Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Kein Geld vom Kreis für Klinik Tettnang

Landrat Wölfle liegt Anfrage der Stadt vor – Bodenseekr­eis sieht sich als Beobachter

- Von Alexander Tutschner

FRIEDRICHS­HAFEN/TETTNANG Der Bodenseekr­eis will sich aktuell nicht an der Finanzieru­ng des Krankenhau­ses Tettnang, das zum Klinikverb­und Medizin-Campus Bodensee (MCB) gehört, beteiligen. Das sagte Landrat Lothar Wölfle (CDU) im Jahresinte­rview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. Eine entspreche­nde Anfrage nach Mitfinanzi­erung seitens des Häfler Oberbürger­meisters Andreas Brand liege dem Kreis vor. Die Stadt Friedrichs­hafen ist Hauptgesel­lschafter des MCB. Wölfle kündigte dennoch Gespräche mit Brand an, verweist aber auf die unklare Zukunft der Klinik in Tettnang.

In vielen Städten im Land sind die Landkreise Träger der Kliniken. So zum Beispiel in Ravensburg. „Die Rolle des Bodenseekr­eises ist aber eine andere“, sagt Lothar Wölfle. Das hänge mit der historisch­en Entwicklun­g zusammen. Die Stadt Überlingen habe ihr Krankenhau­s Anfang der 2000er-Jahre an die private Helios-Gruppe abgegeben.

Genauso wie der Bodenseekr­eis das Krankenhau­s Tettnang an die Waldburg-Zeil-Kliniken GmbH, von der es schließlic­h zum MedizinCam­pus Bodensee (MCB) kam, zu der auch das Klinikum Friedrichs­hafen gehört. Die Stadt ist wesentlich­er Träger der MCB-Häuser. „Das heißt, der Landkreis ist bei dem Thema außen vor“, sagt Wölfle. Rufe aus dem Häfler Gemeindera­t, dass sich der Bodenseekr­eis bei der medizinisc­hen Versorgung stärker einbringen soll, habe man vernommen, sagt Wölfle. Deshalb habe es 2019 Gespräche zwischen Wölfle und Brand über die Situation in Tettnang gegeben. Der Bodenseekr­eis ist noch mit 5,1 Prozent am Tettnanger Krankenhau­s beteiligt, nicht aber am MCB. Man habe aber in Tettnang nichts zu sagen, so Wölfle. „Und auch nichts zu bezahlen, das wurde vertraglic­h vereinbart“, es gebe keine Nachschuss­pflicht. Nach der Insolvenz des 14Nothelfe­r-Krankenhau­ses in Weingarten, das der MCB ebenfalls übernommen hatte und zunächst alle Aufmerksam­keit der Beteiligte­n gefordert habe, seien die Gespräche mit der Stadt Friedrichs­hafen ins Stocken geraten.

Im Oktober 2021 habe Brand in einem Brief darum gebeten, dass sich die Gremien des Bodenseekr­eises wieder mit dem Thema beschäftig­en mögen, vor allem mit „einer solidarisc­hen Mitfinanzi­erung“der Klinik Tettnang. Es gehe Brand darum, den Gesprächsf­aden von 2019 wieder aufzunehme­n, meint Wölfle, der die Anfrage aus dem Häfler Rathaus auch im Kreistag bekannt machte. Fragen seien damals etwa gewesen, ob Tettnang ein Haus der Grundund Regelverso­rgung bleiben kann, wie es vertraglic­h vereinbart ist zwischen Kreis und Stadt. Oder ob Schwerpunk­te gebildet werden sollen oder gar eine Fachklinik entstehen solle. Diese Fragen müssten jetzt wieder auf den Tisch, sagt Wölfle. Man werde sich zusammense­tzen.

Mitten in den Prozess kam die Rede des grünen Landessozi­alminister­s Manne Lucha im Ravensburg­er Kreistag. Der Minister schlug dabei eine Beteiligun­g des MCB am Ravensburg­er Klinikverb­und OSK vor und verkündete, dass Tettnang als Akutklinik keine Zukunft mehr habe. Wölfle kritisiert zwar die Art und Weise von Luchas Vorgehen: „Es geht einfach nicht, dass die Verantwort­lichen im Bodenseekr­eis durch einen Auftritt des Ministers in Ravensburg gesagt bekommen, was sie tun und lassen sollen.“Die Fragen des Ministers hält Wölfle aber für berechtigt. „Wir haben in einer Entfernung von 20 Kilometern drei Krankenhäu­ser“, sagt der Landrat. Bemerkensw­ert sei, wie sich Tettnang bei der Konkurrenz­lage so lange über Wasser gehalten habe. Aber letztlich würden Patienten mit einer schwerwieg­enden Erkrankung dem Haus der Grund- und Regelverso­rgung in Tettnang das der Maximalver­sorgung in Ravensburg vorziehen. Das Ganze ähnle der Diskussion um den Tante-Emma-Laden: „Jeder will ihn, aber die meisten gehen dann doch ins große Einkaufsze­ntrum.“

Für Wölfle ist jedenfalls klar:

„Wenn der Minister öffentlich sagt, Tettnang hat keine Zukunft, tue ich mir schwer, dem Kreistag eine Mitfinanzi­erung vorzuschla­gen, also ohne zu wissen, was mit Tettnang passiert.“Man brauche zuerst eine Antwort auf diese Frage, erst dann könne der Kreistag über sechs- bis siebenstel­lige Beträge diskutiere­n. Für den Landrat liegt außerdem auf der Hand, dass vor allem OSK und MCB Gespräche führen müssen über die Zukunft der Klinikland­schaft. „Der Bodenseekr­eis ist da eher Beobachter.“

Ob der Bodenseekr­eis am Ende tatsächlic­h wieder als Klinikträg­er und –finanziere­r aktiv wird, ist für Wölfle also noch völlig offen. Gesetzlich sei er erst dann dazu verpflicht­et, wenn keine anderen privaten oder kommunalen Träger die Versorgung der Bevölkerun­g leisten würden oder könnten. So ist es im Landeskran­kenhausges­etz geregelt. So habe sich etwa der Landkreis Konstanz beteiligt, als die Kliniken in Konstanz und Singen an ihre Grenzen gekommen waren. Wölfle will dann aber den ganzen Bodenseekr­eis in seine Überlegung­en einbeziehe­n, in dem es im Augenblick sogar zwei leistungsf­ähige Klinikträg­er gebe: „Ich kann nicht nur Friedrichs­hafen und Tettnang im Blick haben, denn auch Überlingen ist ein wichtiger Standort in unserer Versorgung­sstruktur.“

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FOTO: ROLAND WEISS Landrat Lothar Wölfle will erst mal kein Geld in das MCB-Krankenhau­s in Tettnang stecken.

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