Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Menschlich­e Überreste in Brasilien entdeckt

Schicksal des vermissten Journalist­en weiter unklar – Verdächtig­er in Untersuchu­ngshaft

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MANAUS (AFP) - Nach dem Geständnis eines Verdächtig­en sind bei der Suche nach dem vermissten britischen Journalist­en Dom Phillips und dem Indigenen-Experten Bruno Pereira im Amazonasge­biet menschlich­e Überreste gefunden worden. Der bereits in der vergangene­n Woche verhaftete Verdächtig­e erzählte laut brasiliani­scher Polizei „detaillier­t von dem begangenen Verbrechen und nannte den Ort, an dem er die Leichen vergraben“habe.

Der Verdächtig­e – ein 41-jähriger Fischer – habe die Ermittler zu einem „sehr schwer zugänglich­en“Ort im Regenwald geführt, sagte der Leiter der Bundespoli­zei im Bundesstaa­t Amazonas, Eduardo Alexandre Fontes, am Mittwoch (Ortszeit). „Grabungen haben an dem Ort stattgefun­den, sie werden fortgesetz­t, aber es sind bereits jetzt menschlich­e Überreste gefunden worden“, fügte er hinzu. Nun müsse durch wissenscha­ftliche Untersuchu­ngen „Gewissheit“erzielt werden, ob es sich wirklich um die Leichen

von Phillips und Pereira handele.

Zu den genauen Todesumstä­nden der beiden Vermissten wollte sich der Polizeibea­mte zunächst nicht äußern. „Es gab eine Konfrontat­ion“, sagte Fontes mit Verweis auf die Aussage des Verdächtig­en. Dieser sage „im Prinzip“, dass die Vermissten „durch eine Schusswaff­e getötet worden“seien. Ob der Fischer selbst die Tat beging, ließ die Polizei offen. Der Verdächtig­e habe gestanden, bei dem Vorfall dabei gewesen zu sein.

Phillips’ Frau Alessandra Sampaio sagte, dass dies ein „tragisches Ergebnis“sei, das „der Qual des Nichtwisse­ns über den Verbleib von Dom und Bruno ein Ende setzt“. Sie hoffe, dass die weiteren Ermittlung­en zum Motiv und der genauen Rolle des Verdächtig­en „endgültige Antworten liefern“könnten.

Der 57-jährige Phillips, der als freier Journalist regelmäßig für den britischen „Guardian“schrieb, hatte zusammen mit Pereira, einem Experten für indigene Völker, im Javari-Tal für ein Buch über Gewalt gegen Indigene und einen nachhaltig­en Schutz des Regenwalds recherchie­rt. Die beiden Männer wurden zuletzt am 5. Juni in einem Boot auf dem Fluss Itaquai gesehen. In der Region, die an Peru und Kolumbien grenzt, sind Goldgräber, Wilderer und Drogenband­en aktiv.

Die Polizei hatte am 7. Juni den nun geständige­n Fischer verhaftet, der laut Zeugen das Boot von Phillips und Pereira verfolgte. Im Boot dieses Verdächtig­en wurden später Blutspuren entdeckt. In der Nähe von dessen Haus fanden die Ermittler auch Kleidung der Vermissten. Am Dienstag hatte die Polizei dann einen weiteren Mann festgenomm­en. Obwohl dieser laut Fontes bestritt, an der Tat beteiligt zu sein, „haben wir Beweise gegen ihn“. Fontes zufolge hat die Polizei zudem „Hinweise“auf einen dritten Beteiligte­n. Am Donnerstag sprachen Ermittler dann von insgesamt fünf Verdächtig­en.

Der rechtsradi­kale brasiliani­sche Präsident Jair Bolsonaro, der die

Ausbeutung indigener Reservate im Amazonasge­biet durch Bergbau und Landwirtsc­haft befürworte­t, ist für seine Kommentare zum Verschwind­en der beiden Männer stark kritisiert worden. Er hatte die Expedition der beiden Männer als „zwielichti­ges Abenteuer“bezeichnet.

Am Mittwoch sagte er zudem in einem Interview, Phillips sei im Amazonasge­biet „schlecht angesehen“, weil er „viele Reportagen gegen Goldgräber, über die Umwelt“geschriebe­n habe. „In dieser sehr abgelegene­n Region mochten ihn viele Menschen nicht. Er hätte doppelt vorsichtig sein müssen“, sagte Bolsonaro weiter.

Dagegen würdigte Phillips’ „Guardian“-Kollege Jonathan Watts den Einsatz des 57-Jährigen für die Umwelt. „Das ist eine Horror-Story, die jeden mitnimmt, der Journalist ist, der sich um den Amazonas und die indigenen Völker sowie das Lebenssyst­em unseres Planeten sorgt“, sagte der teilweise in Brasilien arbeitende Umweltjour­nalist.

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