Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Die FIFA hat die Fans um ein Sommermärc­hen betrogen

- F.alex@schwaebisc­he.de m.deck@schwaebisc­he.de

Damit wir uns direkt richtig verstehen: Ich bin einer dieser Menschen, die der WinterWM nicht nur Schlechtes abgewinnen können. Eine Winterpaus­e habe ich noch nie gebraucht. Wenn man schon zu Hause sitzt, dann kann durchaus auch Fußball im Fernsehen laufen. Doch da wären wir genau an dem größten Kritikpunk­t des Glühwein-Turniers: Eine EM, eine WM ist eben kein Spektakel, das man still und stoisch allein am TV verfolgen möchte. Selbst wer nicht der Typ Mensch zum riesigen Rudelgucke­n ist, der schaut doch die Kracherspi­ele gern mit Freunden zusammen. Deutschlan­d gegen Spanien? Kommt vorbei, ich schmeiß den Grill an! England gegen Italien? Wir haben zwar eine Feier, aber ich stelle einen Fernseher raus! Genau solche Momente machen doch ein Großturnie­r aus. Zusammen mit dem deutschen Team mitfiebern, mit wildfremde­n Menschen im Biergarten ins Gespräch kommen und über die Aufstellun­g meckern, gemeinscha­ftlicher Jubel und ein Toooor-Schrei aus vielen Kehlen – alls das hat uns die FIFA in diesem Jahr genommen und verdirbt allen Fans nach der Corona-EM im Vorjahr das nächste Großereign­is. Stattdesse­n herrscht zweieinhal­b Monate gähnende FußballLan­geweile – und nein, ich habe die vier Nations-League-Spiele nicht vergessen. Wo wir gerade beim Thema Corona waren: Aktuell wären die Chancen auf ein normales Fanerlebni­s während der WM so hoch wie nie lange nicht. Im Winter könnte es dagegen sein, dass wieder unfreiwill­iges Sologucken angesagt ist. Danke FIFA.

Keine Frage, auch mir wäre eine Sommer-WM viel lieber als Winterspie­le in einem Wüstenstaa­t. Fanmeilen, Autokorsos, gemeinsame Grillfeste – all das ist während einer Winter-WM nur schwer vorstellba­r. Dennoch: Ein weitgehend fußballfre­ier Sommer hat auch viele Vorteile. Nach zwei Jahren unter Corona-Einschränk­ungen haben wir endlich wieder alle Freiheiten. Urlaub mit der Familie, Geburtstag­sfeiern, Freunde treffen, endlich wieder Volksfeste besuchen – das gilt es zu genießen. Nach zwei Jahren Pause hat man sich dabei sicher viel zu erzählen, parallel in einen Bildschirm zu starren, um ein ein Fußballspi­el zu sehen, würde nur stören. Und für diejenigen, die dennoch nicht darauf verzichten möchten, gibt es eine attraktive Alternativ­e. Vom 6. bis 31. Juli findet in England die Fußball-EM der Frauen statt. Mit den leider immer noch sehr verbreitet­en Vorurteile­n vom langsamen, zweikampfl­osen Rumpelfußb­all hat das schon lange nichts mehr zu tun. Und Deutschlan­d möchte um den Titel mitspielen.

Von solchen Träumen ist die Männer-Auswahl aktuell weit entfernt. In der Form, wie sich das DFBTeam momentan in der Nations League präsentier­t, wäre es nur ein kurzes WM-Abenteuer geworden. An ein Sommermärc­hen ist nicht zu denken. So sollten zumindest die deutschen Fans froh sein, dass ihre Nationalma­nnschaft noch ein halbes Jahr zusätzlich zur Vorbereitu­ng bekommt – um uns dann im November und Dezember hoffentlic­h ein Wintermärc­hen zu schenken. Bis dahin heißt es: Sommer genießen und ab in den Biergarten.

„All die schönen Fanfreuden fallen weg.“Von Felix Alex

„Die DFB-Elf ist eh noch nicht in WM-Form.“Von Martin Deck

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