Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Tränen und Applaus bei letzter Sitzung

Markus Ewald letztmals als Oberbürger­meister im Gemeindera­t

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Am Ende wurde es dann doch emotional: Bei seiner letzten Gemeindera­tssitzung als Oberbürger­meister der Stadt Weingarten war zu spüren, wie schwer Markus Ewald der gesundheit­sbedingte Rückzug aus seinem Amt fällt. Nachdem er kurz die wichtigste­n Themen und Projekte seiner 13-jährigen Amtszeit skizziert hatte, sprach der 57-Jährige auch seinen schweren Verkehrsun­fall aus dem Dezember 2018 an, bei dem er lebensbedr­ohlich verletzt wurde und seitdem querschnit­tsgelähmt im Rollstuhl sitzt. „Ich hätte das Amt gerne noch weiter ausgeübt, aber es ist eben passiert. Ich habe es überlebt, ich bin zurückgeko­mmen“, sagte Ewald und kämpfte mit den Tränen.

Wie intensiv seine Zeit als Weingarten­er Stadtoberh­aupt war, verdeutlic­hen auch einige Zahlen, welche die städtische Pressestel­le recherchie­rt hat. Ewald leitete in den 13 Jahren insgesamt 249 Gemeindera­tssitzunge­n, arbeitete sich durch 1034 Sitzungsst­unden und 5406 Tagesordnu­ngspunkte. Als inhaltlich­e Schwerpunk­te nannte er selbst in seiner Abschiedsr­ede das Zukunftspr­ogramm „Step 2020“, die Einführung des städtische­n Amtsblatte­s „Weingarten im Blick“, die Vielzahl an Bauprojekt­en und natürlich den Themenkomp­lex „Krankenhau­s 14

Nothelfer“– also die größte Finanzmise­re in der Stadtgesch­ichte. „Das hat mir viele schlaflose Nächte bereitet“, sagte er. Besonders wichtig sei ihm die umfassende Bürgerbete­iligung gewesen, habe ihn das ehrenamtli­che Engagement der Vereine beeindruck­t und die Integratio­n von Flüchtling­en bewegt. In diesem Zusammenha­ng nannte er die Öffnung des ehemaligen Klosters für Flüchtling­e durch Bischof Gebhard Fürst im Jahr 2015 oder die Eröffnung des Integratio­nszentrums im Jahr 2018 als prägende Ereignisse. In Weingarten würden mehr als 100 Nationalit­äten leben. Ihm sei es stets wichtig gewesen, die Gesellscha­ft zu einen. „Diese Vielfalt macht uns frei“, konstatier­te Ewald.

Er sei stolz darauf, dass Weingarten eine so gute Kinder- und Jugendarbe­it und ein extrem hochwertig­es Kulturange­bot habe. Auch der Erhalt der Bäder, der Museen und des Kulturund Kongressze­ntrums Oberschwab­en (Kuko) seien nicht selbstvers­tändlich. In diesem Zusammenha­ng dankte der scheidende OB der Verwaltung und seinem Team, aber auch den Stadträten für das Vertrauen

und die gute Zusammenar­beit. „Wir haben es immer geschafft, Lösungen zu finden. Es hat mir – fast – immer Spaß gemacht“, sagte Ewald und bot für die Zukunft an: „Wenn es mich braucht, bin ich gerne da.“

Einen besonderen Dank sprach der OB seinem Stellvertr­eter Alexander Geiger aus. Dieser hatte während Ewalds elfmonatig­er Abwesenhei­t nach dessen Unfall die Amtsgeschä­fte kommissari­sch geleitet und ihn auch nach seiner Rückkehr tatkräftig unterstütz­t. Gerade weil Geiger das so gut gemacht habe, hätte sich Ewald auch eine OB-Kandidatur seines Stellvertr­eters vorstellen können. Allerdings hatte Geiger unlängst abgewunken und leitet nach der Zustimmung des Gemeindera­tes nun auch den Gemeindewa­hlausschus­s. „Es ist trotzdem schade, dass du dich nicht bewirbst“, sagte Ewald in Richtung Geiger.

Neben dem Bürgermeis­ter wurde Sylvia Burg als stellvertr­etende Vorsitzend­e des Wahlaussch­usses benannt. Diesem gehören auch jeweils ein Vertreter der fünf Fraktionen an: Barbara Baur (Grüne), Horst Wiest

Markus Ewald (Freie Wähler), Wolfgang Pfau (CDU), Udo Mann (SPD) und Bernhard Oligmüller (Bürger für Weingarten). Als Vertreter wurden Alexander Jürgens, Wilhelm Graf, Dietmar Straub, Doris Spieß und Peter Wielath benannt.

Zudem wurden die Termine für die OB-Wahl bestätigt. Vom 29. Januar bis zum 10. März läuft die Bewerbungs­frist. Die Vorstellun­g der Kandidaten durch die Stadt Weingarten soll am Donnerstag, 24. März, um 19 Uhr im Kultur- und Kongressze­ntrum Oberschwab­en (Kuko) stattfinde­n. Am 3. April wird dann ein neuer Oberbürger­meister oder eine neue Oberbürger­meisterin gewählt.

Stellvertr­etend für alle Stadträte ergriff Susanne Münz (Grüne) das Wort und richtete ihren Dank an OB Ewald. „Wir bedauern sehr, dass Sie ihr Amt aus gesundheit­lichen Gründen aufgeben müssen“, sagte sie. „Sie waren ein fairer Verhandlun­gspartner. Tolerant, unkomplizi­ert, offen. Wir wünschen Ihnen gerade gesundheit­lich alles Gute.“Lang anhaltende­r Applaus und stehende Ovationen unterstric­hen Respekt und Anerkennun­g. Er selbst wirkte ganz gerührt, hatte er zuvor doch offen bekannt: „Die letzten 13 Jahre waren die schönsten und intensivst­en Jahre meines Lebens. Ich gehe nun in meine Weite“, sagte Ewald in Anlehnung an ein Zitat der ehemaligen Bundeskanz­lerin Angela Merkel.

„Ich hätte das Amt gerne noch weiter ausgeübt, aber es ist eben passiert. Ich habe es überlebt, ich bin zurückgeko­mmen.“

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FOTOS: ELKE OBSER Die Stadträte im Kuko erheben sich für Markus Ewald von ihren Plätzen, für den es ohnehin schon eine emotionale letzte Ratssitzun­g war.

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