Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Wie Wasser zum Klimaschützer wird
Moore sollen das Thema des Biosphärengebiets Oberschwaben werden
BAD WURZACH/KREIS RAVENSBURG - Oberschwaben ist gesegnet mit vielen Moorflächen, und es sind genau diese Moorflächen, die das verbindende Thema für ein eventuell neues Biosphärengebiet Oberschwaben werden können. Ein Biosphärengebiet ist eine Modellregion, in der Naturschutz und nachhaltiges Wirtschaften gefördert werden sollen. Dabei spielt auch das Wasser eine erhebliche Rolle, denn ohne Wasser gäbe es keine Moore. In der Vergangenheit wurden viele Moorflächen ausgetrocknet, doch jetzt gibt es einen umgekehrten Trend: Es wird immer mehr Wert auf intakte Moore gelegt. Denn Moore leisten einen wichtigen Beitrag zum Klima- und sogar Hochwasserschutz.
Blickt man auf Oberschwaben aus der Vogelperspektive, so sieht der Betrachter nördlich vom Bodensee eine große grüne Fläche mit vielen Siedlungen dazwischen. Kleine Seen lockern das Grün auf. Oft finden sich an diesen oberschwäbischen Seen auch Naturschutzgebiete. Dies ist etwa am Federsee in Bad Buchau der Fall, aber auch im Wurzacher Ried, im Pfrunger-Burgweiler Ried, im Allgäu oder an der Blitzenreuter Seenplatte. Aber auch zwischen diesen größeren Gebieten gibt es immer wieder kleinere Moorflächen.
Wasser ist dabei das verbindende Element: Ohne Wasser gäbe es keine Moore – und die haben eine bedeutende Rolle für das Klima. Das sagt auch Franz Bühler. Er ist einer von zwei Koordinatoren, die im Auftrag des Landes den Prozess „Biosphärengebiet“
in Oberschwaben begleiten. „Moore sind sehr relevant für den Klimaschutz, weil sie CO2 speichern.
Die Zahlen sind beeindruckend: Moore speichern genauso viel Kohlenstoff wie Wälder, obwohl diese nur vier Prozent der Fläche von Deutschland einnehmen. Wälder hingegen nehmen rund 30 Prozent ein“, so Bühler.
Diese Erkenntnis ist nicht neu, hat es doch in der jüngsten Vergangenheit diverse Projekte zur Wiedervernässung von
Mooren gegeben – etwa im Pfrunger-Burgweiler Ried. Von 2002 bis 2015 wurde hier für mehrere Millionen Euro die Wiedervernässung geplant und schließlich auch umgesetzt. Es handelte sich um eines der größten Naturschutzprojekte von Baden-Württemberg. Das Ried ist schließlich eines der bedeutendsten Moorgebiete in Süddeutschland. In der Geschichte wurde dem Klimaaspekt noch keine Aufmerksamkeit geschenkt. So wurden viele oberschwäbische Moore teilweise trockengelegt, um den Torf abzubauen oder das Land fruchtbar zu machen. So zum Beispiel auch bei Wilhelmsdorf, wo die ersten Siedler der Brüdergemeinde aus Korntal das Ried im Auftrag des königlichen Hauses Württemberg zu Beginn des 19. Jahrhunderts bewirtschaften sollten. Auch in Bad Wurzach wurde der Torf gestochen. Allerdings ist die Bedeutung von Mooren für die Natur schon lange bekannt. Denn Moore zählten zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den ersten Naturschutzgebieten in Deutschland. Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass noch immer 95 Prozent der existierenden Moore entwässert und bedroht seien.
Einem Bericht des NDR zufolge sind trockengelegte Moore für geschätzt zwei bis drei Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich, denn bei der Trockenlegung wird CO2 freigesetzt. Übrigens wird im Reichermoos bei Vogt (am Rande des Altdorfer Waldes) noch heute Torf abgebaut, der an die Heilbäder in der Region geliefert wird.
Franz Bühler kann sich vorstellen, dass es in den Mooren der Region noch weitere Projekte abseits der Naturschutzzentren wie im Pfrunger-Burgweiler Ried oder im Wurzacher Ried geben könnte.
Bühler betont, dass dies jedoch immer voraussetzt, dass das auch alle Beteiligten wollen. Er berichtet von einem Projekt der Universität Greifswald, wie der Mensch das Moor als Klimaschutzinstrument nutzen kann. Dabei spielen die sogenannte Paludikulturen eine wichtige Rolle. Paludikulturen werden Pflanzen genannt, die auf Moorgebieten angebaut werden können, zum Beispiel Schilf. „Von Schilf weiß man, dass es Kohlenstoff bindet und Schilf kann man wiederum auch als Dämmmaterial einsetzen“, sagt Bühler. Doch auch das funktioniert nur mit einem intakten nassen Moor.
Und dann nennt er noch eine weitere wichtige Aufgabe in Zeiten des Klimawandels: Moore haben durch ihre Schwammfunktion eine wichtige Bedeutung für den Hochwasserschutz, weil sie bei Starkregenereignissen das Wasser aufsaugen und speichern können.