Auf nach Bodnegg

In den USA haben im vergangenen Jahr so viele Menschen ihren Job gekündigt wie noch nie: 45 Millionen. Weil ihnen in der Corona-Pandemie klar geworden ist, dass das Leben kurz sein kann und es wichtig ist, einen erfüllenden Beruf zu haben und keinen, mit dem man bloß die Rechnungen bezahlt. „The Great Resignation“heißt der Trend, der vor allem pandemiegeplagte Branchen wie Gastronomie und Handel betrifft. Aber nicht nur.

Auch der Bodnegger Bürgermeister Christof Frick schmeißt sein Amt nach 24 Jahren zum Oktober hin und hat seine erneute Kandidatur überraschend zurückgezogen. Er ist erst 53 Jahre alt, aber Altersarmut droht ihm nicht, denn Bürgermeister als Wahlbeamte haben früher als Polizisten oder Lehrer Anspruch auf ein üppiges „Ruhegehalt“. Schließlich setzen sie sich ja auch alle acht Jahre der Gefahr aus, nicht wiedergewählt zu werden. Als Grund für seinen Rückzug gibt Frick mangelnde Wertschätzung und Unzufriedenheit über seine Amtsführung im Gemeinderat an.

Die Gemeinde steht jetzt sehr dumm da. Gut möglich, dass sich der eine oder andere Quereinsteiger auf den Bürgermeisterposten bewirbt. Oder auch eher illustre Gestalten und Mehrfachkandidaten. Druiden, Strafgefangene, Merkel-muss-weg-Porsche-Fahrerinnen – hat es alles schon gegeben im

Kreis Ravensburg. Das wird dann kein Spaß, wenn sich in der nur noch zweiwöchigen Bewerbungsfrist nicht wenigstens ein Kandidat findet, dessen Lebenslauf halbwegs adäquat erscheint.

Oder eine Kandidatin. Ich überlege gerade: Eigentlich weiß ich einiges über Bodnegg. Es hat eine hübsche Kirche auf einem kleinen Hügel, ein Bildungszentrum, das recht gut sein soll, eine Edelschnapsbrennerei (lecki!) und einen Nachtclub namens „Je t’aime“für „den Gentleman, der die Zweisamkeit sucht“und in dem eine Flasche Piccolo-Sekt 50 Euro kostet.

Neben dieser exzellenten Ortskenntnis erfülle ich weitere Bedingungen: Ich bin zwischen 25 und 68 Jahren alt, nicht vorbestraft oder im Gefängnis ansässig und deutsche Staatsbürgerin. Wie cool ist DAS denn? Prädestiniert für diesen Job sozusagen, auch wenn mir das Gehalt von A16 ein bisschen knauserig erscheint, aber da lässt sich ja vielleicht was drehen per Gemeinderatsbeschluss? Denkt an die Alternativen!

Hm. Nur, wer schreibt dann ab jetzt diese Kolumne? Reden wir mal mit Christof Frick, denn er sucht ja eine neue Beschäftigung. Bis dahin wünsche ich Ihnen ein schönes warmes Wochenende! Ich recherchiere derweil, ob es in den 98 Weilern von Bodnegg irgendwo einen Badesee gibt. Sonst baue ich als neue Bürgermeisterin ein Schwimmbad.