Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Ein Hoffnungsträger aus Altötting
CSU-Chef Söder macht Martin Huber zum Generalsekretär – Landtagsabgeordneter soll Sieg bei „Schicksalswahl“2023 sichern
MÜNCHEN - Martin wer?, fragen am Freitag viele Bürger in Bayern. Martin Huber, Landtagsabgeordneter, ist von CSU-Chef Markus Söder zum neuen Generalsekretär der Partei ernannt worden. Vorangegangen war der Rücktritt des erst vor zehn Wochen berufenen Kurzzeit-Generalsekretärs Stephan Mayer wegen dessen öffentlich gewordener mutmaßlicher Drohung gegenüber einem Journalisten, diesen zu „vernichten“.
Markus Söder bemüht sich um gute Stimmung und Optimismus bei der Vorstellung des Neuen im FranzJosef-Strauß-Haus. Man habe nun die „beste Formation“mit Blick auf die Landtagswahl im Freistaat im Herbst 2023. Huber besitze Organisationstalent für die von der CSU ausgerufene „Schicksalswahl“. Er habe eine große Basisnähe, werde die Partei vor Ort mobilisieren und sofort mit der Arbeit anfangen. In der Parteizentrale sei Huber geschätzt und bestens vernetzt, schließlich hat er dort schon mal gearbeitet. Die inhaltliche Ausrichtung gibt Söder vor: „Wir setzen sehr stark auf die Bayernkarte.“
Bisher hat sich der 44-jährige Huber weitestgehend unterhalb des öffentlichen Radars bewegt. Er ist Umweltpolitiker und mit der Aufgabe betraut, am neuen CSU-Grundsatzprogramm mitzuschreiben. Huber ist verheiratet und hat ein neugeborenes Kind. Altötting ist sein Wahlkreis – von dort stammt auch Vorgänger Mayer als Bundestagsabgeordneter. Söder war es wichtig, jemanden vom Land zu holen, keinen Großstadttypen wie etwa den Vor-Vorgänger Markus Blume. Über Huber sagt Söder: „Er brennt, er will das. Wir werden das zusammen rocken.“
Der Ernannte gibt gleich mal ein recht forsches, kraftvolles Statement ab. Schon am Nachmittag werde er anfangen in der Parteizentrale. Er lobt den „größten Schatz“der CSU – „unsere Basis, unsere Mitglieder“. Er spricht vom „Markenkern“der Partei, die als einzige Volkspartei in der Gesellschaft „verbindet und integriert“. Und ein bisschen Wadlbeißer vom Team Attacke will Martin Huber auch sein.
Dennoch erscheint der bisher Unbekannte er eher als Notlösung. Größere Namen waren gehandelt worden, etwa die 44-jährige bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber. Der Frau mit bosnisch-kroatischen Wurzeln gelingt es aufs Beste, vor allem auf dem Land zu punkten. Söder sagt allerdings, er habe niemanden aus dem Kabinett nehmen wollen. Denn dann hätte sich das Personalkarussell weiter gedreht.
Postenbesetzungen sind nur eines der Probleme, mit denen sich Söder und die CSU derzeit quälen. Andere
Affären und Skandale gibt es auch. So lenkte gerade am Freitag der Oberste Bayerische Rechnungshof (ORH) per Pressemitteilung die Aufmerksamkeit auf einen Fall, der schon länger gärt: den Neubau der Zweigstelle des Deutschen Museums in Nürnberg. Das ist eine Herzensangelegenheit und ein Prestigebau für Markus Söder in seiner Heimatstadt.
Allerdings stellen die Rechnungsprüfer fest, was auch die Opposition kritisiert: Das Projekt wird „deutlich teurer als geplant“.
Das als „Zukunftsmuseum“titulierte Haus soll von einem Investor errichtet und dann für 25 Jahre vom Freistaat angemietet werden. Dafür und für die Betriebskosten zahlt Bayern jährlich sieben Millionen Euro, was der ORH als „vermieterfreundlich“bewertet. Die Gesamtkosten schätzen die Prüfer auf 200 Millionen Euro. Nach Auffassung der Oppositionsfraktionen von Grünen, SPD und FDP sind die Mietkosten insgesamt um 36 Millionen Euro zu hoch. Der Rechnungshof kritisiert, dass die Wirtschaftlichkeit des Preisangebotes nicht geprüft worden war.
Am kommenden Donnerstag wiederum dürfte es im Landtag ungemütlich für die CSU werden. Im Masken-Untersuchungsausschuss über üppige Provisionen für die Vermittlung bei Käufen von CoronaSchutzmasken ist eine besondere Zeugin geladen: Andrea Tandler, Tochter der einstigen CSU-Größe und Strauß-Intimus Gerold Tandler. Laut Berichten hat sie gemeinsam mit einem Partner für das Einfädeln von Maskenverkäufen durch die Schweizer Firma Emix an Bundesund Landesministerien die märchenhafte Summe von 48 Millionen Euro eingestrichen.
Die Geschäfte kamen im Dunstkreis der CSU zustande. Denn bei der Vermittlung von Kontakten erhielt Andrea Tandler, die sich als PRBeraterin bezeichnet, Hilfe von ihrer Freundin Monika Hohlmeier. Diese wiederum ist die Tochter von Franz Josef Strauß und sitzt für die CSU im Europaparlament. Hohlmeier sagt, dass sie keinerlei Geld erhalten hat, an einem späteren Termin wird aber auch sie im Untersuchungsausschuss vernommen.
Im Vergleich zu Tandler sehen die einstigen CSU-Politiker Georg Nüßlein und Alfred Sauter blass aus. Nüßlein, bis zum Herbst 2021 Bundestagsabgeordneter und aus der CSU ausgetreten, hatte 660 000 Euro für Maskendienste empfangen. Bei Sauter, der Landtagsabgeordneter ist und die CSU-Fraktion verlassen hat, waren es rund 1,2 Millionen. Das Geld war gepfändet worden, doch nachdem das Oberlandesgericht München keine Hinweise auf Bestechlichkeit sah, erhielten sie es zurück. Die Generalstaatsanwaltschaft will dagegen beim Bundesgerichtshof Beschwerde einlegen.