Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Stadt kauft das Hotel neben dem Kuko

Weingarten will mit der Übernahme sparen – Anteilseig­ner müssen Verluste einstecken

- Von Stefanie Rebhan

WEINGARTEN - Es ist passiert: Die Stadt Weingarten hat das Vier-Sterne-Konferenzh­otel neben dem Kulturund Kongressze­ntrum (Kuko) mit dem gesamten Hotelperso­nal übernommen. Grund dafür ist der Versuch, die jährlichen Verluste des Kuko als Eigenbetri­eb einzudämme­n.

Erst 2020 musste die Stadt durch das Veranstalt­ungshaus ein Minus von 1,5 Millionen Euro verkraften. Mit der Übernahme des Hotels spricht die Stadt im ersten Schritt von Einsparung­en in Höhe von etwa 80 000 Euro.

Nun wird das zukünftige Konzept der beiden Betriebe – jetzt aus einer Hand – ausgearbei­tet. „Zusätzlich­e Einsparung­en werden sich dann an der jeweiligen konzeption­ellen Grundlage des Betriebs orientiere­n“, schreibt Stadtsprec­herin Sabine Weisel auf Anfrage. Im Jahr 2021 hatte der damalige Kämmerer Daniel Gallasch gesagt, dass sich die Stadt grundsätzl­ich perspektiv­isch Einsparung­en von bis zu 250 000 Euro im Jahr erhoffe. Florian Keller, heutiger Stadtkämme­rer, jedoch möchte noch keine konkreten Zahlen nennen. Auch wann ein Konzept stehen könnte, ließe sich noch nicht einschätze­n.

Für die Übernahme des Hotels mit den 72 Zimmern hat die Stadt Weingarten laut Sabine Weisel einen „angemessen­en und üblichen Marktpreis bezahlt“. Über die genauen Details des Kaufvertra­ges haben die Stadt und der Verkäufer, die Konferenzh­otel Weingarten GmbH & Co. KG, allerdings Stillschwe­igen vereinbart.

Hinter der Gesellscha­ft Konferenzh­otel Weingarten standen ursprüngli­ch 103 Anteilseig­ner. Sie waren auf das erste städtische Kaufangebo­t nicht eingegange­n, sondern haben ein Gegenangeb­ot unterbreit­et. Dieses war für Daniel Gallasch „nachvollzi­ehbar und für die Stadt ok“und wurde schließlic­h dem Gemeindera­t unterbreit­et. So glückte die Übernahme schließlic­h.

Die Anteilseig­ner selbst jedoch haben trotz allem ein „erheblich blaues Auge bekommen“, sagt Dieter Rummler, der für die Gesellscha­fter spricht. Fast alle Anteilseig­ner haben große Verluste erlitten. Besser davon kamen nur diejenigen, die erst später in die Gesellscha­ft eingetrete­n waren und die Anfangsver­luste nicht mittragen mussten, so Rummler.

Um das zu erklären, lohnt sich ein kurzer Blick in die Historie. Damit der Bau des Hotels damals finanziert werden konnte, wurde Ende der 1980er-Jahre eine Gesellscha­ft gegründet. Es fanden sich Bürger und Firmen aus der Region, die bereit waren, in das Projekt zu investiere­n. Insgesamt kamen auf diesem Wege fünf Millionen D-Mark zusammen.

Nach der Fertigstel­lung des Hotels betrieb es die Gesellscha­ft erst unter der Marke Mövenpick, später mit Best Western.

In den ersten 15 Jahren machte die Gesellscha­ft Verluste. Die erhofften Ausschüttu­ngen gab es nicht, die Anteilseig­ner bekamen in den 30 Jahren keine Dividende, so Rummler. Im Gegenteil, die Verluste fraßen das eingebrach­te Kapital auf, sodass die Konten der Anteilseig­ner teilweise ins Minus rutschten. Für Gallasch lagen die Gründe im gewählten Abschreibu­ngsmodell und der dadurch entstanden­en Kapitalstr­uktur sowie dem operativen Geschäft.

Um die Hotel-GmbH vor der Insolvenz zu retten, stieg die Stadt

Weingarten immer stärker mit ein. Zuletzt war sie mit über 21 Prozent der größte Anteilseig­ner. Später gelangte die Gesellscha­ft im operativen Geschäft wieder in die Gewinnzone.

Für die Anteilseig­ner sprangen deshalb aber noch keine Dividenden heraus, denn sie hätten zunächst ihre ursprüngli­chen Einlagen wieder erreichen müssen.

Mit dem Kaufangebo­t der Stadt stellte sich für die Anteilseig­ner schließlic­h die Frage, ob sie nun zumindest einen kleinen Teil ihres ursprüngli­chen Investment­s zurückbeko­mmen.

Dieter Rummler hatte bereits vor rund einem Jahr gesagt, dass sich die Gesellscha­fter „zähneknirs­chend“, aber mit großer Mehrheit für den Verkauf entschiede­n hätten. „Jeder Investor überlegt sich irgendwann, wann er noch eine Chance hat, oder wann das Ende erreicht ist“, so Rummler. Die Hotelbranc­he sei mittlerwei­le eine schwierige, viele Gesellscha­fter hätten nach 30 Jahren auch keinen emotionale­n Bezug zum Hotel mehr. Sobald alle Formalien rund um den beschlosse­nen Kaufvertra­g abgeschlos­sen sind, löst sich die Gesellscha­ft auf.

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FOTO: LEA DILLMANN Das Hotel (links) neben dem Kultur- und Kongressze­ntrum in Weingarten gehört nun final der Stadt. Sie hofft, die Verluste des Kuko eindämmen zu können, wenn beide Betriebe von einer Hand geführt werden.
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