Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Kein Geld vom Kreis für Klinik Tettnang
Landrat Wölfle liegt Anfrage der Stadt vor – Bodenseekreis sieht sich als Beobachter
FRIEDRICHSHAFEN/TETTNANG Der Bodenseekreis will sich aktuell nicht an der Finanzierung des Krankenhauses Tettnang, das zum Klinikverbund Medizin-Campus Bodensee (MCB) gehört, beteiligen. Das sagte Landrat Lothar Wölfle (CDU) im Jahresinterview mit der „Schwäbischen Zeitung“. Eine entsprechende Anfrage nach Mitfinanzierung seitens des Häfler Oberbürgermeisters Andreas Brand liege dem Kreis vor. Die Stadt Friedrichshafen ist Hauptgesellschafter des MCB. Wölfle kündigte dennoch Gespräche mit Brand an, verweist aber auf die unklare Zukunft der Klinik in Tettnang.
In vielen Städten im Land sind die Landkreise Träger der Kliniken. So zum Beispiel in Ravensburg. „Die Rolle des Bodenseekreises ist aber eine andere“, sagt Lothar Wölfle. Das hänge mit der historischen Entwicklung zusammen. Die Stadt Überlingen habe ihr Krankenhaus Anfang der 2000er-Jahre an die private Helios-Gruppe abgegeben.
Genauso wie der Bodenseekreis das Krankenhaus Tettnang an die Waldburg-Zeil-Kliniken GmbH, von der es schließlich zum MedizinCampus Bodensee (MCB) kam, zu der auch das Klinikum Friedrichshafen gehört. Die Stadt ist wesentlicher Träger der MCB-Häuser. „Das heißt, der Landkreis ist bei dem Thema außen vor“, sagt Wölfle. Rufe aus dem Häfler Gemeinderat, dass sich der Bodenseekreis bei der medizinischen Versorgung stärker einbringen soll, habe man vernommen, sagt Wölfle. Deshalb habe es 2019 Gespräche zwischen Wölfle und Brand über die Situation in Tettnang gegeben. Der Bodenseekreis ist noch mit 5,1 Prozent am Tettnanger Krankenhaus beteiligt, nicht aber am MCB. Man habe aber in Tettnang nichts zu sagen, so Wölfle. „Und auch nichts zu bezahlen, das wurde vertraglich vereinbart“, es gebe keine Nachschusspflicht. Nach der Insolvenz des 14Nothelfer-Krankenhauses in Weingarten, das der MCB ebenfalls übernommen hatte und zunächst alle Aufmerksamkeit der Beteiligten gefordert habe, seien die Gespräche mit der Stadt Friedrichshafen ins Stocken geraten.
Im Oktober 2021 habe Brand in einem Brief darum gebeten, dass sich die Gremien des Bodenseekreises wieder mit dem Thema beschäftigen mögen, vor allem mit „einer solidarischen Mitfinanzierung“der Klinik Tettnang. Es gehe Brand darum, den Gesprächsfaden von 2019 wieder aufzunehmen, meint Wölfle, der die Anfrage aus dem Häfler Rathaus auch im Kreistag bekannt machte. Fragen seien damals etwa gewesen, ob Tettnang ein Haus der Grundund Regelversorgung bleiben kann, wie es vertraglich vereinbart ist zwischen Kreis und Stadt. Oder ob Schwerpunkte gebildet werden sollen oder gar eine Fachklinik entstehen solle. Diese Fragen müssten jetzt wieder auf den Tisch, sagt Wölfle. Man werde sich zusammensetzen.
Mitten in den Prozess kam die Rede des grünen Landessozialministers Manne Lucha im Ravensburger Kreistag. Der Minister schlug dabei eine Beteiligung des MCB am Ravensburger Klinikverbund OSK vor und verkündete, dass Tettnang als Akutklinik keine Zukunft mehr habe. Wölfle kritisiert zwar die Art und Weise von Luchas Vorgehen: „Es geht einfach nicht, dass die Verantwortlichen im Bodenseekreis durch einen Auftritt des Ministers in Ravensburg gesagt bekommen, was sie tun und lassen sollen.“Die Fragen des Ministers hält Wölfle aber für berechtigt. „Wir haben in einer Entfernung von 20 Kilometern drei Krankenhäuser“, sagt der Landrat. Bemerkenswert sei, wie sich Tettnang bei der Konkurrenzlage so lange über Wasser gehalten habe. Aber letztlich würden Patienten mit einer schwerwiegenden Erkrankung dem Haus der Grund- und Regelversorgung in Tettnang das der Maximalversorgung in Ravensburg vorziehen. Das Ganze ähnle der Diskussion um den Tante-Emma-Laden: „Jeder will ihn, aber die meisten gehen dann doch ins große Einkaufszentrum.“
Für Wölfle ist jedenfalls klar:
„Wenn der Minister öffentlich sagt, Tettnang hat keine Zukunft, tue ich mir schwer, dem Kreistag eine Mitfinanzierung vorzuschlagen, also ohne zu wissen, was mit Tettnang passiert.“Man brauche zuerst eine Antwort auf diese Frage, erst dann könne der Kreistag über sechs- bis siebenstellige Beträge diskutieren. Für den Landrat liegt außerdem auf der Hand, dass vor allem OSK und MCB Gespräche führen müssen über die Zukunft der Kliniklandschaft. „Der Bodenseekreis ist da eher Beobachter.“
Ob der Bodenseekreis am Ende tatsächlich wieder als Klinikträger und –finanzierer aktiv wird, ist für Wölfle also noch völlig offen. Gesetzlich sei er erst dann dazu verpflichtet, wenn keine anderen privaten oder kommunalen Träger die Versorgung der Bevölkerung leisten würden oder könnten. So ist es im Landeskrankenhausgesetz geregelt. So habe sich etwa der Landkreis Konstanz beteiligt, als die Kliniken in Konstanz und Singen an ihre Grenzen gekommen waren. Wölfle will dann aber den ganzen Bodenseekreis in seine Überlegungen einbeziehen, in dem es im Augenblick sogar zwei leistungsfähige Klinikträger gebe: „Ich kann nicht nur Friedrichshafen und Tettnang im Blick haben, denn auch Überlingen ist ein wichtiger Standort in unserer Versorgungsstruktur.“