Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
14 Ehrenamtliche starten Lokführer-Ausbildung
Die Räuberbahn zwischen Altshausen und Pfullendorf will künftig mehr Fahrten anbieten
ALTSHAUSEN / PFULLENDORF Auch wenn die Räuberbahn derzeit noch in der Winterpause ist, hat mit dem Start der Lokführer-Ausbildung das Projekt „Bürgerbahn Fahrt aufgenommen. 14 Ehrenamtliche sollen in den kommenden Monaten zunächst die Theorie absolvieren. Ein Betrieb der Bürgerbahn ist ab dem Frühjahr 2023 vorgesehen.
Mit mehr als 20 Bewerbern sind die Betreiber der Bahnstrecke und der Förderverein, der das Bürgerbahn-Projekt unterstützt, vergangenen Herbst in das mehrstufige Auswahlverfahren gestartet. Nach Einstellungstest und Bewerbungsgespräch mussten die Hürden der bahnärztlichen Untersuchung sowie eines psychologischen Eignungstests genommen werden. „Einzelne haben die Anforderungen nicht erfüllt, andere haben von sich aus ihre Bewerbung zurückgezogen, weil sie zum Beispiel der zeitliche Aufwand abgeschreckt hat“, berichtet Eisenbahnbetriebsleiter Frank von Meißner. Denn allein für die Ausbildung werden die 14 Ausgewählten einige Tage ihrer Freizeit einbringen müssen. Auch wenn diese abgespeckt und auf die Strecke zwischen Altshausen und Pfullendorf zugeschnitten ist. „Manche werfen uns vor, mit dem Projekt eine Spielerei zu betreiben. Aber das machen wir keineswegs. Die Anforderungen an die Auszubildenden sind sehr hoch“, sagt von Meißner.
Einen ersten Eindruck bekam die Gruppe beim Auftakt in Pfullendorf.
Los ging es mit den Themen Arbeitsschutz und Unfallverhütung. Die weiteren Module der Ausbildung finden allerdings im Selbststudium über eine Online-Plattform statt. Dafür hat der Verein das Unternehmen Lok Space aus Hagen engagiert. Dieses ist unter anderem auf berufsbegleitende Fernlehrgänge für den Lokführerberuf spezialisiert.
So müssen die 14 Teilnehmer sich in den kommenden Monaten etwa in Themen wie Physikalische Grundlagen des Rad-Schiene-Systems und die Bremsvorrichtungen einarbeiten, aber auch die Details zu Bahnanlagen und diverse Regelwerke lernen.
Bei weiteren Präsenzveranstaltungen ist unter anderem der Einsatz in einem Fahrsimulator geplant – und natürlich folgen die schriftlichen und mündlichen Prüfungen. Erst wenn diese bestanden sind, geht es in die Praxis. „Dazu sind wir in Gesprächen mit verschiedenen Eisenbahnen in der Region, die eine vergleichbare Betriebsstruktur mit ähnlichen oder sogar gleichen Fahrzeugen haben“, berichtet von Meißner. Denn so können sie die notwendige Fahrpraxis für den späteren Einsatz auf der Strecke zwischen Pfullendorf und Altshausen sammeln.
Die Bürgerbahn soll ihren Betrieb im April 2023 aufnehmen. Ursprünglich
sollte mit den Ehrenamtlichen der Fahrplan auf das Winterhalbjahr ausgeweitet werden. „Wir haben aber die Strategie gewechselt, weil es sinnvoller ist, in der wärmeren Jahreszeit mehr Fahrten anzubieten“, sagt von Meißner. So ist der Saisonstart ab dem kommenden Jahr im April statt Mai geplant, außerdem gibt es eine Verlängerung bis in den November.
Zudem sollen auch unter der Woche Fahrten stattfinden. „Wir sind daher sehr zufrieden, dass wir mit 14 Teilnehmern die Ausbildung starten. Es ist eine sehr motivierte und leistungsfähige Gruppe. Wenn alle bestehen, können wir die Schichten sehr gut besetzen“, sagt er. Finanziert wird das Projekt Bürgerbahn über ein Förderprogramm des Bundes sowie Mittel des Landes. „Wir investieren einen mittleren vierstelligen Eurobetrag in jeden Auszubildenden und hoffen natürlich, dass sich ein Teil davon wieder einspielt, wenn der Fahrbetrieb richtig läuft“, sagt von Meißner. In der vergangenen Saison hatte der Freizeitzug erneut aufgrund der Corona-Beschränkungen mit geringen Fahrgastzahlen zu kämpfen.
Am Samstag, 30. April, beginnt die neue Saison. Zwar noch ohne die ehrenamtlichen Lokführer, aber mit einem verbesserten Fahrplan etwa für Anschlüsse in Altshausen nach Bad Saulgau sowie in Aulendorf nach Friedrichshafen. Außerdem sollen neue Züge mit Niederflur-Einstiegen zum Einsatz kommen, die mehr Platz für Fahrräder, Klimaanlage und WLAN bieten.