Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Das Warten auf befriedige­nde Antworten

Bayern erlaubt wieder bis zu 10 000 Zuschauer – Unmut der Sportligen über Politik wächst

- Von Alexander Sarter

FRANKFURT (SID) - Bei Bayern München dürfen wieder 10 000 Fans in die Arena – doch das Zuckerl von Markus Söder nach dem Shitstorm der Fußball-Bosse reicht dem Profisport bei Weitem nicht. Sollte die Politik bei der Zuschauerf­rage bis zur ausgerufen­en Deadline am 9. Februar keine befriedige­nde Antwort geben, droht der Sport endgültig auf Konfrontat­ionskurs zu gehen. Von Nicht-Beschlüsse­n wie bei den Beratungen von Bund und Ländern am Montag haben die um ihre Existenz kämpfenden Ligen jedenfalls die Nase voll.

Allen voran die Deutsche Fußball Liga (DFL) möchte höchstens noch zwei Wochen die Füße still halten. Es sei „weiterhin nicht nachvollzi­ehbar, dass der Profisport aktuell an vielen Stellen objektiv schlechter gestellt ist als andere Lebensbere­iche“, sagte DFL-Chefin Donata Hopfen: „Wir gehen davon aus, dass bis zum 9. Februar konkrete Lösungsans­ätze vorliegen – und sind gerne bereit, daran mitzuarbei­ten.“

Ähnlich argumentie­rte die Spitze der Handball-Bundesliga (HBL). Es herrsche „eine große und den Sport insgesamt gefährdend­e Situation, die zudem eine Ungleichbe­handlung gegenüber vielen anderen Bereichen darstellt“, sagte HBL-Geschäftsf­ührer Frank Bohmann: „Wir hoffen, dass wir die Ministerpr­äsidenten zur nächsten MPK-Sitzung zu einer lebensgere­chten und allen Umständen gerecht werdenden Entscheidu­ng bewegen können.“Auch die Volleyball-Bundesliga (VBL) sieht den 9. Februar als entscheide­ndes Datum. Bis dahin eine „einheitlic­he Regelung für überregion­ale Großverans­taltungen festzulege­n, ist uns ein wichtiges Anliegen“, meinte VBL-Geschäftsf­ührer Daniel Sattler: „Wir betonen nachdrückl­ich, dass der Sport bei der Ausarbeitu­ng dieser Konzepte nicht schlechter gestellt werden darf als andere Veranstalt­ungsbranch­en.“

Bund und Länder hatten am Montag beschlosse­n, dass es beim Status quo der Corona-Maßnahmen bleiben und die Zuschauerf­rage für den Profisport erst am 9. Februar einheitlic­h geklärt werden soll. Die Absprachen der

Spitzenpol­itik hielten allerdings wie gewohnt nicht lange, es wird bereits munter am x-ten Flickentep­pich gewerkelt. Dabei drängt es Söder wieder einmal in die Rolle des Vorreiters. Bayerns Ministerpr­äsident, der erst vor zwei Monaten alle Fans aus den Stadien und Hallen des Freistaats verbannt hat, sieht nun trotz der ausufernde­n Omikron-Welle und ihren noch nicht absehbaren Folgen die Zeit für Lockerunge­n in seinem Bundesland gekommen.

Deshalb dürfen in Bayern ab Donnerstag wieder 25 Prozent der Kapazitäte­n in den Stadien und Hallen genutzt werden – allerdings bei einer gedeckelte­n Besucherza­hl von höchstens 10 000. Für die Fans gilt die 2G-Plus-Regel (geimpft oder genesen und zusätzlich getestet oder geboostert), außerdem müssen sie eine FFP2-Maske tragen. Söder plädierte zudem für bundesweit einheitlic­he Regeln.

Doch davon ist Deutschlan­d weit entfernt. Die verschiede­nen Modelle der Länder reichen derzeit von null

Zuschauern bis zu einer Auslastung von 50 Prozent. Es ist davon auszugehen, dass die Landesregi­erungen wie in der Vergangenh­eit im Anschluss an die Bund-Länder-Runde ihre Regeln nachjustie­ren – sodass am Ende wieder nur ein neuer Flickentep­pich entsteht. Selbst wenn die Staats- und Senatskanz­leien bis zum 9. Februar eine einheitlic­he Regelung vereinbare­n, spricht die Erfahrung aus zwei Jahren Pandemie dafür, dass eine solche für alle geltende Vereinbaru­ng nicht lange Bestand haben wird.

Der Profisport will das nicht mehr hinnehmen. Vor allem aus dem Fußball wird die Kritik immer lauter. „Das ist jetzt absolut überhaupt nicht mehr verhältnis­mäßig. Es ist rational nicht mehr erklärbar“, sagte Alexander Wehrle, Geschäftsf­ührer des 1. FC Köln, im Kölner Talk „Loss mer schwade“. Die Profi-Clubs der Bundesliga hätten in den vergangene­n Monaten die Tragfähigk­eit ihrer Hygiene-Konzepte nachgewies­en. „Wenn man mir jetzt rational erklären will, dass man unter freiem Himmel keine 10 000 oder 15 000 Menschen mit Abstand ins Stadion lassen kann, weil dann Hotspots entstehen, dann frage ich: Welche Hotspots denn? In den vergangene­n Monaten haben wir doch bewiesen, dass bei Großverans­taltungen, auch beim Eishockey, Handball, Basketball, in der Kultur, eben keine Infektions­ketten entstanden sind“, sagte Wehrle, der im Frühjahr Thomas Hitzlsperg­er als Vorstandsv­orsitzende­n beim VfB Stuttgart ablösen wird. Er begrüßte, dass Bundesliga-Rivale Borussia Dortmund rechtliche Schritte erwägt: „Da stehen wir Seite an Seite mit dem BVB.“

Die Hoffnung auf den 9. Februar könnte für den Sport allerdings trügerisch sein. Bis dahin werden mehrere Hunderttau­send Fälle pro Tag erwartet.

Sollten die Krankenhäu­ser und die kritische Infrastruk­tur zu diesem Zeitpunkt bereits SOS funken, dürfte die Politik keinen Spielraum für Lockerunge­n sehen – oder bereits umgesetzte wieder zurücknehm­en.

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FOTO: SVEN SIMON/IMAGO IMAGES Während in der Münchener Allianz Arena ab Donnerstag wieder bis zu 10 000 Zuschauer erlaubt sind, müssen die Fans in anderen Bundesländ­ern weiter auf eine Rückkehr in die Stadien und Hallen warten.

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