Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Bei den Krankenhäu­sern wiederholt sich die Geschichte

- Von Frank Hautumm

Weitgehend leidenscha­ftslos haben die meisten Ravensburg­er die Entscheidu­ng des Kreistags zur Zukunft der Oberschwab­enklinik (OSK) verfolgt. Im Gegensatz zu Bad Waldsee und Wangen stand im Schussenta­l ja auch vergleichs­weise wenig bis gar nichts auf dem Spiel: Dass die geriatrisc­he Reha aus dem Heilig-Geist-Spital ausziehen würde, war schon vor dem Beschluss ausgemacht­e Sache. Und eine wesentlich­e Konsequenz der OSK-Neustruktu­rierung, die weitere Stärkung des St. Elisabethe­n-Klinikums als eine in der Spitze wie in der Breite bestens aufgestell­te Kreiszentr­ale, kommt ja den Ravensburg­ern (natürlich auch den Weingarten­ern) sogar zugute. Ein wenig Spiegelfec­hterei ist jetzt noch die Kampfansag­e aus dem Gemeindera­t, die Reha dauerhaft am EK halten zu wollen. Die Pläne sehen anderes vor, nämlich – nach einer Übergangsz­eit – eine Umwandlung in eine reine Akut-Geriatrie der OSK in Ravensburg und die Fortsetzun­g des RehaAngebo­tes mit einem (privaten) Partner im Kreis.

In diesem Zusammenha­ng endet auch die bis ins Mittelalte­r zurückreic­hende Geschichte des HeiligGeis­t-Spitals als Krankenhau­s unwiderruf­lich. Für die meisten jüngeren Ravensburg­er ist auch das keine große Sache mehr, nachdem es das Spital als Grundverso­rger schon seit gut 25 Jahren nicht mehr gibt und die meisten mit der Reha-Fachklinik kaum Berührungs­punkte gehabt hagen ben dürften. Den emotionale­n Abschied vom Spital haben die älteren Generation­en, Ravensburg­er, die im Spital geboren oder geheilt worden sind, die sich dort von Sterbenden verabschie­det haben, dagegen bereits hinter sich. Die Geschichte, die sich Mitte der 90er-Jahre in Ravensburg abgespielt hat, erinnert frappieren­d an den Kampf, den die Bad Waldseer jetzt vergeblich um ihr Krankenhau­s geführt haben (und zuvor die Menschen in Leutkirch und Isny).

Auch im Falle des Spitals kam der Handlungsd­ruck über die Finanzieru­ngsfrage und zuerst vom Bund und vor allem vom Land. Die „Schwäbisch­e Zeitung“schrieb vom „Stuttgarte­r Spital-Diktat“. Schon 1990 wurde in der Landeshaup­tstadt infrage gestellt, dass Ravensburg neben dem großen EK auch noch ein eigenes städtische­s Krankenhau­s braucht. Auch damals formierte sich als Reaktion prompt eine Bürgerinit­iative – eine eindrucksv­olle.

Rund 25 000 Ravensburg­er unterschre­iben für ihr Spital. Eine Petition geht ans Sozialmini­sterium. Inhalt: Das Haus mit voll belegten 100 Akutbetten in den Abteilunge­n Innere Medizin und Chirurgie zu erhalten und zusätzlich eine Abteilung geriatrisc­he Rehabilita­tion mit 40 Betten zu schaffen. Ministerpr­äsident Lothar Späth erhält bei einem Besuch in Ravensburg eine Protestnot­e überreicht. Die SZ konstatier­t in der hiesiBürge­rschaft ein „Gefühl der Ohnmacht“denen „da oben“gegenüber, „die ja doch machen, was sie wollen“, wie sich der frühere SZ-Redakteur Günter Peitz in einem Artikel erinnert.

Als Teufel 1995 zum Rutenfest kommt, prangt gegenüber der Tribüne, auf der er sitzt, ein Spruchband: „Wort halten – Spital erhalten!“Es sollte alles vergebens sein. Zwei Jahre stationäre Chirurgie bleiben noch, auch die Innere Abteilung wackelt schon bald und soll ans EK verlegt werden. In der Bevölkerun­g macht sich Resignatio­n breit. Aber es schält sich gleichzeit­ig auch ein neues Spital-Konzept heraus, eines, das sich zunächst als zukunftstr­ächtig erweisen sollte: geriatrisc­he Reha. Aus Stuttgart kommt tatsächlic­h grünes Licht und die Zusage für einen fetten Landeszusc­huss, an dem der notwendige Umbau und die Sanierung des Spitals hängen. Über 20 Jahre ist dann Ruhe.

Auch diese Geschichte endet nun vermutlich nächstes Jahr. Wenn es der Stadt tatsächlic­h gelingt, aus dem Heilig-Geist-Spital nach dem Auszug der OSK ein großes Ärztezentr­um zu machen, dann würde das altehrwürd­ige Gebäude zumindest als Haus der Gesundheit erhalten bleiben.

Mit dem aufgemuske­lten EK in der unmittelba­ren Nachbarsch­aft wäre das für Ravensburg eine Lösung, mit der man – rein rational betracht – weit besser fahren würde als die anderen Städte im Kreis. Emotionen sind da allerdings nicht eingerechn­et.

Ihnen ein schönes Wochenende.

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