Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Schwierige Beweislage im Missbrauchsprozess
Vater aus Weingarten soll sich an seiner Tochter vergangen haben – Mutter verweigert die Aussage
WEINGARTEN - Der zweite Verhandlungstag im Prozess gegen einen 53-Jährigen aus Weingarten wegen schwerem sexuellen Missbrauch an Kindern zeigte, wie schwierig die Beweislage für die Staatsanwaltschaft ist. Sie legt dem Angeklagten zur Last, sich am 27. April vergangenen Jahres an seiner damals zehnjährigen Tochter vergangen zu haben. Bei einer Verurteilung droht dem Vater eine Gefängnisstrafe.
Doch liegen dem Gericht nach zwei Verhandlungstagen keine schwer belastenden Beweise für die Schuld des 53-Jährigen vor. Die Aussagen der bislang gehörten Zeugen lassen weder auf den Vater als Täter schließen noch gibt es eine klare Erkenntnis, ob überhaupt ein sexueller Missbrauch vorliegt. Zu Letzterem hätten die Ärzte zwar eine Wunde bei dem Mädchen festgestellt. Woher
Der Altersdurchschnitt 70 Jahre, der Vorstandsposten unbeliebt: Viele Vereine in Weingarten und Ravensburg haben es heutzutage nicht leicht. Sie finden immer weniger Mitglieder, Vorstandsposten will sowieso keiner. Es braucht sich keiner zu wundern, wenn die Vereinsvielfalt irgendwann mit den letzten Mitgliedern wegstirbt. Karikatur: Rainer Weishaupt
diese aber rührt, ist bislang unklar. Zudem hat man versäumt, eine wichtige Probe zu entnehmen, mit deren Hilfe man DNA-Spuren hätte nachweisen können.
Zwar hat das Mädchen im Krankenhaus laut Ärzten damals wiederholt die Tat beschrieben. Der Name des Vaters ist aber in diesem Zusammenhang vor Gericht bislang nicht explizit gefallen. Laut einer Ärztin soll die Zehnjährige auf die Frage, wer sich an ihr vergangen hat, sinngemäß gesagt haben: „Mama, du weißt, wer.“
Außerdem will das junge Mädchen auf einem Zettel aufgeschrieben haben, „Papa hat etwas ganz Schlimmes getan“. Den Zettel konnte die Kriminalpolizei aber nicht in der Wohnung finden.
Aufgrund der Aussage des Mädchens und ihrer Verletzung habe für das Krankenhaus laut Zeugenaussagen der Verdacht eines sexuellen Missbrauchs vorgelegen. Man habe es daraufhin in Obhut und stationär aufgenommen.
Wie der Verdacht gegen den Vater letztendlich aufkam, ist noch nicht eindeutig. Allerdings musste der 53Jährige die gemeinsame Wohnung verlassen. Zuerst habe er bei seiner Mutter gewohnt, sagte er vor Gericht aus. Doch das sei auf Dauer nicht gegangen. Seitdem übernachtet er in seinem Auto. Ausführlich schilderte er auf Nachfrage der Kammer, wie seine Ehe verlaufen sei. Bis ins kleinste Detail beantwortete er Fragen zu seinem Sexualleben und finanziellen Verhältnissen. Durch seinen Verteidiger Uwe Rung ließ der 53-Jährige erklären, das er die Tat bestreite. Rung kündigte auch eine Erklärung im Namen seines Mandanten zu gegebener Zeit an. Geladen hatte das Gericht am zweiten Verhandlungstag
auch die Ehefrau. Sie machte von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und sagte nicht aus. Auch das Mädchen werde laut Verteidiger Rung nicht vor Gericht aussagen. Da bedeutet wiederum, dass die Kammer keine Aussagen des Mädchens, die Zeugen vor Gericht äußerten, bei der Beurteilung des Tatvorwurfs berücksichtigen darf.
Eine große Rolle könnte deshalb das Gutachten des Rechtsmediziners Sebastian Kunz spielen, dessen Aufgabe es sein wird, zu klären, ob die Verletzungen des Mädchens mit dem Tatvorwurf vereinbar sind. Der Rechtsmediziner wird vermutlich am kommenden Montag zu Wort kommen. Dann wird der Prozess fortgesetzt.
„Mama, du weißt, wer.“
Laut einer Ärztin soll die Zehnjährige auf die Frage, wer sich an ihr vergangen hat, sinngemäß so
geantwortet haben.