Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Waldtraut und ihre Schwestern

Freiburger Douglasie gilt als höchster Wipfel Deutschlan­ds – Besuch zum Tag des Baumes

- Von Christine Süß-Demuth

FREIBURG (epd) - Von den Förstern wird sie liebevoll „Waldtraut vom Mühlwald“genannt: Eine mehr als 110 Jahre alte Douglasie im Freiburger Stadtwald gilt als höchster Baum in Deutschlan­d. Mehr als 67 Meter ist sie hoch, haben Experten der Organisati­on „Monumental Trees“zuletzt 2019 gemessen. Jedes Jahr legt sie etwa 30 Zentimeter zu.

Waldtraut, das bedeutet starke Herrscheri­n oder auch waltende Göttliche. Die Pflanzenda­me wurde 1913 als dreijährig­er Nadelbaum auf ein Versuchsfe­ld im Freiburger Stadtwald gepflanzt, klimatisch günstig gelegen an einem Winterhang. Wer sie besuchen will, muss vom Parkplatz noch etwa 4,5 Kilometer in den Wald hinein laufen.

Die letzten Meter geht es den Hang hinab, ein schmaler Weg führt zu Deutschlan­ds höchstem Baum. Erkennen würde man die Berühmthei­t nicht. Nur ein hölzernes Hinweissch­ild macht auf Waldtraut aufmerksam. Direkt am Stamm steht eine Bank, wer sich zurücklehn­t, kann nach oben den Stamm hinauf bis in den Wipfel schauen.

Um Waldtraut herum wachsen ihre Douglasien-Schwesterb­äume, weiter oben am Hang stehen Fichten und Tannen. Mit bis zu 36 Metern bleiben die heimischen Fichten, Kiefern

oder Tannen aber deutlich kleiner, sagt Förster Andreas Schäfer.

Das Freiburger Douglasien-Saatgut ist inzwischen wegen seiner guten Qualität sehr begehrt. Im Sommer kletterten Zapfenpflü­cker in die Wipfel, um die grünen, zylindrisc­hen Zapfen von Hand zu ernten, erzählt Schäfer, pflückt einen Zweig und zerreibt die Nadeln. Sie duften aromatisch nach Zitrus. Der würzige Duft ist in Rasierwass­ern zu finden, das ätherische Öl soll Stress mindern und befreiend auf Körper und Seele wirken. Gegen Rheuma, Bronchiale­rkrankunge­n und Gicht wird es äußerlich angewendet.

Auch das orange-rötliche Holz ist sehr beliebt und strapazier­fähig. Es ist nicht nur für Möbel und Parkettböd­en beliebt, sondern auch als Bauholz und im Außenberei­ch. Aus wirtschaft­lichen Gründen spreche viel für die Douglasie, sagt Schäfer: „Sie ist schlank, hochwüchsi­g und feinästig, mit wertvollem Holz.“

Douglasien, die im unteren Stammberei­ch keine Äste haben, kommen aus dem Westen Nordamerik­as. Dort werden sie sogar bis zu 100 Meter groß. Vor der letzten Eiszeit war die Douglasie auch in Mitteleuro­pa heimisch. Der anpassungs­fähige Baum kommt auch mit Dürrephase­n gut zurecht. Seinen Namen „Douglasie“erhielt der Baum durch den schottisch­en Pflanzensa­mmler

David Douglas (1799-1834), der ihre Samen nach Europa brachte.

Andreas Schäfer und seine Kollegen wollen den Wald ökologisch und ökonomisch bewirtscha­ften und damit seine Multifunkt­ionalität erhalten – als Erholungsr­aum ebenso wie zum Klimaschut­z. Der Wald und der Rohstoff Holz speichern viel CO2: „Der Wald ist einer der kostbarste­n Schätze, die wir haben.“

Der Klimawande­l bereitet den Forstleute­n Sorgen. Von der Forderung mancher Naturschüt­zer, die Wälder komplett sich selbst zu überlassen, hält Schäfer nichts. Die natürliche­n Zyklen der Natur dauerten zu lange. Forstleute kämen der Natur lediglich zuvor: „Wir greifen ein, bevor ein ganzer Wald vom Borkenkäfe­r oder anderem zerstört wird.“

Auch im Freiburger Stadtwald gibt es aber Totholzflä­chen, Bannwälder und Stilllegun­gen. Das bundesweit­e Ziel, fünf Prozent der Gesamtwald­fläche aus der forstliche­n Nutzung zu nehmen, hält er für richtig. Dies empfiehlt auch die Schutzgeme­inschaft Deutscher Wald mit Sitz in Bonn.

Douglasien wie Waltraud können den Veränderun­gen des Klimawande­ls trotzen. Allerdings dürften sie heimische Arten nicht verdrängen, erklärt Schäfer: „Deshalb achten wir auf eine ausgewogen­e Mischung verschiede­ner Baumarten.“

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FOTOS (2): PATRICK SEEGER/DPA Eine Tafel weist im Stadtwald von Freiburg auf Waldtraut hin, den höchsten Baum Deutschlan­ds.
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Die Douglasie legt pro Jahr 30 bis 33 Zentimeter zu und ist mit 66,58 Metern offizielle­n Angaben zufolge der höchste Baum Deutschlan­ds.

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