Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Langfristige Hilfe für die Ukraine
Johanniter planen weiteren Transport im Mai und suchen Lagerhalle
RAVENSBURG - Mit jedem weiteren Kriegstag in der Ukraine steigt auch die Zahl der Verwundeten. Um sie und auch erkrankte Menschen auf der Flucht zu behandeln, braucht es gut ausgestattete Krankenhäuser. Dafür möchte die Johanniter-UnfallHilfe Oberschwaben-Bodensee sorgen. Mit der Organisation „Power Bridge“hat sie Unterstützung gefunden. Fotos und ein Dankesbrief zeigen: Die Hilfe kommt an. Wie die Engagierten über Sachspenden hinaus helfen wollen, wissen sie auch schon.
Insgesamt vier Transporte mit 40 Tonnen schweren Lastkraftwägen, bereitgestellt von Firmen aus der Region, haben die Johanniter bereits gemeinsam mit zahlreichen Freiwilligen seit Mitte März organisiert. Das teilt Jessica Flemming vom Regionalverband Oberschwaben-Bodensee der Johanniter mit. Flemming und ihr Team haben 126 Pflegebetten in die Ukraine gebracht. Hinzu kamen unter anderem Matratzen, Kissen sowie Bettwäsche. „Alleine die bereits gelieferten vollausgestatteten Betten haben einen Gesamtwert von rund 93 000 Euro“, so Flemming. Die weiteren vielen Hilfsmittel – wie medizinische Geräte – seien dabei noch nicht mit einberechnet.
Die Sachspenden der Johanniter stammen aus unterschiedlichen Einrichtungen in der Region sowie aus anderen Teilen Deutschlands. „Das konnten wir nur aufgrund des extrem starken Ehrenamts, vor allem bei uns aus der Region, leisten“, so Flemming. Die Freiwilligen hätten ihre freie Zeit an Nachmittagen, in den Abendstunden, an Sonntagen und teils auch ihre Mittagspausen damit verbracht, Hilfsgüter abzuholen und in die verschiedenen Lager zu bringen.
„Wir haben einen direkten Kontakt in die Stadtverwaltungen der Städte Rivne und Dnipro“, schreibt Flemming. Ihrem Team werde konkret mitgeteilt, wo es Bedarf gebe. Durch den engen Kontakt sehe sie auch, dass die Hilfe ankommt. Aus Dnipro in der Südostukraine erhielt sie Fotos von den gespendeten Betten, die nun im städtischen Krankenhaus zum Einsatz kommen.
Der Oberarzt am Krankenhaus von Riwne, Eugene Kucheruk, habe sich in einem Schreiben an die Johanniter Oberschwaben-Bodensee für ihre Unterstützung bedankt. Die Hilfe der Johanniter und all ihren Freiwilligen, durch die er und sein Team so viele Verletzte wie möglich behandeln könnten, sei ohne Zweifel ein besonderes Zeichen von Menschlichkeit. „Unsere Dankbarkeit ist grenzenlos“, heißt es in dem Schreiben von Kucheruk.
Für die Johanniter in der Region sei dies kein kurzfristiges Engagement. „Auch nach Kriegsende wollen wir beim Wiederaufbau von Einrichtungen der Gesundheitsversorgung in der Ukraine unterstützen“, erklärt Flemming. Um dies zu schaffen, sind sie derzeit auf der Suche nach einer Lagerhalle mit 200 bis 300 Quadratmetern im Raum Ravensburg zur langfristigen Anmietung.
Noch im Mai soll ein weiterer Hilfstransport die Region verlassen.
Dieser werde neben weiteren Pflegebetten auch Hilfsmittel für Diabeteserkrankte mitnehmen, so Flemming. Das machen sie für einen ukrainischen Verein, der sich für an Diabetes erkrankte Kinder einsetzt.
Die Johanniter werden seit Kurzem vor Ort in Riwne von der Psychologin Anna Petrukova unterstützt. Sie kümmert sich um die Dokumentation der Projektfortschritte. Ein Mitglied der Johanniter aus der Region kenne die Psychologin persönlich und habe den Kontakt zu ihr hergestellt, so Flemming.
Gemeinsam mit Petrukova wollen die Johanniter weitere Hilfe vor Ort leisten. Die Psychologin erarbeitet derzeit ein Konzept zur Beratung von Eltern. Sie wird künftig in Flüchtlingsunterkünften in der Westukraine Fragen wie diese beantworten: Wie spreche ich mit Kindern über den Krieg oder den Verlust von Angehörigen? Wie viel Medienkonsum in Kriegszeiten ist gesund?
Die Organisation „Power Bridge“Oberschwaben, bestehend aus dem Round Table Ravensburg sowie zahlreichen engagierten Freiwilligen, wird sich an diesem Projekt finanziell beteiligen. „Wir wollen mit unserem Geld immer mehr professionelle Strukturen unterstützen“, erklärt Wurm von Round Table. So könnten Leistungen erbracht werden, die über die Kapazität der Freiwilligen von „Power Bridge“hinausgehen. Mit den Johannitern habe man einen passenden Partner gefunden, so Wurm weiter. Diesen haben sie bereits bei der Einrichtung eines Klinik-Kellers im ukrainischen
Riwne unterstützen können. Kleine und schnelle Hilfen werde die „Power Bridge“aber weiterhin selbst leisten, wie beispielsweise die Verteilung von Spenden in der Region oder die Vermittlung von Arbeitsstellen. Gerade hier in der Region sei durch die bereits angekommenen Geflüchteten ein wahnsinniges hohes Betreuungsaufkommen entstanden. Dieses könne durch die Stadt Ravensburg, aber auch durch „Power Bridge“abgedeckt werden.
Auch Sachspenden würden weiterhin über die Stadt Košice in der Slowakei in die Ukraine gebracht werden. „Wir haben aktuell die Möglichkeit, Nahrungsmittel direkt in die umkämpften Gebiete zu bringen“, sagt Felix Wurm, Sprecher von Round Table. Das sei dank ihres großen Netzwerkes möglich.
Die Güter würden mit großen Lastwagen zur Sammelstelle in Košice in der Slowakei gebracht. Dort laden Helfende die Spenden in kleinere Transporter um. Mit diesen fahren Ehrenamtliche dann weiter in die Ukraine. Spenden nehme die „Power Bridge“weiterhin an, wobei aktuell vor allem Geldspenden gebraucht würden, so Wurm.
Wer den Johannitern eine Lagerhalle zur Verfügung stellen möchte, kann sich bei der JohanniterUnfall-Hilfe melden, Telefonnummer 0751 / 36 14 90. Die Bedarfsliste sowie alle Sammelstellen der Organisation „Power Bridge“sind auf der Internetseite zu finden
www.power-bridge.eu