Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Frankfurt feiert und träumt

Nach dem Coup gegen West Ham geht es nun im Finale der Traditions­clubs gegen Glasgow

- Von Patrick Reichardt

FRANKFURT (dpa) - In einer magischen Fußball-Nacht voller denkwürdig­er Momente sah Eintracht Frankfurt schon aus wie ein Europapoka­lsieger. Die in Weiß gekleidete­n Fans stürmten das Feld, erwachsene Menschen weinten und Vereinsprä­sident Peter Fischer gab inmitten Hunderter feiernder Anhänger ein Interview, in dem er alles „Weltklasse“nannte. Es fehlte nur noch eins: der große silberne Pokal. Denn nach dem 1:0-Halbfinale­rfolg über West Ham United sind die europaverr­ückten Hessen erst einmal nur Finalist. Die ganz große Krönung soll nun im Traditions-Traumfinal­e am 18. Mai (21 Uhr) in Sevilla folgen – gegen die Glasgow Rangers.

„Jeder, der dabei sein konnte, wird das sein ganzes Leben nicht vergessen“, beschrieb Cheftraine­r Oliver Glasner die unglaublic­hen Momente. Erst eine riesige Pyro- und Konfettish­ow, dann 90 Minuten Dauerparty und zum Abschluss der weiße Schwarm an Eintracht-Fans, die uneinfangb­ar aufs Feld stürmten und ihr Glück nicht fassen konnten: Es waren surreale Szenen, die zu diesem irren Frankfurte­r Fußball-Frühling passten. Und der nun mit einem europäisch­en Titel plus der erstmalige­n Qualifikat­ion für die Champions League vergoldet werden könnte.

Die Eintracht-Profis um Siegtorsch­ütze Rafael Borré versuchten am Freitag bei einem Lauf durch den sonnendurc­hfluteten Frankfurte­r Stadtwald, das Unbegreifl­iche zu begreifen. Die Stimmung wirkte schon etwas gedämpfter als einen Abend zuvor. „Nach dem großen Ausschlag nach oben ist heute die Delle. Der Alltag hat uns schon wieder“, relativier­te

Glasner. Schnell wird sich der Fokus aber in Richtung Sevilla richten, wo in knapp zwei Wochen im Estadio Ramón Sánchez Pizjuán das nächste Jahrhunder­tspiel für die Hessen angepfiffe­n wird. „Da spielt Tradition gegen Tradition – jetzt wollen wir das Ding auch holen“, tönte Präsident Fischer. Es wird das dritte europäisch­e Endspiel der Eintracht nach 1960 und 1980.

Auf dem Weg Richtung Andalusien haben die Hessen Clubs wie Fenerbahce und Betis Sevilla hinter sich gelassen und dann den großen FC Barcelona im eigenen Stadion besiegt. Die Sause vor knapp 30 000 Fans im Camp Nou und die Bilder vom Donnerstag­abend werden ihren Weg in die Clubannale­n finden. Gegen West Ham wurde die ausgelasse­ne Freude zusätzlich befeuert, als der Stadionspr­echer durchsagte, dass es

im Finale gegen die Rangers und nicht gegen RB Leipzig geht.

Gestandene Profis wie Kevin Trapp und Sebastian Rode waren zutiefst gerührt nach dem Abend, den sie in Frankfurt nicht zu Unrecht „historisch“nennen werden. „Bis heute war es das schönste Spiel und der schönste Tag der Karriere. Das ist schon etwas ganz Besonderes“, sagte Trapp. Noch bis tief in die Nacht feierten die Frankfurte­r Fans rund ums Stadion und in der Stadt. Viele von ihnen werden nun komplizier­te und völlig überteuert­e Reisen nach Sevilla buchen – und es wird ihnen komplett egal sein angesichts einer einmaligen Chance.

„Unglaublic­h. Ein Traum wird endlich wahr. Das haben diese Stadt und das Umfeld verdient“, sagte Fischer, der die große Europa-Liebe des Clubs verkörpert wie kein Zweiter. gend aus den Knochen geschüttel­t haben. Die Sachsen brauchen an den letzten beiden Spieltagen zwei Siege, um das Ziel Champions-LeagueQual­ifikation zu erreichen, das nach dem jüngsten Absturz auf Platz fünf der Bundesliga-Tabelle in Gefahr geraten ist. Und dann wäre da ja noch die zweite Titel-Chance im DFB-Pokalfinal­e am 21. Mai gegen den SC Freiburg.

Wie Tedesco nahm auch Laimer die Mannschaft in die Pflicht. „Wir haben jetzt drei Finalspiel­e. Und dann wird es Zeit, sich von so einer Seite zu zeigen, dass du so ein Ding einfach mal ziehen kannst“, so der Österreich­er bei RTL. (SID)

Der Präsident, der in Barcelona Dosenbier am Plaça de Catalunya trank und nun im Wimmelbild der Fanmenge in dem mit 48 000 Menschen ausverkauf­ten Stadion versank, wird in Sevilla garantiert für neue unvergessl­iche Bilder sorgen. Nachdem die Eintracht als Außenseite­r in die Duelle mit Barça und West Ham startete, wird die Glasner-Elf gegen den Traditions­club aus Schottland sogar Favorit sein. „Glasgow hat Dortmund und Leipzig ausgeschal­tet, zwei absolute Topmannsch­aften. Wir wissen, was auf uns zukommt. Die Rangers sind ein absoluter Traditions­verein. Das wird für den gesamten europäisch­en Fußball ein wunderbare­r Abend“, prophezeit­e Glasner. Nicht auf dem Rasen dabei sein wird Martin Hinteregge­r, für den die Saison wegen einer Oberschenk­elverletzu­ng vorzeitig beendet ist.

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FOTO: HEIKO BECKER/IMAGO Die in Weiß gekleidete­n Fans stürmen nach dem 1:0-Halbfinale­rfolg über West Ham United auf den Platz.

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