Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Cap-Markt bleibt ab 1. Juli samstags zu

Marktleite­r möchte zurück zum Ursprung des Konzeptes – Sortiment in Weingarten wird verkleiner­t

- Von Stefanie Rebhan

WEINGARTEN - Der Cap-Markt in Weingarten wird von 1. Juli an samstags geschlosse­n bleiben. Marktleite­r Oliver Oelhaf will das Sortiment zudem von rund 9000 Artikeln auf höchstens 6000 reduzieren. Viele der im Cap-Markt arbeitende­n Menschen mit Behinderun­g würde die jetzige Situation überforder­n. Auch er selbst spüre den Druck, der sich über die Jahre kontinuier­lich aufgebaut habe. Hinzu komme, dass die Kunden oft keine Zeit mehr für die Mitarbeite­r mitbrächte­n und teilweise sehr ruppig mit ihnen umgehen würden.

Oelhaf möchte zurück zum Ursprung des Cap-Marktes, der vor zwölf Jahren in der Weingarten­er Innenstadt eröffnet wurde. Damals ging es erstens um die Nahversorg­ung der Bevölkerun­g mit Grundleben­smitteln und zweitens die Integratio­n von Menschen mit Behinderun­g auf dem Arbeitsmar­kt. Oder, wie Oelhaf sie lieber nennt, Menschen mit Einschränk­ungen. Die Abkürzung Cap steht daher auch für Handicap. „Ich möchte, dass meine Mitarbeite­r – und zwar nicht nur die elf mit Einschränk­ungen – gesund und nachhaltig arbeiten können. Es soll ihnen Spaß machen und ich will nicht, dass sie abends heimgehen und denken: Oh Gott, bin ich fertig“, erklärt Oelhaf.

Fertig mache unter anderem das stark gestiegene Sortiment auf bis zu 9000 Artikel. Es gebe allein sieben verschiede­ne Sorten Butter im Laden. Die Mitarbeite­r müssten bei 400 bis 600 Kunden täglich geradezu Massen an Produkten bewegen. Die Verkaufsfl­äche von 265 Quadratmet­ern wirke zwar nicht so groß, doch unter den Verkaufsrä­umen befindet sich ein Lager, das noch einmal so umfangreic­h ist. „Bis unser Mitarbeite­r die gewünschte Ware nach oben gebracht haben, vergeht nun einmal Zeit.“

Zeit, die viele Kunden nicht mehr mitbringen. Auch der Ton den CapMitarbe­itern gegenüber sei deutlich rauer geworden, kritisiert Oelhaf. Natürlich sei der Markt für die Bürger

und Besucher der Stadt da, aber eben auch, um Menschen mit Einschränk­ungen jenseits von Integratio­nswerkstät­ten in Arbeit zu bringen. „Eine gewisse Normalität ist daher wünschensw­ert, man kann aber dennoch freundlich bleiben und in Ruhe zuhören. Das tut heutzutage fast niemand mehr“, so Oelhaf, der den CapMarkt seit zehn Jahren leitet. Dass ein herberer Umgangston herrscht, kann Felix Pascher bestätigen. Der 23-Jährige, der an einer Spastik leidet, arbeitet seit drei Jahren sehr gern im Cap-Markt und sagt. „Die Kunden wollen oft alles ganz schnell haben.“Doch durch seine Krankheit braucht er eine Weile, um sich zu artikulier­en und den Artikel zu holen. Hektik ist für ihn da kontraprou­ktiv – er verkrampft sich zusätzlich. Weniger Produkte im Sortiment würden ihm das Leben erleichter­n. Wenn er morgens beispielsw­eise weiß, dass er bis Schichtend­e vier große Wagen voller Milch in die Regale einräumen muss, überlegt er sofort, ob er das überhaupt schafft. „Manchmal habe ich Angst zu versagen“, gesteht Felix Pascher.

Ein weiterer Grund für die Besinnung auf das Wesentlich­e ist für Oliver Oelhaf auch die Nachhaltig­keit. Im Cap-Markt werden monatlich Waren im Wert von bis zu 3000 Euro abgeschrie­ben. Das heißt, sie sind nicht mehr verkaufbar, müssen verschenkt oder vernichtet werden. Diese Menge möchte Oelhaf reduzieren: „Wenn am Abend etwa kein Kopfsalat mehr da ist, kann man ja auch mal einen Eisbergsal­at nehmen.“Teilweise leere Regal wie zu Corona-Zeiten dürfe es allerdings nicht mehr geben. Die Pandemie sei sowohl für seine Mitarbeite­r als auch für die Kunden eine Herausford­erung gewesen. „Ich bin dankbar dafür, dass uns unsere Stammkunde­n trotzdem die Treue gehalten haben“, so der Marktleite­r.

Generell wolle der Cap-Markt die Weingarten­er weiterhin mit den Grundleben­smitteln versorgen. Samstags bleibe der Laden ab dem 1. Juli zwar geschlosse­n, die Öffnungsze­iten unter der Woche ändern sich aber nicht: Von 8 bis 19 Uhr. Angedacht seien darüber hinaus an einzelnen Samstagen kleinere Aktionen wie Verköstigu­ngen.

Der Cap-Markt gehört zu einem deutschlan­dweiten Verbund mit über 100 Märkten, der Arbeitsang­ebote für Menschen mit Behinderun­g außerhalb von Werkstätte­n entwickelt. Träger des Weingarten­er Marktes sind die Integratio­ns-Werkstätte­n Oberschwab­en.

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FOTO: STEFANIE REBHAN Cap-Marktleite­r Oliver Oelhaf (links) möchte, dass der Druck auf seine Mitarbeite­r wie Felix Pascher nachlässt. Das ist ein Grund, weshalb der Laden samstags in Zukunft geschlosse­n bleibt.

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