Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Robert Habeck gibt „Duschkopf-Tipps“
Umweltschützer kritisieren Energiespar-Kampagne des Wirtschaftsministers
BERLIN - Auch die Energie fürs Warmwasser kommt irgendwo her – und könnte bei einem Lieferstopp von russischem Gas knapp werden. Um dem vorzubeugen, hat der Wirtschaftsminister eine Energiesparkampagne vorgestellt. Die kommt nicht überall gut an.
Im Bundeswirtschaftsministerium beginnt bald das große Schwitzen. Von 22 auf 26 Grad wurde die Raumsolltemperatur der altehrwürdigen Gemäuer in der Berliner Invalidenstraße erhöht, auch im Büro von Minister Robert Habeck. 40 Prozent der Energie für die Raumkühlung will der Grünen-Politiker einsparen und so mit gutem Beispiel vorangehen. Denn ähnliches wünscht er sich auch von den restlichen Einwohnern der Bundesrepublik. „Machen Sie mit!“warb er am Donnerstag für die neue Energiesparkampagne seines Hauses und mehrerer Verbände mit dem Titel: „80 Millionen gemeinsam für den Energiewechsel.“„
Ziel ist es, den Energieverbrauch zu senken, die Abhängigkeit von Gas- und Ölimporten aus Russland zu verringern und nebenbei das Klima zu schützen. „Regelmäßig das Eisfach abtauen, Duschkopf wechseln oder in Büros die Beleuchtung auf LED umstellen – das senkt den Verbrauch. Und wenn viele das machen, bringt das in der Summe wirklich was“, so Habeck, der die Fassadenbeleuchtung, Brunnen und Kunstwerke in seinem Ministerium bereits abgeschaltet hat.
Damit das Beispiel Schule macht, sollen in den kommenden Monaten auf digitalen Anzeigetafeln etwa an Bahnhöfen und öffentlichen Plätzen, im Internet und in sozialen Netzwerken Appelle und Tipps zum Energiesparen zu sehen sein. Auf der Kampagnen-Website kann man die Motive bereits betrachten: „Danke, dass ihr eure Klimaanlage zwei Grad höher dreht“ist darauf zu lesen, oder: „Solarstrom vom Dach zahlt sich gleich dreifach aus.“Und: „Liebe Duschfans, ein Energiespar-Duschkopf spart 30 Prozent Energie fürs Warmwasser.“Er wolle nicht, dass die Leute jetzt weniger duschen oder gar stinken, so der Minister, aber man solle daran denken, „dass die Warmwassergewinnung auch nicht energiefrei erfolgt“. Eine TelefonHotline und Infoveranstaltungen soll es ebenfalls geben.
Was gut gemeint ist, kommt allerdings ausgerechnet bei Umweltschützern überhaupt nicht gut an. „Die Einsparpotenziale durch optimiertes Nutzerverhalten liegen bei wenigen Prozent“, kritisiert Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe. Nötig seien ihrer Meinung nach strengere Effizienzstandards bei Gebäuden. Habeck hingegen verschiebe „die Verantwortung vor allem auf die Verbraucherinnen und Verbraucher und gibt Duschkopf-Tipps“. Ähnlich äußerte sich der WWF, der die Ausrichtung der Kampagne auf Privathaushalte und Gewerbe kritisierte. „Notwendig sind insbesondere verbindliche Einsparungen im Industriesektor“, so Energieexpertin Viviane Raddatz.
Habeck sieht das anders: Man fange klein ein, weite das Projekt aber aus. Was das für seine Mitarbeiter bedeutet und ob sie wenigstens Ventilatoren benutzen dürfen, ließ seine Sprecherin offen.