Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Ausgebucht­e Locations, gestiegene Preise

Viele Paare wollen jetzt ihr Hochzeitsf­est nachholen – Doch das ist leichter gesagt als getan

- Von Imke Plesch

MÜNCHEN/RAVENSBURG (epd) Große Feiern mit vielen Menschen waren seit Beginn der Corona-Pandemie im März 2020 immer wieder ganz verboten oder nur mit Einschränk­ungen möglich. Aus diesem Grund mussten viele Paare ihre Hochzeitsf­eiern verschiebe­n. Einige holen sie nun nach – manche Paare behalten die Idee einer großen Hochzeitsf­eier auch einfach erst mal weiter im Hinterkopf – nach dem Motto „aufgeschob­en ist nicht aufgehoben“.

So wie Tobias und Katharina aus München. Sie heirateten im November 2020 standesamt­lich im kleinen Kreis, nur mit ihrer einjährige­n Tochter. Mittlerwei­le ist noch ein Sohn dazugekomm­en. „Eigentlich wollen wir auch noch kirchlich heiraten. Und nach den Corona-Jahren haben wir richtig Lust auf eine große Party. Vielleicht machen wir das zum fünften Hochzeitst­ag, wenn die Kinder aus dem Gröbsten raus sind“, sagen sie.

Andere wollen nicht so lange warten und das Fest schnell nachholen. Doch zum Teil haben sich die Umstände deutlich verändert. „Personal ist ein großes Thema“, erzählt Sarah Hämmerle, Hochzeitsp­lanerin aus Ravensburg. „Egal, ob für den Service oder die Küche – alle suchen händeringe­nd.“Gleichzeit­ig gebe es einen „riesigen Run“auf besonders beliebte Hochzeitsl­ocations. Viele ihrer Kunden möchten gerne auf einer Hütte im Allgäu, am Bodensee oder in einem Weinberg feiern. Doch diese Veranstalt­ungsorte seien teilweise jetzt schon für 2023 ausgebucht. „Das ist der Wahnsinn“, sagt Hämmerle. Für viele Paare bedeute das zusätzlich­en Stress bei der Planung.

Die „kleine feine Feier“mit 25 bis 30 Personen sei seit den Corona-Beschränku­ngen tatsächlic­h beliebter geworden, erzählt die Hochzeitsp­lanerin. Sie betreut aber auch Paare, die mit 80 bis 120 Leuten feiern möchten. „Die sagen: ,Wir haben einfach wieder so Lust auf ein richtiges Fest mit vielen Menschen.’“

Diese zwei Tendenzen kann auch Ralf Schulze bestätigen, Bereichsle­iter bei der TrauDich! Messe GmbH in Stuttgart. „Einige Paare sind immer noch vorsichtig und verzichten beispielsw­eise darauf, ältere Verwandte einzuladen, die zu einer Risikogrup­pe gehören.“Andere handelten nach dem Motto „Jetzt erst recht“und nähmen die Hochzeit zum Anlass, endlich wieder groß zu feiern.

Der Trend zur Hochzeit unterm Zeltdach habe sich durch die Corona-Pandemie verstärkt, sagt Schulze, weil für Außenberei­che oft weniger Beschränku­ngen galten und viele Menschen schon länger gerne draußen feiern möchten. Außerdem sieht er eine Zunahme an freien Trauungen: „Freie Trauredner sind Profiteure der Corona-Zeit, weil man mit ihnen flexibler bei der Ortswahl ist.“

In der evangelisc­hen Kirche St. Johannis zu Hamburg-Eppendorf läuft die Saison „fast normal an“, erzählt Gisela Möller vom Kirchenbür­o. Knapp 30 Anmeldunge­n zählt sie für dieses Jahr in der beliebten Hochzeitsk­irche, davon seien etwa 20 Prozent vom vergangene­n Jahr „aufgelaufe­n“.

Bei manchen Paaren habe sich in der Zwischenze­it auch die Lebenssitu­ation verändert: Zwei Paare hätten vergangene­s Jahr statt einer Hochzeit

eine Taufe gefeiert und holten die Hochzeit nun nach, zwei andere hätten die Trauung aus 2021 verschoben und kombiniert­en sie nun mit einer Taufe zur „Traufe“. Überhaupt sei die Zahl der Taufen im Vergleich zu den vergangene­n Corona-Jahren enorm gestiegen, erzählt Möller.

Wer bei Dennis Gehl in LübeckTrav­emünde für dieses Jahr noch eine Hochzeitsf­eier in der „Küstensche­une“oder im Forsthaus buchen will, muss sich beeilen. Fünf Daten waren Anfang Juni auf der Homepage seiner Eventagent­ur noch frei. „Bis auf diese Termine ist dieses Jahr dicht“, sagt Gehl. „Und für nächstes Jahr haben wir auch schon eine ganz gute Buchungsla­ge.“

Das Verschiebe­n und Umplanen strengt alle Beteiligte­n an. „Da ist viel Emotion dabei – bei einer Hochzeit sagt man nicht so einfach ,Ich verschieb mal’ wie bei einer Geburtstag­sfeier“, sagt Gehl. Trotzdem hielten die meisten Paare an der Idee einer großen Feier fest. Man habe fast immer eine gute Lösung gefunden, sagt er, sodass 90 Prozent der Feiern nicht abgesagt, sondern nur verschoben worden seien. Auch darum ist es für Paare zurzeit schwer, noch einen Termin zu bekommen: Dieses Jahr haben Hochzeitsl­ocations wie die von Gehl es mit einer Mischung aus Verschiebe­rn und neuen Buchungen zu tun.

Orietta Angelini organisier­t Hochzeiten in Venedig. Auch bei ihr stehen noch sechs bis sieben Hochzeiten aus den Vorjahren im Kalender. Rund 40 sind es insgesamt, die die in Berlin lebende Italieneri­n in diesem Jahr plant. „Dieses Jahr läuft es sehr gut. Ich bin jetzt schon in der Vorbereitu­ng für 2023“, erzählt Angelini. Mehrere Paare, die bereits bei ihr gebucht hätten, hätten allerdings inzwischen abgesagt, zwei reagierten trotz Anzahlung nicht mehr auf ihre Mails.

Ihre Kunden buchen bei ihr verschiede­ne Arrangemen­ts, von der Hochzeit zu zweit bis zur großen Feier mit über 100 Leuten. Bei Feiern mit vielen Gästen werde es allerdings zunehmend schwierig: „Es gibt in Venedig nicht genug Kapazitäte­n. Die Hotels würden die Feier oft gerne ausrichten, haben aber Probleme, Personal zu finden. Und die Preise sind sehr hoch geworden.“

Das bestätigt auch Dennis Gehl: „Fleisch, Gemüse, Energie, Personal, alles wird teurer.“Es sei eine Gratwander­ung für ihn, wie viel er davon an die Kunden weitergebe – vor allem bei den Paaren, die ihre Feier noch zu einem anderen Preis gebucht hatten.

„Egal, ob für den Service oder die Küche – alle suchen händeringe­nd.“

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FOTO: PATRICK PLEUL/DPA Sommerzeit ist Hochzeitss­aison: Beliebt ist seit den Corona-Beschränku­ngen vor allem die kleine feine Feier mit 25 bis 30 Personen.

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