Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Tränen und Applaus bei letzter Sitzung
Markus Ewald letztmals als Oberbürgermeister im Gemeinderat
WEINGARTEN - Am Ende wurde es dann doch emotional: Bei seiner letzten Gemeinderatssitzung als Oberbürgermeister der Stadt Weingarten war zu spüren, wie schwer Markus Ewald der gesundheitsbedingte Rückzug aus seinem Amt fällt. Nachdem er kurz die wichtigsten Themen und Projekte seiner 13-jährigen Amtszeit skizziert hatte, sprach der 57-Jährige auch seinen schweren Verkehrsunfall aus dem Dezember 2018 an, bei dem er lebensbedrohlich verletzt wurde und seitdem querschnittsgelähmt im Rollstuhl sitzt. „Ich hätte das Amt gerne noch weiter ausgeübt, aber es ist eben passiert. Ich habe es überlebt, ich bin zurückgekommen“, sagte Ewald und kämpfte mit den Tränen.
Wie intensiv seine Zeit als Weingartener Stadtoberhaupt war, verdeutlichen auch einige Zahlen, welche die städtische Pressestelle recherchiert hat. Ewald leitete in den 13 Jahren insgesamt 249 Gemeinderatssitzungen, arbeitete sich durch 1034 Sitzungsstunden und 5406 Tagesordnungspunkte. Als inhaltliche Schwerpunkte nannte er selbst in seiner Abschiedsrede das Zukunftsprogramm „Step 2020“, die Einführung des städtischen Amtsblattes „Weingarten im Blick“, die Vielzahl an Bauprojekten und natürlich den Themenkomplex „Krankenhaus 14
Nothelfer“– also die größte Finanzmisere in der Stadtgeschichte. „Das hat mir viele schlaflose Nächte bereitet“, sagte er. Besonders wichtig sei ihm die umfassende Bürgerbeteiligung gewesen, habe ihn das ehrenamtliche Engagement der Vereine beeindruckt und die Integration von Flüchtlingen bewegt. In diesem Zusammenhang nannte er die Öffnung des ehemaligen Klosters für Flüchtlinge durch Bischof Gebhard Fürst im Jahr 2015 oder die Eröffnung des Integrationszentrums im Jahr 2018 als prägende Ereignisse. In Weingarten würden mehr als 100 Nationalitäten leben. Ihm sei es stets wichtig gewesen, die Gesellschaft zu einen. „Diese Vielfalt macht uns frei“, konstatierte Ewald.
Er sei stolz darauf, dass Weingarten eine so gute Kinder- und Jugendarbeit und ein extrem hochwertiges Kulturangebot habe. Auch der Erhalt der Bäder, der Museen und des Kulturund Kongresszentrums Oberschwaben (Kuko) seien nicht selbstverständlich. In diesem Zusammenhang dankte der scheidende OB der Verwaltung und seinem Team, aber auch den Stadträten für das Vertrauen
und die gute Zusammenarbeit. „Wir haben es immer geschafft, Lösungen zu finden. Es hat mir – fast – immer Spaß gemacht“, sagte Ewald und bot für die Zukunft an: „Wenn es mich braucht, bin ich gerne da.“
Einen besonderen Dank sprach der OB seinem Stellvertreter Alexander Geiger aus. Dieser hatte während Ewalds elfmonatiger Abwesenheit nach dessen Unfall die Amtsgeschäfte kommissarisch geleitet und ihn auch nach seiner Rückkehr tatkräftig unterstützt. Gerade weil Geiger das so gut gemacht habe, hätte sich Ewald auch eine OB-Kandidatur seines Stellvertreters vorstellen können. Allerdings hatte Geiger unlängst abgewunken und leitet nach der Zustimmung des Gemeinderates nun auch den Gemeindewahlausschuss. „Es ist trotzdem schade, dass du dich nicht bewirbst“, sagte Ewald in Richtung Geiger.
Neben dem Bürgermeister wurde Sylvia Burg als stellvertretende Vorsitzende des Wahlausschusses benannt. Diesem gehören auch jeweils ein Vertreter der fünf Fraktionen an: Barbara Baur (Grüne), Horst Wiest
Markus Ewald (Freie Wähler), Wolfgang Pfau (CDU), Udo Mann (SPD) und Bernhard Oligmüller (Bürger für Weingarten). Als Vertreter wurden Alexander Jürgens, Wilhelm Graf, Dietmar Straub, Doris Spieß und Peter Wielath benannt.
Zudem wurden die Termine für die OB-Wahl bestätigt. Vom 29. Januar bis zum 10. März läuft die Bewerbungsfrist. Die Vorstellung der Kandidaten durch die Stadt Weingarten soll am Donnerstag, 24. März, um 19 Uhr im Kultur- und Kongresszentrum Oberschwaben (Kuko) stattfinden. Am 3. April wird dann ein neuer Oberbürgermeister oder eine neue Oberbürgermeisterin gewählt.
Stellvertretend für alle Stadträte ergriff Susanne Münz (Grüne) das Wort und richtete ihren Dank an OB Ewald. „Wir bedauern sehr, dass Sie ihr Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben müssen“, sagte sie. „Sie waren ein fairer Verhandlungspartner. Tolerant, unkompliziert, offen. Wir wünschen Ihnen gerade gesundheitlich alles Gute.“Lang anhaltender Applaus und stehende Ovationen unterstrichen Respekt und Anerkennung. Er selbst wirkte ganz gerührt, hatte er zuvor doch offen bekannt: „Die letzten 13 Jahre waren die schönsten und intensivsten Jahre meines Lebens. Ich gehe nun in meine Weite“, sagte Ewald in Anlehnung an ein Zitat der ehemaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
„Ich hätte das Amt gerne noch weiter ausgeübt, aber es ist eben passiert. Ich habe es überlebt, ich bin zurückgekommen.“