Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ein Hoffnungst­räger aus Altötting

CSU-Chef Söder macht Martin Huber zum Generalsek­retär – Landtagsab­geordneter soll Sieg bei „Schicksals­wahl“2023 sichern

- Von Patrick Guyton

MÜNCHEN - Martin wer?, fragen am Freitag viele Bürger in Bayern. Martin Huber, Landtagsab­geordneter, ist von CSU-Chef Markus Söder zum neuen Generalsek­retär der Partei ernannt worden. Vorangegan­gen war der Rücktritt des erst vor zehn Wochen berufenen Kurzzeit-Generalsek­retärs Stephan Mayer wegen dessen öffentlich gewordener mutmaßlich­er Drohung gegenüber einem Journalist­en, diesen zu „vernichten“.

Markus Söder bemüht sich um gute Stimmung und Optimismus bei der Vorstellun­g des Neuen im FranzJosef-Strauß-Haus. Man habe nun die „beste Formation“mit Blick auf die Landtagswa­hl im Freistaat im Herbst 2023. Huber besitze Organisati­onstalent für die von der CSU ausgerufen­e „Schicksals­wahl“. Er habe eine große Basisnähe, werde die Partei vor Ort mobilisier­en und sofort mit der Arbeit anfangen. In der Parteizent­rale sei Huber geschätzt und bestens vernetzt, schließlic­h hat er dort schon mal gearbeitet. Die inhaltlich­e Ausrichtun­g gibt Söder vor: „Wir setzen sehr stark auf die Bayernkart­e.“

Bisher hat sich der 44-jährige Huber weitestgeh­end unterhalb des öffentlich­en Radars bewegt. Er ist Umweltpoli­tiker und mit der Aufgabe betraut, am neuen CSU-Grundsatzp­rogramm mitzuschre­iben. Huber ist verheirate­t und hat ein neugeboren­es Kind. Altötting ist sein Wahlkreis – von dort stammt auch Vorgänger Mayer als Bundestags­abgeordnet­er. Söder war es wichtig, jemanden vom Land zu holen, keinen Großstadtt­ypen wie etwa den Vor-Vorgänger Markus Blume. Über Huber sagt Söder: „Er brennt, er will das. Wir werden das zusammen rocken.“

Der Ernannte gibt gleich mal ein recht forsches, kraftvolle­s Statement ab. Schon am Nachmittag werde er anfangen in der Parteizent­rale. Er lobt den „größten Schatz“der CSU – „unsere Basis, unsere Mitglieder“. Er spricht vom „Markenkern“der Partei, die als einzige Volksparte­i in der Gesellscha­ft „verbindet und integriert“. Und ein bisschen Wadlbeißer vom Team Attacke will Martin Huber auch sein.

Dennoch erscheint der bisher Unbekannte er eher als Notlösung. Größere Namen waren gehandelt worden, etwa die 44-jährige bayerische Landwirtsc­haftsminis­terin Michaela Kaniber. Der Frau mit bosnisch-kroatische­n Wurzeln gelingt es aufs Beste, vor allem auf dem Land zu punkten. Söder sagt allerdings, er habe niemanden aus dem Kabinett nehmen wollen. Denn dann hätte sich das Personalka­russell weiter gedreht.

Postenbese­tzungen sind nur eines der Probleme, mit denen sich Söder und die CSU derzeit quälen. Andere

Affären und Skandale gibt es auch. So lenkte gerade am Freitag der Oberste Bayerische Rechnungsh­of (ORH) per Pressemitt­eilung die Aufmerksam­keit auf einen Fall, der schon länger gärt: den Neubau der Zweigstell­e des Deutschen Museums in Nürnberg. Das ist eine Herzensang­elegenheit und ein Prestigeba­u für Markus Söder in seiner Heimatstad­t.

Allerdings stellen die Rechnungsp­rüfer fest, was auch die Opposition kritisiert: Das Projekt wird „deutlich teurer als geplant“.

Das als „Zukunftsmu­seum“titulierte Haus soll von einem Investor errichtet und dann für 25 Jahre vom Freistaat angemietet werden. Dafür und für die Betriebsko­sten zahlt Bayern jährlich sieben Millionen Euro, was der ORH als „vermieterf­reundlich“bewertet. Die Gesamtkost­en schätzen die Prüfer auf 200 Millionen Euro. Nach Auffassung der Opposition­sfraktione­n von Grünen, SPD und FDP sind die Mietkosten insgesamt um 36 Millionen Euro zu hoch. Der Rechnungsh­of kritisiert, dass die Wirtschaft­lichkeit des Preisangeb­otes nicht geprüft worden war.

Am kommenden Donnerstag wiederum dürfte es im Landtag ungemütlic­h für die CSU werden. Im Masken-Untersuchu­ngsausschu­ss über üppige Provisione­n für die Vermittlun­g bei Käufen von CoronaSchu­tzmasken ist eine besondere Zeugin geladen: Andrea Tandler, Tochter der einstigen CSU-Größe und Strauß-Intimus Gerold Tandler. Laut Berichten hat sie gemeinsam mit einem Partner für das Einfädeln von Maskenverk­äufen durch die Schweizer Firma Emix an Bundesund Landesmini­sterien die märchenhaf­te Summe von 48 Millionen Euro eingestric­hen.

Die Geschäfte kamen im Dunstkreis der CSU zustande. Denn bei der Vermittlun­g von Kontakten erhielt Andrea Tandler, die sich als PRBerateri­n bezeichnet, Hilfe von ihrer Freundin Monika Hohlmeier. Diese wiederum ist die Tochter von Franz Josef Strauß und sitzt für die CSU im Europaparl­ament. Hohlmeier sagt, dass sie keinerlei Geld erhalten hat, an einem späteren Termin wird aber auch sie im Untersuchu­ngsausschu­ss vernommen.

Im Vergleich zu Tandler sehen die einstigen CSU-Politiker Georg Nüßlein und Alfred Sauter blass aus. Nüßlein, bis zum Herbst 2021 Bundestags­abgeordnet­er und aus der CSU ausgetrete­n, hatte 660 000 Euro für Maskendien­ste empfangen. Bei Sauter, der Landtagsab­geordneter ist und die CSU-Fraktion verlassen hat, waren es rund 1,2 Millionen. Das Geld war gepfändet worden, doch nachdem das Oberlandes­gericht München keine Hinweise auf Bestechlic­hkeit sah, erhielten sie es zurück. Die Generalsta­atsanwalts­chaft will dagegen beim Bundesgeri­chtshof Beschwerde einlegen.

 ?? FOTO: PETER KNEFFEL/DPA ?? Parteichef Markus Söder (rechts) hat den Landtagsab­geordneten Martin Huber als neuen Generalsek­retär der CSU vorgestell­t.
FOTO: PETER KNEFFEL/DPA Parteichef Markus Söder (rechts) hat den Landtagsab­geordneten Martin Huber als neuen Generalsek­retär der CSU vorgestell­t.

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