Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Bei den Krankenhäusern wiederholt sich die Geschichte
Weitgehend leidenschaftslos haben die meisten Ravensburger die Entscheidung des Kreistags zur Zukunft der Oberschwabenklinik (OSK) verfolgt. Im Gegensatz zu Bad Waldsee und Wangen stand im Schussental ja auch vergleichsweise wenig bis gar nichts auf dem Spiel: Dass die geriatrische Reha aus dem Heilig-Geist-Spital ausziehen würde, war schon vor dem Beschluss ausgemachte Sache. Und eine wesentliche Konsequenz der OSK-Neustrukturierung, die weitere Stärkung des St. Elisabethen-Klinikums als eine in der Spitze wie in der Breite bestens aufgestellte Kreiszentrale, kommt ja den Ravensburgern (natürlich auch den Weingartenern) sogar zugute. Ein wenig Spiegelfechterei ist jetzt noch die Kampfansage aus dem Gemeinderat, die Reha dauerhaft am EK halten zu wollen. Die Pläne sehen anderes vor, nämlich – nach einer Übergangszeit – eine Umwandlung in eine reine Akut-Geriatrie der OSK in Ravensburg und die Fortsetzung des RehaAngebotes mit einem (privaten) Partner im Kreis.
In diesem Zusammenhang endet auch die bis ins Mittelalter zurückreichende Geschichte des HeiligGeist-Spitals als Krankenhaus unwiderruflich. Für die meisten jüngeren Ravensburger ist auch das keine große Sache mehr, nachdem es das Spital als Grundversorger schon seit gut 25 Jahren nicht mehr gibt und die meisten mit der Reha-Fachklinik kaum Berührungspunkte gehabt hagen ben dürften. Den emotionalen Abschied vom Spital haben die älteren Generationen, Ravensburger, die im Spital geboren oder geheilt worden sind, die sich dort von Sterbenden verabschiedet haben, dagegen bereits hinter sich. Die Geschichte, die sich Mitte der 90er-Jahre in Ravensburg abgespielt hat, erinnert frappierend an den Kampf, den die Bad Waldseer jetzt vergeblich um ihr Krankenhaus geführt haben (und zuvor die Menschen in Leutkirch und Isny).
Auch im Falle des Spitals kam der Handlungsdruck über die Finanzierungsfrage und zuerst vom Bund und vor allem vom Land. Die „Schwäbische Zeitung“schrieb vom „Stuttgarter Spital-Diktat“. Schon 1990 wurde in der Landeshauptstadt infrage gestellt, dass Ravensburg neben dem großen EK auch noch ein eigenes städtisches Krankenhaus braucht. Auch damals formierte sich als Reaktion prompt eine Bürgerinitiative – eine eindrucksvolle.
Rund 25 000 Ravensburger unterschreiben für ihr Spital. Eine Petition geht ans Sozialministerium. Inhalt: Das Haus mit voll belegten 100 Akutbetten in den Abteilungen Innere Medizin und Chirurgie zu erhalten und zusätzlich eine Abteilung geriatrische Rehabilitation mit 40 Betten zu schaffen. Ministerpräsident Lothar Späth erhält bei einem Besuch in Ravensburg eine Protestnote überreicht. Die SZ konstatiert in der hiesiBürgerschaft ein „Gefühl der Ohnmacht“denen „da oben“gegenüber, „die ja doch machen, was sie wollen“, wie sich der frühere SZ-Redakteur Günter Peitz in einem Artikel erinnert.
Als Teufel 1995 zum Rutenfest kommt, prangt gegenüber der Tribüne, auf der er sitzt, ein Spruchband: „Wort halten – Spital erhalten!“Es sollte alles vergebens sein. Zwei Jahre stationäre Chirurgie bleiben noch, auch die Innere Abteilung wackelt schon bald und soll ans EK verlegt werden. In der Bevölkerung macht sich Resignation breit. Aber es schält sich gleichzeitig auch ein neues Spital-Konzept heraus, eines, das sich zunächst als zukunftsträchtig erweisen sollte: geriatrische Reha. Aus Stuttgart kommt tatsächlich grünes Licht und die Zusage für einen fetten Landeszuschuss, an dem der notwendige Umbau und die Sanierung des Spitals hängen. Über 20 Jahre ist dann Ruhe.
Auch diese Geschichte endet nun vermutlich nächstes Jahr. Wenn es der Stadt tatsächlich gelingt, aus dem Heilig-Geist-Spital nach dem Auszug der OSK ein großes Ärztezentrum zu machen, dann würde das altehrwürdige Gebäude zumindest als Haus der Gesundheit erhalten bleiben.
Mit dem aufgemuskelten EK in der unmittelbaren Nachbarschaft wäre das für Ravensburg eine Lösung, mit der man – rein rational betracht – weit besser fahren würde als die anderen Städte im Kreis. Emotionen sind da allerdings nicht eingerechnet.
Ihnen ein schönes Wochenende.