Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)
Cap-Markt bleibt ab 1. Juli samstags zu
Marktleiter möchte zurück zum Ursprung des Konzeptes – Sortiment in Weingarten wird verkleinert
WEINGARTEN - Der Cap-Markt in Weingarten wird von 1. Juli an samstags geschlossen bleiben. Marktleiter Oliver Oelhaf will das Sortiment zudem von rund 9000 Artikeln auf höchstens 6000 reduzieren. Viele der im Cap-Markt arbeitenden Menschen mit Behinderung würde die jetzige Situation überfordern. Auch er selbst spüre den Druck, der sich über die Jahre kontinuierlich aufgebaut habe. Hinzu komme, dass die Kunden oft keine Zeit mehr für die Mitarbeiter mitbrächten und teilweise sehr ruppig mit ihnen umgehen würden.
Oelhaf möchte zurück zum Ursprung des Cap-Marktes, der vor zwölf Jahren in der Weingartener Innenstadt eröffnet wurde. Damals ging es erstens um die Nahversorgung der Bevölkerung mit Grundlebensmitteln und zweitens die Integration von Menschen mit Behinderung auf dem Arbeitsmarkt. Oder, wie Oelhaf sie lieber nennt, Menschen mit Einschränkungen. Die Abkürzung Cap steht daher auch für Handicap. „Ich möchte, dass meine Mitarbeiter – und zwar nicht nur die elf mit Einschränkungen – gesund und nachhaltig arbeiten können. Es soll ihnen Spaß machen und ich will nicht, dass sie abends heimgehen und denken: Oh Gott, bin ich fertig“, erklärt Oelhaf.
Fertig mache unter anderem das stark gestiegene Sortiment auf bis zu 9000 Artikel. Es gebe allein sieben verschiedene Sorten Butter im Laden. Die Mitarbeiter müssten bei 400 bis 600 Kunden täglich geradezu Massen an Produkten bewegen. Die Verkaufsfläche von 265 Quadratmetern wirke zwar nicht so groß, doch unter den Verkaufsräumen befindet sich ein Lager, das noch einmal so umfangreich ist. „Bis unser Mitarbeiter die gewünschte Ware nach oben gebracht haben, vergeht nun einmal Zeit.“
Zeit, die viele Kunden nicht mehr mitbringen. Auch der Ton den CapMitarbeitern gegenüber sei deutlich rauer geworden, kritisiert Oelhaf. Natürlich sei der Markt für die Bürger
und Besucher der Stadt da, aber eben auch, um Menschen mit Einschränkungen jenseits von Integrationswerkstätten in Arbeit zu bringen. „Eine gewisse Normalität ist daher wünschenswert, man kann aber dennoch freundlich bleiben und in Ruhe zuhören. Das tut heutzutage fast niemand mehr“, so Oelhaf, der den CapMarkt seit zehn Jahren leitet. Dass ein herberer Umgangston herrscht, kann Felix Pascher bestätigen. Der 23-Jährige, der an einer Spastik leidet, arbeitet seit drei Jahren sehr gern im Cap-Markt und sagt. „Die Kunden wollen oft alles ganz schnell haben.“Doch durch seine Krankheit braucht er eine Weile, um sich zu artikulieren und den Artikel zu holen. Hektik ist für ihn da kontraprouktiv – er verkrampft sich zusätzlich. Weniger Produkte im Sortiment würden ihm das Leben erleichtern. Wenn er morgens beispielsweise weiß, dass er bis Schichtende vier große Wagen voller Milch in die Regale einräumen muss, überlegt er sofort, ob er das überhaupt schafft. „Manchmal habe ich Angst zu versagen“, gesteht Felix Pascher.
Ein weiterer Grund für die Besinnung auf das Wesentliche ist für Oliver Oelhaf auch die Nachhaltigkeit. Im Cap-Markt werden monatlich Waren im Wert von bis zu 3000 Euro abgeschrieben. Das heißt, sie sind nicht mehr verkaufbar, müssen verschenkt oder vernichtet werden. Diese Menge möchte Oelhaf reduzieren: „Wenn am Abend etwa kein Kopfsalat mehr da ist, kann man ja auch mal einen Eisbergsalat nehmen.“Teilweise leere Regal wie zu Corona-Zeiten dürfe es allerdings nicht mehr geben. Die Pandemie sei sowohl für seine Mitarbeiter als auch für die Kunden eine Herausforderung gewesen. „Ich bin dankbar dafür, dass uns unsere Stammkunden trotzdem die Treue gehalten haben“, so der Marktleiter.
Generell wolle der Cap-Markt die Weingartener weiterhin mit den Grundlebensmitteln versorgen. Samstags bleibe der Laden ab dem 1. Juli zwar geschlossen, die Öffnungszeiten unter der Woche ändern sich aber nicht: Von 8 bis 19 Uhr. Angedacht seien darüber hinaus an einzelnen Samstagen kleinere Aktionen wie Verköstigungen.
Der Cap-Markt gehört zu einem deutschlandweiten Verbund mit über 100 Märkten, der Arbeitsangebote für Menschen mit Behinderung außerhalb von Werkstätten entwickelt. Träger des Weingartener Marktes sind die Integrations-Werkstätten Oberschwaben.