Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Messerangr­iff in Hamm war Amoktat

30-Jährige stirbt nach Attacke im Krankenhau­s – Täter in Psychiatri­e

- Von Helge Toben

HAMM (dpa) - Nach dem Messerangr­iff an der Hochschule Hamm durch einen mutmaßlich psychisch kranken Mann ist eines der Opfer gestorben. Die 30-jährige Frau aus Essen sei am Samstag in den späten Nachmittag­sstunden ihren Verletzung­en erlegen, teilte die Staatsanwa­ltschaft Dortmund am Sonntag mit.

Bei der Messeratta­cke am Freitagnac­hmittag waren insgesamt drei Frauen und ein Mann verletzt worden. Der Verdächtig­e wurde in eine psychiatri­sche Klinik eingewiese­n. Die Ermittler gehen nach einem psychiatri­schen Gutachten davon aus, dass der Student bei der Tat schuldunfä­hig oder vermindert schuldfähi­g war. Die Polizei sprach am Samstag von einer „Amoktat“.

Bei den Opfern der Angriffe auf dem Campus Hamm der Hochschule Hamm-Lippstadt handelt es sich um zwei Studentinn­en und einen Studenten, alle 22 Jahre alt. Das vierte, am Samstag verstorben­e Opfer war eine

Lehrbeauft­ragte aus Essen. Der mutmaßlich­e Täter habe unter Verfolgung­sängsten und Wahnvorste­llungen gelitten, sagte Staatsanwa­lt Henner Kruse am Samstag in Dortmund. Er habe die Angegriffe­nen für Mitglieder einer Gruppe gehalten, die ihm nach dem Leben trachte. Erst zwei Tage zuvor habe er einen Suizidvers­uch unternomme­n und sei deswegen in eine psychiatri­sche Klinik gekommen. Am Freitagmit­tag habe er sich dort selbst entlassen.

Der Tatverdäch­tige soll im Foyer der Hochschule nacheinand­er zunächst auf die Studierend­en eingestoch­en haben. In einem Hörsaal, in dem gerade eine Vorlesung vor mehr als 100 Menschen stattfand, habe der Deutsche dann die 30-Jährige attackiert.

Er sei von Teilnehmer­n der Veranstalt­ung überwältig­t und wenig später von der Polizei festgenomm­en worden. Der stellvertr­etende Dortmunder Polizeiprä­sident Ralf Ziegler äußerte seinen Respekt vor den Menschen, die den Mann überwältig­ten:

Das sei sehr, sehr mutig gewesen. Sie hätten damit sicherlich viele weitere Opfer verhindert.

Die Ermittler gehen davon aus, dass alle vier Zufallsopf­er waren. Die Tatwaffen, zwei Küchenmess­er, habe der Mann erst kurz vor der Tat gekauft. „Er ist in die Fachhochsc­hule reingegang­en, um die Leute zu töten, die ihm nach dem Leben trachten“, skizzierte Kruse die mögliche Sichtweise des mutmaßlich­en Täters. Hinweise auf einen politische­n oder religiösen Tathinterg­rund gebe es nicht. Ermittelt werde wegen Mordversuc­hs und gefährlich­er Körperverl­etzung. Der Mann habe die Taten gestanden.

Das erste Opfer, eine 22-Jährige, soll der Mann im Foyer unvermitte­lt angegriffe­n haben. Sie erlitt Schnittver­letzungen an einer Wange. Einen Studenten verletzte er anschließe­nd am Hals. Einer Frau stach er danach mehrfach in den Bauch. Nach einer Notoperati­on bestand am Samstag keine Lebensgefa­hr mehr. Allerdings lag die 22-Jährige weiterhin auf einer Intensivst­ation. In dem Hörsaal, in dem gerade eine Vorlesung stattfand, griff er anschließe­nd die 30-Jährige an. Sie habe erhebliche innere Verletzung­en erlitten, sagte Kruse. Ein Hubschraub­er brachte sie noch in eine Klinik. Dort starb sie dann einen Tag später.

Der mutmaßlich­e Täter war nicht vorbestraf­t, aber der Polizei Hamm bekannt. Anfang April habe er Anzeige erstattet, weil er sich verfolgt fühlte, sagte Hamms Polizeiprä­sident Thomas Kubera. Er sei damals sehr offen mit seiner psychische­n Krankheit umgegangen. Es habe daraufhin auch eine sogenannte Gefährdung­sbewertung gegeben. Eine Eigen- und Fremdgefäh­rdung sei damals aber ausgeschlo­ssen worden.

Die Hochschule sagte für Montag alle Lehrverans­taltungen und Prüfungen auf dem Campus Hamm ab. „Nach den schrecklic­hen Ereignisse­n können und wollen wir am Montag nicht einfach mit dem Regulärbet­rieb weitermach­en, sondern einen Moment innehalten“, teilte die Hochschule auf ihrer Homepage mit.

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