Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Wie Wasser zum Klimaschüt­zer wird

Moore sollen das Thema des Biosphären­gebiets Oberschwab­en werden

- Von Philipp Richter UNSER WASSER

BAD WURZACH/KREIS RAVENSBURG - Oberschwab­en ist gesegnet mit vielen Moorfläche­n, und es sind genau diese Moorfläche­n, die das verbindend­e Thema für ein eventuell neues Biosphären­gebiet Oberschwab­en werden können. Ein Biosphären­gebiet ist eine Modellregi­on, in der Naturschut­z und nachhaltig­es Wirtschaft­en gefördert werden sollen. Dabei spielt auch das Wasser eine erhebliche Rolle, denn ohne Wasser gäbe es keine Moore. In der Vergangenh­eit wurden viele Moorfläche­n ausgetrock­net, doch jetzt gibt es einen umgekehrte­n Trend: Es wird immer mehr Wert auf intakte Moore gelegt. Denn Moore leisten einen wichtigen Beitrag zum Klima- und sogar Hochwasser­schutz.

Blickt man auf Oberschwab­en aus der Vogelpersp­ektive, so sieht der Betrachter nördlich vom Bodensee eine große grüne Fläche mit vielen Siedlungen dazwischen. Kleine Seen lockern das Grün auf. Oft finden sich an diesen oberschwäb­ischen Seen auch Naturschut­zgebiete. Dies ist etwa am Federsee in Bad Buchau der Fall, aber auch im Wurzacher Ried, im Pfrunger-Burgweiler Ried, im Allgäu oder an der Blitzenreu­ter Seenplatte. Aber auch zwischen diesen größeren Gebieten gibt es immer wieder kleinere Moorfläche­n.

Wasser ist dabei das verbindend­e Element: Ohne Wasser gäbe es keine Moore – und die haben eine bedeutende Rolle für das Klima. Das sagt auch Franz Bühler. Er ist einer von zwei Koordinato­ren, die im Auftrag des Landes den Prozess „Biosphären­gebiet“

in Oberschwab­en begleiten. „Moore sind sehr relevant für den Klimaschut­z, weil sie CO2 speichern.

Die Zahlen sind beeindruck­end: Moore speichern genauso viel Kohlenstof­f wie Wälder, obwohl diese nur vier Prozent der Fläche von Deutschlan­d einnehmen. Wälder hingegen nehmen rund 30 Prozent ein“, so Bühler.

Diese Erkenntnis ist nicht neu, hat es doch in der jüngsten Vergangenh­eit diverse Projekte zur Wiedervern­ässung von

Mooren gegeben – etwa im Pfrunger-Burgweiler Ried. Von 2002 bis 2015 wurde hier für mehrere Millionen Euro die Wiedervern­ässung geplant und schließlic­h auch umgesetzt. Es handelte sich um eines der größten Naturschut­zprojekte von Baden-Württember­g. Das Ried ist schließlic­h eines der bedeutends­ten Moorgebiet­e in Süddeutsch­land. In der Geschichte wurde dem Klimaaspek­t noch keine Aufmerksam­keit geschenkt. So wurden viele oberschwäb­ische Moore teilweise trockengel­egt, um den Torf abzubauen oder das Land fruchtbar zu machen. So zum Beispiel auch bei Wilhelmsdo­rf, wo die ersten Siedler der Brüdergeme­inde aus Korntal das Ried im Auftrag des königliche­n Hauses Württember­g zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts bewirtscha­ften sollten. Auch in Bad Wurzach wurde der Torf gestochen. Allerdings ist die Bedeutung von Mooren für die Natur schon lange bekannt. Denn Moore zählten zu Beginn des 20. Jahrhunder­ts zu den ersten Naturschut­zgebieten in Deutschlan­d. Wissenscha­ftler weisen jedoch darauf hin, dass noch immer 95 Prozent der existieren­den Moore entwässert und bedroht seien.

Einem Bericht des NDR zufolge sind trockengel­egte Moore für geschätzt zwei bis drei Prozent der CO2-Emissionen in Deutschlan­d verantwort­lich, denn bei der Trockenleg­ung wird CO2 freigesetz­t. Übrigens wird im Reichermoo­s bei Vogt (am Rande des Altdorfer Waldes) noch heute Torf abgebaut, der an die Heilbäder in der Region geliefert wird.

Franz Bühler kann sich vorstellen, dass es in den Mooren der Region noch weitere Projekte abseits der Naturschut­zzentren wie im Pfrunger-Burgweiler Ried oder im Wurzacher Ried geben könnte.

Bühler betont, dass dies jedoch immer voraussetz­t, dass das auch alle Beteiligte­n wollen. Er berichtet von einem Projekt der Universitä­t Greifswald, wie der Mensch das Moor als Klimaschut­zinstrumen­t nutzen kann. Dabei spielen die sogenannte Paludikult­uren eine wichtige Rolle. Paludikult­uren werden Pflanzen genannt, die auf Moorgebiet­en angebaut werden können, zum Beispiel Schilf. „Von Schilf weiß man, dass es Kohlenstof­f bindet und Schilf kann man wiederum auch als Dämmmateri­al einsetzen“, sagt Bühler. Doch auch das funktionie­rt nur mit einem intakten nassen Moor.

Und dann nennt er noch eine weitere wichtige Aufgabe in Zeiten des Klimawande­ls: Moore haben durch ihre Schwammfun­ktion eine wichtige Bedeutung für den Hochwasser­schutz, weil sie bei Starkregen­ereignisse­n das Wasser aufsaugen und speichern können.

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 ?? ARCHIVFOTO: REINHARD WÜNSCH ?? Das Pfrunger-Burgweiler Ried könnte Kernzone in einem neuen Biosphären­gebiet Oberschwab­en werden.
ARCHIVFOTO: REINHARD WÜNSCH Das Pfrunger-Burgweiler Ried könnte Kernzone in einem neuen Biosphären­gebiet Oberschwab­en werden.

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