Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Sommerblues in der Nations League
Wegen der vielen Länderspiele in wenigen Tagen und kurz vor der Sommerpause kocht die Belastungsdebatte hoch
FRANKFURT (SID) - Kylian Mbappé kommt bei Weltmeister Frankreich spät von der Bank, Polens Weltfußballer Robert Lewandowski setzt sich freiwillig auf die Tribüne, und selbst der nimmermüde Thomas Müller sehnt sich nach Ruhe. „Wenn Urlaub wäre, würde ich nicht sagen: Pfui, Teufel! Jetzt ist Urlaub“, sagte der deutsche Nationalspieler. Superstar Cristiano Ronaldo hat seine Sommerferien kurzerhand sogar vorgezogen – die viel belasteten Topspieler sind nach einer langen Saison am Limit.
Die Debatte um den Sinn der von Jürgen Klopp als „lächerlich“betitelten Nations League erhält wieder neue Nahrung. Die vier Partien in elf Tagen seien „einfach zu viel“, klagte Bundestrainer Hansi Flick: „Man sollte sich dem Ganzen mal annehmen und fragen: Wie kann man den Spielern eine Pause gönnen, weil es enorm wichtig ist.“Das Niveau der umstrittenen Partien? Größtenteils überschaubar. Viele große Nationen zeigen ungewohnte
Schwächen, treten meist nicht in Bestbesetzung an. Deutschland ohne Erfolg, Belgien äußerst wechselhaft – Frankreich oder England gar Gruppenletzter. „Gerade die Spieler, die in der Champions League spielen, in der Premier League, die besonders viele Spiele haben – da ist irgendwann der Akku leer“, sagte Oliver Bierhoff. Er wolle „nicht nach Ausreden suchen“, ergänzte Flick: „Aber nach einer langen Saison fehlen ein bisschen Intensität und Spritzigkeit. Das sieht man auch bei den großen Nationen.“
Bei den Spielern hält sich der Genuss in Grenzen. Die Saisonverlängerung sei „sicher nicht der Wunschtraum“, betonte Müller. Die Stars anderer Nationen werden gar noch deutlicher. Die Nations League sei nach „einer langen und harten Saison unwichtig“, so Belgiens Kevin de Bruyne jüngst: „Ich kann mich nicht darauf freuen. Als Spieler können wir über Urlaub oder Erholung reden, aber wir haben kein Mitspracherecht. Wir haben alle zwölf Monate etwas mehr als drei Wochen Urlaub.“Auch Virgil van Dijk findet den TurboEndspurt mit der Nationalmannschaft „seltsam“.
„Ich glaube, dass während dieser vier Spiele die Verletzungsgefahr nach einer langen Saison größer ist“, sagte der niederländische Kapitän. „Wir hatten viele englische Wochen, eine kurze Sommerpause und fast keine Vorbereitung“, erläuterte Flick, mit Beginn der WM-Saison gehe es demnächst im Spiel-Rhythmus „alle drei, vier Tage“bis zur Endrunde weiter.
Die „Experten in den Gremien, ob das die UEFA oder die FIFA ist – sie sollten ein paar Maßnahmen festlegen“, führte der 57-Jährige aus. „Noch mehr Spiele“, so Liverpools Teammanager Jürgen Klopp, seien dabei ohnehin „immer eine schlechte Idee“.