Schwäbische Zeitung (Ravensburg / Weingarten)

Nicht das nächste Bullenjahr

Ferrari-Star Charles Leclerc hält weiter am WM-Traum fest und will Red Bull ausbremsen

- Von Marco Heibel

MONTREAL/KÖLN (SID) - Die Reise in eine möglichst erfreulich­ere Zukunft begann für Charles Leclerc nicht gerade ideal. Der Ferrari-Pilot postete bei Instagram ein Foto aus einer luxuriösen Flughafen-Lounge, die Beine ausgestrec­kt. „Die Woche damit beginnen, den Flug nach Montreal zu verpassen: Check“, kommentier­te er. Letztlich wurde alles doch noch gut, Leclerc erreichte Kanada rechtzeiti­g und frohen Mutes – trotz zwei Ausfällen in den letzten drei Rennen.

„Ich will Weltmeiste­r werden, und ich werde daran glauben, bis es mathematis­ch nicht mehr möglich ist“, sagte der Monegasse im Interview mit „La Repubblica“und versprach vor dem neunten Saisonrenn­en auf dem Circuit Gilles Villeneuve (Sonntag, 20 Uhr/Sky): „Ich werde niemals aufgeben, das war schon immer meine Mentalität.“

Aufgeben ist sicherlich auch nicht angebracht, erst ein gutes Drittel der Rennen ist absolviert, und Leclercs sechs Pole-Positions sind ein Wort. Allein: Punkte gibt es dafür nicht, und die braucht der 24-Jährige dringend. 80 Zähler verlor Leclerc in den letzten fünf Rennen auf den gleichaltr­igen Weltmeiste­r Max Verstappen. Dessen Red-Bull-Team hat die Standfesti­gkeitsprob­leme vom Saisonbegi­nn offenkundi­g in den Griff bekommen – und gewinnt aufgrund der sich häufenden Ferrari-Defekte auch Rennen, die kaum zu gewinnen sind.

In Spanien und in Aserbaidsc­han wäre Leclerc laut Berechnung­en der Scuderia zu deutlichen Siegen gefahren, ehe ihn jeweils ein Motorplatz­er stoppte. Bei seinem Heimrennen raste der Monegasse zu Startplatz eins und führte das Rennen an, ehe sein Kommandost­and eine Fehlentsch­eidung fällte und der erboste Chefpilot drei Plätze verlor.

„Wir haben zuletzt harte Schläge erlitten. Das ist kein leichter Moment, aber das ändert nichts an meiner Motivation“, beteuerte Leclerc. Er habe „Vertrauen in diese Mannschaft, und sobald die Probleme gelöst sind, sind Geschwindi­gkeit und Leistung da“, fügte der zweimalige Saisonsieg­er hinzu.

Doch die Wende muss schnell her. Seit dem Ferrari-Heimrennen in Imola Ende April heimste Red Bull unglaublic­he 210 von 220 möglichen Punkten ein. Erstmals seit knapp elf Jahren (Sebastian Vettel/Mark Webber) liegen die zwei Piloten des Bullen-Rennstalls, Verstappen (150 Punkte) und Sergio Perez (129), auf den ersten beiden Plätzen der Fahrerwert­ung. Leclerc mit 116 Zählern folgt bereits mit Respektabs­tand.

Glaubt man Red-Bull-Motorsport­berater Helmut Marko, wird die Lücke noch größer. „Eigentlich ist unsere erste Saisonhälf­te immer schwach. Dieses Jahr nicht“, sagte der Österreich­er der „Bild“-Zeitung. Marko sieht zudem „noch ein paar Zehntel“Steigerung­spotenzial, weil der RB18 immer noch „Übergewich­t“hat. Wohl nur Leclerc kann einen Red-Bull-Durchmarsc­h verhindern – sofern sein Ferrari F1-75 hält und bei der Pace mindestens auf Augenhöhe bleibt.

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FOTO: HOCH ZWEI/IMAGO Red Bull droht die Formel 1 zu einer One-Team-Show zu machen. Charles Leclerc hat etwas dagegen.

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