Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Die Aufgaben der OSK: Kooperation und Unternehmenskultur
Die „vier politisch anspruchsvollsten Wochen dieser Kreistags-Periode“stehen den Fraktionen bis 31. Mai ins Haus, meint Landrat Harald Sievers. Er dürfte mit dieser Prognose, getroffen vor der Präsentation des Gutachtens zur Zukunft der Krankenhäuser im Kreis Ravensburg, nicht viel falsch gemacht haben. Wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, wird es emotional. Kommt dazu die Frage nach den passenden und finanzierbaren Strukturen, wird es auch noch komplex.
Die Ergebnisse des externen Gutachtens waren in Teilen absehbar, die Empfehlungen der vom Kreistag bestellten Experten sind aber dennoch an mehreren Stellen eine schwer zu schluckende Kröte. Gefühlt dürfte der Widerstand der Kreisräte gegen die avisierte Schließung der Gynäkologie und Geburtshilfe in Wangen energischer ausfallen als gegen die Aufgabe des kompletten Krankenhauses in Bad Waldsee. Das hat – vielleicht mehr noch als mit Notwendigkeiten – auch mit der besonderen Vorgeschichte im Allgäu zu tun, wo erst vor zehn Jahren die Kliniken in Leutkirch und Isny dichtgemacht worden waren und Wangen lange als sakrosankt galt.
Einig waren sich alle Fraktionssprecher in ihren ersten Reaktionen darin, dass es künftig nur mit engen Kooperationen unterschiedlicher Anbieter im Kreis und in der Region eine gesicherte Gesundheitsversorgung geben kann. Und an dieser Stelle tut sich eine schmerzliche Lücke auf: Die Zusammenarbeit mit dem Medizin-Campus Bodensee ist an keiner Stelle Bestandteil der entwickelten Szenarien. Wenn der Kreis wirklich bis Ende Mai Nägel mit Köpfen machen will, wird der Vorlauf vielleicht noch nicht einmal reichen, um ein einigermaßen fundiertes, moderiertes Gespräch zwischen den Verantwortlichen am See und im Schussental zu führen. Dabei galt bis vor kurzem das
Zusammenwirken von OSK und MCB noch als die Strategie für die Zukunft, nachdem das Kriegsbeil zwischen den einstigen Konkurrenten zusammen mit dem Krankenhaus 14 Nothelfer in Weingarten begraben worden war – und die Geschäftsführer auf beiden Seiten gewechselt hatten. Und jetzt? Nur zwei dürre Sätze der Gutachter: „Potenzial in der Kooperation mit dem MCB gibt es, aber wir haben zu diesem Punkt noch keine Gespräche geführt.“Es wird höchste Zeit, sollte man meinen.
Höchste Zeit wird es auch, die Unternehmenskultur an der Oberschwabenklinik, besonders am Elisabethenkrankenhaus in Ravensburg, in den Fokus zu nehmen. Die Gutachter haben das Thema, das seit Monaten auf den Gängen und Fluren der OSK schwelt, angesprochen. Die Stimmung am EK ist ziemlich mies. Die Mitarbeiter sind wegen der Corona-Pandemie erschöpft, sie klagen über permanente Überlastung und darüber, dass es nicht genügend Personal auf den Stationen gibt. Schwer vorstellbar für sie, da auch noch künftig die Geburten aus Wangen und die Adipositaschirurgie aufzunehmen. Dazu offenbarten die Mitarbeiter den Gutachtern auch, unter dem schlechten Ruf der Notaufnahme und der Geburtshilfe zu leiden. Man müsse zunächst mal die internen Probleme lösen, bevor überhaupt an eine Erweiterung zu denken sei. Diese Stimmung ist insofern bedenklich, als alle vier von den Gutachtern geprüften Modelle zur Neuausrichtung der OSK von einem Mehrbedarf an Personal ausgehen. Personalgewinnung wird also zu einem zentralen Problem. Und bevor man Personal gewinnen kann, muss man seine vorhandenen Mitarbeiter erst einmal halten. Die übrigens haben in den vergangenen Jahren mit Lohnverzicht und Überstunden einen Löwenanteil daran gehabt, dass die OSK überhaupt so lange in halbwegs ruhigem Fahrwasser unterwegs war. Die Unternehmenskultur: Sie wird auch über die nächsten vier Wochen hinaus eine anspruchsvolle Aufgabe an den Krankenhäusern des Kreises bleiben.
Ein schönes Wochenende!