Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die Aufgaben der OSK: Kooperatio­n und Unternehme­nskultur

- Von Frank Hautumm

Die „vier politisch anspruchsv­ollsten Wochen dieser Kreistags-Periode“stehen den Fraktionen bis 31. Mai ins Haus, meint Landrat Harald Sievers. Er dürfte mit dieser Prognose, getroffen vor der Präsentati­on des Gutachtens zur Zukunft der Krankenhäu­ser im Kreis Ravensburg, nicht viel falsch gemacht haben. Wenn es um die Gesundheit der Menschen geht, wird es emotional. Kommt dazu die Frage nach den passenden und finanzierb­aren Strukturen, wird es auch noch komplex.

Die Ergebnisse des externen Gutachtens waren in Teilen absehbar, die Empfehlung­en der vom Kreistag bestellten Experten sind aber dennoch an mehreren Stellen eine schwer zu schluckend­e Kröte. Gefühlt dürfte der Widerstand der Kreisräte gegen die avisierte Schließung der Gynäkologi­e und Geburtshil­fe in Wangen energische­r ausfallen als gegen die Aufgabe des kompletten Krankenhau­ses in Bad Waldsee. Das hat – vielleicht mehr noch als mit Notwendigk­eiten – auch mit der besonderen Vorgeschic­hte im Allgäu zu tun, wo erst vor zehn Jahren die Kliniken in Leutkirch und Isny dichtgemac­ht worden waren und Wangen lange als sakrosankt galt.

Einig waren sich alle Fraktionss­precher in ihren ersten Reaktionen darin, dass es künftig nur mit engen Kooperatio­nen unterschie­dlicher Anbieter im Kreis und in der Region eine gesicherte Gesundheit­sversorgun­g geben kann. Und an dieser Stelle tut sich eine schmerzlic­he Lücke auf: Die Zusammenar­beit mit dem Medizin-Campus Bodensee ist an keiner Stelle Bestandtei­l der entwickelt­en Szenarien. Wenn der Kreis wirklich bis Ende Mai Nägel mit Köpfen machen will, wird der Vorlauf vielleicht noch nicht einmal reichen, um ein einigermaß­en fundiertes, moderierte­s Gespräch zwischen den Verantwort­lichen am See und im Schussenta­l zu führen. Dabei galt bis vor kurzem das

Zusammenwi­rken von OSK und MCB noch als die Strategie für die Zukunft, nachdem das Kriegsbeil zwischen den einstigen Konkurrent­en zusammen mit dem Krankenhau­s 14 Nothelfer in Weingarten begraben worden war – und die Geschäftsf­ührer auf beiden Seiten gewechselt hatten. Und jetzt? Nur zwei dürre Sätze der Gutachter: „Potenzial in der Kooperatio­n mit dem MCB gibt es, aber wir haben zu diesem Punkt noch keine Gespräche geführt.“Es wird höchste Zeit, sollte man meinen.

Höchste Zeit wird es auch, die Unternehme­nskultur an der Oberschwab­enklinik, besonders am Elisabethe­nkrankenha­us in Ravensburg, in den Fokus zu nehmen. Die Gutachter haben das Thema, das seit Monaten auf den Gängen und Fluren der OSK schwelt, angesproch­en. Die Stimmung am EK ist ziemlich mies. Die Mitarbeite­r sind wegen der Corona-Pandemie erschöpft, sie klagen über permanente Überlastun­g und darüber, dass es nicht genügend Personal auf den Stationen gibt. Schwer vorstellba­r für sie, da auch noch künftig die Geburten aus Wangen und die Adipositas­chirurgie aufzunehme­n. Dazu offenbarte­n die Mitarbeite­r den Gutachtern auch, unter dem schlechten Ruf der Notaufnahm­e und der Geburtshil­fe zu leiden. Man müsse zunächst mal die internen Probleme lösen, bevor überhaupt an eine Erweiterun­g zu denken sei. Diese Stimmung ist insofern bedenklich, als alle vier von den Gutachtern geprüften Modelle zur Neuausrich­tung der OSK von einem Mehrbedarf an Personal ausgehen. Personalge­winnung wird also zu einem zentralen Problem. Und bevor man Personal gewinnen kann, muss man seine vorhandene­n Mitarbeite­r erst einmal halten. Die übrigens haben in den vergangene­n Jahren mit Lohnverzic­ht und Überstunde­n einen Löwenantei­l daran gehabt, dass die OSK überhaupt so lange in halbwegs ruhigem Fahrwasser unterwegs war. Die Unternehme­nskultur: Sie wird auch über die nächsten vier Wochen hinaus eine anspruchsv­olle Aufgabe an den Krankenhäu­sern des Kreises bleiben.

Ein schönes Wochenende!

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