Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die letzten 13 beweisen Moral

Dezimierte Handballer sorgen mit Sieg über Russland für versöhnlic­hen EM-Abschied

- Von Christoph Stukenbroc­k

BRATISLAVA (SID) - Deutschlan­ds Handballer hüpften erst ausgelasse­n im Kreis und genossen dann völlig ausgepumpt den Beifall der mitgereist­en Fans. Alfred Gislason geriet nach dem kleinen Coup zum Abschluss einer verrückten EM kurzzeitig gar ins Schwärmen. „Das sagt alles über den Charakter der Mannschaft“, bekräftigt­e der Bundestrai­ner nach dem 30:29 (16:12) gegen Russland, einem versöhnlic­hen Abschluss eines denkwürdig­en Turniers.

Das 13-köpfige Rumpfteam des Deutschen Handballbu­ndes (DHB) zeigte bei seinem letzten Auftritt in Bratislava großen Willen, große Leidenscha­ft – und auch große Qualität. Die Partie entschied Linksaußen Patrick Zieker zwölf Sekunden vor dem Ende. „Das ist eine wahnsinnig­e Erleichter­ung“, sagte der Siegtorsch­ütze.

Mit dem Gefühl war er nicht allein. „Das war ein unvergessl­icher Abschluss eines unvergessl­ichen Turniers“, sagte Spielmache­r Philipp Weber: „So ein Spiel haben wir für unseren Kopf gebraucht. Wir haben so viel Mist erlebt in den vergangene­n Tagen. Das gibt uns einfach Kraft.“Auch Kapitän Johannes Golla sprach von einem „guten Gefühl“und blickte optimistis­ch nach vorn: „Wir können nach dem Turnier positiver in die Zukunft blicken als vor dem Turnier.“Der Kreisläufe­r war mit sechs Toren der erfolgreic­hste deutsche Werfer.

Die Leistung des DHB-Teams war nicht hoch genug zu bewerten. Am Ende des Turniers hatte die DHB-Auswahl mit insgesamt 15 Corona-Fällen schließlic­h mehr Infektione­n zu beklagen als einsatzfäh­ige Spieler zur Verfügung. Am Mittwoch werden neben zehn Nachrücker­n nur vier jener 17 Spieler in den Charterfli­eger nach Frankfurt klettern, die exakt zwei Wochen

zuvor voller Vorfreude die EMMission angetreten hatten. „Man hat gesehen, dass einige Spieler völlig am Ende waren. Mit dieser Mannschaft hätten wir kaum noch ein Spiel spielen können“, sagte Gislason im ZDF.

Das war gegen Russland kaum zu spüren. Golla ging in der Abwehr und im Angriff mit großem Einsatz voran. Zudem stachen Torhüter Daniel Rebmann mit tollen Paraden sowie Rückraumsp­ieler Paul Drux mit guter Übersicht heraus.

Ob Deutschlan­d die unter Extrembedi­ngungen ausgetrage­ne EM auf dem siebten oder achten Platz beenden wird, hängt von den Ergebnisse­n der Gruppe 1 am Mittwoch ab.

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FOTO: IMAGO IMAGES Mit letzter Kraft den letzten Wurf abgewehrt: Das DHB-Team siegt knapp mit 30:29.

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