal habe den Eindruck, Tierärzte einzubeziehen sei blinder Aktionismus der Politik. Ein Zeichen der Ampel-Regierung an die Öffentlichkeit, dass sie sich beim Impfen voll reinhänge. Zuerst sei verkündet worden, dann erst folgte die Planung, so der Tierarzt. „Wenn man vorher das klar auf die Gleise gebracht hätte, mit einem Plan und Programm, und dann erst an die Öffentlichkeit getreten wäre, wäre das besser gewesen.“