Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bund macht Druck bei Windkraftausbau
Regierung erhöht Flächenziele und will Abstandsregeln kippen – Empörung in Bayern
BERLIN/STUTTGART/MÜNCHEN Für einen deutlich schnelleren Ausbau von Windrädern in Deutschland will der Bund den Ländern gesetzliche Vorgaben machen und damit den Druck erhöhen. Strenge Abstandsregeln zu Wohnhäusern sollen gekippt werden, falls Länder neue Flächenziele nicht erreichen. Auch in Landschaftsschutzgebieten könnten bald Windräder stehen. Das sehen Pläne aus dem Wirtschafts- und Klimaschutzministerium von Robert Habeck (Grüne) sowie dem Bau- und dem Umweltministerium vor.
Baden-Württemberg und Bayern sollen nach den am Mittwoch vorgelegten Plänen einen unterdurchschnittlichen Flächenanteil beitragen – aufgrund landschaftlicher Gegebenheiten. Während bundesweit ein gesetzlich verpflichtendes Flächenziel von 1,4 Prozent bis 2026 und von zwei Prozent bis 2032 gelten soll, sind in Baden-Württemberg und Bayern sowie in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland nur 1,1 und 1,8 Prozent für Windräder vorgesehen.
Grundsätzliche Zustimmung kam am Mittwoch aus Stuttgart. „Wir müssen den Ausbau massiv und schnellstmöglich voranbringen, um die Erderhitzung einzudämmen und uns aus der fossilen Klammer einzelner Länder wie Russland zu befreien“, sagte ein Sprecher von Umweltministerin Thekla Walker (Grüne) der „Schwäbischen Zeitung“. Zudem seien regenerative Quellen auch eine Frage der Industrieansiedelung geworden. Firmen zögen dorthin, wo sie günstigen und klimafreundlichen Strom vorfinden. Baden-Württemberg habe ohnehin schon „ein sehr ehrgeiziges und weitreichendes Klimaschutzgesetz“und ein „Mindestflächenziel von zwei Prozent für Wind- und Solarenergie“.
Bei den Abstandsregeln will der Bund die Daumenschrauben anziehen – betroffen wäre davon insbesondere Bayern mit der 10H-Mindestabstandsregel, die den zehnfachen Abstand der Windradhöhe zur nächsten Siedlung vorschreibt. Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU) kritisierte die Pläne des Bundes als „Bürokratiemonster“. „Die bestehenden landesrechtlichen Regelungen werden mit perfider Gesetzestechnik und brachialer Sanktionsmechanik ausgehöhlt.“Und weiter: „Im Kern will der Bund die Mindestabstände für Windkraft in Windenergiegebieten ohne Rücksicht auf Verluste abschaffen.“Der Bund stelle damit die Windkraft gegen die Menschen und mache Politik mit der Brechstange.