Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
In Deutschland entsteht zu wenig Wohnraum
Immobilienverbände und Baubranche warnen vor Lücke zwischen Angebot und Nachfrage
STUTTGART - In Deutschland entsteht immer weniger neuer Wohnraum, während der Bedarf an Häusern und Wohnungen stetig steigt. Das zeigen Zahlen des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW). Demnach sei die Zahl der erteilten Baugenehmigungen im laufenden Jahr massiv eingebrochen. Als Gründe gelten Inflation, Lieferengpässe von Baumaterial und Preissteigerungen – auch wegen des Ukraine-Kriegs. Mit 2,5 Prozent im deutschlandweiten Durchschnitt waren zudem die Hypothekenkosten im März so hoch wie zuletzt 2013.
„Viele neue Bauvorhaben werden wegen der unsicheren Zukunftsaussichten nicht angepackt“, erklärte Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Landesverbands, am Beispiel von Baden-Württemberg. Sein Verband legte am Montag den Konjunkturbericht für 2021 und das erste Quartal 2022 vor. Im Südwesten seien in den ersten drei Monaten dieses Jahres 18 Prozent weniger Wohnungen
genehmigt worden als im Vorjahreszeitraum. Allein im März sei die Zahl der Baugenehmigungen um rund ein Drittel gegenüber dem Vorjahresmonat eingebrochen. Die Bauwirtschaft beschwichtigt: Der deutliche Rückgang der Baugenehmigungen liege vor allem daran, dass diese im Vorjahreszeitraum um 33 Prozent in die Höhe geschnellt waren. Dennoch forderte auch Thomas Möller, Hauptgeschäftsführer der Bauwirtschaft Baden-Württemberg, angesichts der großen Unsicherheiten bei Bauherren aufgrund explodierender
Kosten und Lieferengpässen „positive Signale und entschlossene Gegenmaßnahmen durch die Politik“.
Dieter Rebitzer von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, der den BFWKonjunkturbericht verfasst hat, glaubt nicht daran, dass dem Land mit seinem Strategiedialog „Bezahlbares Wohnen und innovatives Bauen“eine Trendumkehr gelingt, wie er sagt. „Die Erfahrungen aus anderen Bundesländern und dem Bund haben gezeigt, dass tolle Ideen dann nur zum Teil umgesetzt werden.“